- Karolinger
Karolinger, eine germanische Herrscherdynastie,[333] welche väterlicherseits geistlichen Herkommens u. mütterlicherseits von dem alten fränkischen Stamme der Pipinen entsprossen war, mit Pipin v. Heristall das fränkische u. burgundische Domusmajorat, mit Pipin dem Kurzen die Königswürde im Frankenreiche, mit Karl dem Großen die Würde eines römischen Kaisers u. die Herrschaft in Italien, Frankreich u. Deutschland erhielt u. sich durch Ludwigs des Frommen Söhne in drei Linien theilte, von denen die Italisch-Lothringische 875, die Deutsche 911 u. die Französische 987, resp. 994, ausstarb. A) Der Stammvater der K. war 1) Arnulf, Bischof von Metz, st. 631. B) Dessen Sohn 2) Ansegisel, heirathete Begga, Tochter Pipins von Langen, des Majordomus in Austrasien. C) Der jüngere Sohn Ansegisels: 3) Pipin (s.d.) von Heristall, wurde in dem letzten Drittheil des 7. Jahrh. Herzog von Franken u. Majordomus in Austrasien, Neustrien u. Burgund u. st. 714. D) Sein Nachfolger im Domusmajorat wurde: 4) Karl (s.d. 1) Martell, sein natürlicher Sohn; er st. 741. E) Von Karl Martells Söhnen erhielt: 5) Karlmann (s.d. 2) Austrasien, ging aber 747 ins Kloster; 6) Pipin (s.d.) der Kurze, der Bruder des Vorigen, führte das väterliche Amt fort, wurde 752, nachdem er das Haus der Merowinger gestürzt hatte, König des Fränkischen Reichs u. st. 768. F) Das väterliche Reich erbten seine beiden Söhne: 7) Karlmann (s.d. 3), welcher Provence, Burgund u. ein Theil Neustriens bekam u. 771 starb; u. 8) Karl (s.d. 2) der Große erhielt das Übrige; er verband auch nach seines Bruders Tode dessen Theil mit dem seinigen, dehnte seine Herrschaft über Italien u. Deutschland aus u. wurde 800 auch zum Römischen Kaiser gekrönt; er st. 814. G) Von Karls des Großen Söhnen starben Karl u. Pipin noch vor ihm u. von seinem Reiche erbte: 9) Bernhard, Karls des Großen Enkel u. Sohn Pipins, welcher Italien erhielt, aber schon 818 starb. 10) Ludwig (s.d.) der Fromme, Karls des Großen einziger überlebender Sohn, welcher seit 818 das ganze väterliche Reich besaß u. 840 starb. H) Von Ludwigs Söhnen war Pipin, König von Aquitanien, vor ihm 838 gestorben u. dessen Sohn Pipin wurde von den Aquitaniern nicht anerkannt u. starb in Hast; die anderen drei theilten das Reich im Vertrag von Verdun 843: a) Italien u. Lothringen etc. nebst der Kaiserwürde erhielt, 11) Lothar (s.d.), der älteste; er st. 855. b) Deutschland erhielt: 12) Ludwig (s.d.) der Deutsche, er wurde Gründer des Deutschen Reiches u. st. 876. c) Frankreich endlich erhielt: 13) Karl (s.d. 4) der Kahle, seit 875 auch Kaiser; st. 877. I) Von den Nachkommen der Söhne Ludwigs des Frommen theilten a) die Söhne Lothars I. nach ihres Vaters Tode: 14) Karl, der jüngste, wurde König von Provence u. st. 863. 15) Lothar II., bekam Lothringen u. st. 869. 16) Ludwig II., der älteste, wurde Kaiser u. erhielt Italien; er st. 875 zuletzt unter seinen Brüdern u. mit ihm erlosch diese Linie der K. b) Die Söhne Ludwigs des Deutschen theilten auch nach ihres Vaters Tode: 17) Karlmann (s.d. 5) erhielt zunächst Baiern u. st. 880. 18) Ludwigder Jüngere erhielt Sachsen u. st. 882, ohne Kinder zu hinterlassen. 19) Karl (s.d. 5) der Dicke erhielt Schwaben, war auch nachmals eine Zeitlang König von Frankreich, wurde 887 entsetzt u. st. 888. c) Karl der Kahle hatte nur einen Sohn: 20) Ludwig II. (s.d.), welcher ganz Frankreich erbte u. 879 starb. K) In der Deutschen Linie der Karolinger folgte auf Karl den Dicken dessen Neffe: 21) Arnuls, natürlicher Sohn Karlmanns (s. oben 17), als König von Deutschland u. römischer Kaiser; er st. 899; ein natürlicher Sohn Arnulfs, Zwentibold, erhielt Lothringen u. st. 900 unbeerbt; seine Tochter Glismundis wurde die Stammmutter der Salischen od. Fränkischen Kaiser. 22) Ludwig III. das Kind, Sohn Arnulfs, folgte seinem Vater u. mit ihm st. 911 das Haus der K. in Deutschland aus. L) Endlich in Frankreich theilten Ludwigs II. Söhne: 23) Karlmann (s.d. 6) erhielt Burgund u. Aquitanien u. st. 882. 24) Ludwig III. (s.d.) bekam Neustrien u. st. 884. 25) Karl (s.d. 6) der Einfältige, ihr Halbbruder, wurde als unmündiges Kind erst ganz übergangen, dann nur theilweise anerkannt u. st. 929. 26) Ludwig IV. Outremer, Sohn des Vor., wurde 936 König von Frankreich u. st. 954; sein Nachfolger war: 27) Lothar (s.d.), sein älterer Sohn, welcher 986 starb; mit dessen Sohn u. Nachfolger 28) Ludwig V. starb 987 das regierende Haus der K. auch in Frankreich aus u. ihm folgte das der Capetinger auf dem Throne. Der letzte K. in Frankreich, Karl, Herzog von Normandie, zweiter Sohn Ludwigs IV., starb, von Hugo Capet geschlagen u. gefangen, 994 im Kerker. Vgl. Gfrörer, Geschichte der oft- u. westfränkischen K. von 840–918, Freib. 1848, 2 Bde.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.