Schloß [2]

Schloß [2]

Schloß (Gewehrschloß), die aus mehren Theilen bestehende Vorrichtung am Feuergewehr, welche Funken od. eine Flamme zur Entzündung der Ladung erzeugt. Am meisten verbreitet ist jetzt das Percussionsschloß (s.u. Percussionsgewehr). Um den Hahn des Schlosses in Bewegung setzen zu können, sind verschiedene Theile nothwendig, welche an einer starken länglichen Eisenplatte, dem Schloßblech, Schloßblatt, vereinigt sind. Es schützt die inneren Theile vor Beschädigung u. ist zur Unterstützung des Zündstollens mit einem starken Stollenlager u. außerdem mit einem durchgehenden Loch für die Hahnachse u. zur Befestigung der inneren Schloßtheile mit Schrauben u. Stiftlöchern versehen. Der eiserne Hahn besteht aus einem Fuß, zur Befestigung der Triebwelle mit einem vier- od. sechseckigen Loch. An den Fuß schließt sich der nach hinten gebogene Hals (Hammerstiel), an ihn der Kopf, mit einer nach innen verjüngten konischen Aussenkung, deren Boden die Schlagfläche bildet, welche bei niedergelassenem Hahn genau die des Zündstifts decken muß. Die Aussenkung ist umgeben von dem Mantel, welcher das Abspringen des explodirenden Zündhütchens verhindert u. den Zündkanal vor Regen u. Staub schützt. Zur Handhabung des Hahnes dient ein mit kreuzweisen Feilenstrichen eingeschnittener Haken od. Daumengriff, od. auch ein ringförmiger Ansatz. Die innere Seite des Hahnes ist eben u. unter dem Kopf mit einem vortretenden Ansatz versehen, welcher sich gegen das Schloßblech stemmt u. beim abgenommenen S. ein Überschlagen des Hahns verhindert; die äußere Seite des Hahns ist zur Verstärkung gewölbt. Um dem Hahn die nöthige Percussionskraft zu ertheilen, ist er mit einer stählernen Feder, der Schlagfeder, als treibender Kraft, indirect in Verbindung gesetzt. Diese Verbindung geschieht durch die Nuß, einem eisernen Körper von radförmiger Gestalt mit fester Welle, deren rechter Arm (Wellbaum) durch das oben erwähnte Loch des Schloßblechs greift u. außerhalb des Blechs, analog dem Loch im Hahnfuß, vier- od. sechskantig geformt ist. Der linke Arm (Nußstift) hat sein Lager in der mit dem Schloßblech verbundenen Studel (Nußdeckel), so daß die Nuß zwischen ihr u. dem Schloßblatt frei spielen kann. Um den Hahn zur Spannung der Schlagfeder benutzen zu können, ist er durch Austreiben auf das Vierkant etc. des Nußweltbaums u. eine in letzteren eingreifende Nußschraube mit der Nuß fest verbunden. Die vorwärts der Nuß angebrachte zweiarmige starke stählerne Schlagfeder wird mit ihrem oberen kurzen Arm festgelegt, mit dem unteren längeren bewegungsfähigen Arm mit der Nuß so verbunden, daß eine von hinten nach vorn gehende Achsendrehung der Nuß ihn gegen den oberen preßt, d.h. den Hahn spannt; umgekehrt eine Bewegung des freien Federarms nach unten die Nuß von vorn nach hinten, somit den sich mit ihr drehenden Hahn nach vorn schleudert. Um den Hahn, wenn man ihn vom Zündstift zurückzieht (spannt), in einer gehörigen Entfernung von letzterem bis zum Moment des Feuerns zu erhalten, muß er der Rückwirkung der Schlagfeder entzogen werden. Die Nuß ist dazu mit einem flachen Einschnitt, der Hinterruh (Spannrast), versehen u. ein um jene Schraube am Scheitelpunkt drehbarer, stumpfwinkelig zweiarmiger Hebel, die Stange, so hinter der Nuß angebracht, daß der vordere spitze Theil des vorderen Hebelarms (Stangenkopfes, Stangenschnabel) in die Hinterruh gelangen kann, sobald dieselbe beim Spannen des Hahnes vor ihn gelangt. Damit die Reaction der Schlagfeder den Stangenschnabel nicht aus der Hinterruh herausschleudere, sondern ein Mittel zur Erhaltung des Hahnes in zurückgezogener, der Schlagfeder in gespannter Lage werde, bringt man über dem hinteren Arm der Stange eine kleine Feder, die Stangenfeder, an, deren oberer Arm festgelegt ist, deren unterer Arm federnd auf den Scheitelpunkt der Stange wirken u. so, der Kraft der Schlagfeder das Gegengewicht haltend, den Stangenschnabel fest in dir Hinterruh drücken kann. Um bei abgenommenem Hahn die Schlagfeder vor zu weitem Ausschnellen u. so den Schloßmechanismus vor Störung zu schützen, ist die Studel mit einem massiven Theil, dem Stolpen, versehen, dessen hintere Fläche schräg gefeilt ist; den Nußstölpen feilt man eben so zu, so daß der Studelstölpen eine zu weit gehende Bewegung der Nuß verhindert. Die Kraft der Schlagfeder muß so sein, daß die aus dem Zündkanal ausströmenden Pulvergase den Hahn nicht zurückschlagen können, u. sie hat deshalb gewöhnlich eine Zugkraft von 110 Pfund. Die jetzt üblichen Arten der Percussionsschlosse sind die Percussionsschlosse alter Art, welche meist aus alten Steinschlossen entstanden sind, u. ist hierbei nur zu bemerken, daß der obere Arm der Schlagfeder durch einen Stift u. eine Schlagfederschraube befestigt wird, der untere Theil endigt mit einem gebogenen Krappen u. liegt mit diesem auf einem schnabelförmig ausgebogten Vorsprung der Nuß, dem Nußkrappen (Krappschloß). Außerdem hat die Nuß einen zweiten Einschnitt zwischen Nußkrappe u. Hinterruh, die Mittelruh, welche so tief ist, daß der Stangenschnabel ohne gleichzeitiges Ziehen am Hahn nicht daraus zu entfernen ist. Bei Percussionsschlossen neuerer Art ist die Schlagfeder durch einen Stift u. einen sich gegen das Stollenlager stemmenden Bart befestigt. Auch sind bei einigen Nuß u. Schlagfeder durch eine Kette verbunden, d.i. ein gebogenes Stahlplättchen, welches zwischen einem zu zwei Lappen gefeilten Vorsprung der Nuß u. in dem gabelförmigen Ende des freien Schlagfederarmes durch Stifte scharnierartig[295] befestigt, beim Spannen des Hahnes die Schlagfeder in die Höhe zieht u. sie so spannt. Baden, Hannover, Braunschweig haben solche Schlosse. Frankreich, Sachsen, Mecklenburg haben Schlosse mit nur einer Schloßfeder, welche, hinter der Nuß angebracht, mit dem oberen Arme als Schlag-, mit dem unteren ebenfalls beweglichen Arme als Stangenfeder fungirt. Oberer Arm u. Nuß sind durch eine Kette verbunden. Um die Gefahr des Selbstentladens der Percussionsgewehre zu verhindern, bringt man besondere Sicherheiten an; am gebräuchlichsten ist die Deckelsicherheit, sie besteht aus dem Deckelbug, welcher oben eine zum Umfassen des Zündstiftes bestimmte halbcylindrische Kappe mit abgesetztem Kappenbart trägt, unten um die im Schloßblech verschraubte Deckelschraube drehbar ist u. sich mit einem gefalzten Fuß (Deckeldruck) auf den oberen freien Arm einer Deckelfeder stützt, welche ihn in seinen Lagen festhält. Ein vom Deckelbug sich abzweigender hakenförmiger Deckelfuß verhindert, durch die Deckelfeder gesperrt, das völlige Zurückklappen des Deckels u. dient als Handhabe beim Zurückschlager. Zum Sichern wird die Kappe gegen den Zündstift vorgeschlagen, wo sie, das Zündhütchen überragend, die Mantelfläche des Hahns auffängt. Eine andere Sicherheit ist die Fallsicherheit; sie besteht aus einem bogenförmigen Eisenstück, welches, um eine Schraube drehbar, um den Zündstollen herumgreift u. den Hahn sperrt. Die Sicherheit bringt man bes. bei Cavalleriegewehren an. Auch bringt man bei Gewehren, wo es auf ein leichtes Abziehen ankommt, eine Steckvorrichtung an. Man macht das Eintreten des Stangenschnabels in die Mittelruh durch eine besondere innere Vorrichtung unmöglich, nämlich durch ein Stahlplättchen, Spiel od. Springkegel genannt, welches sich um einen Stift in einer Ausfeilung der Nuß zwischen Mittel- u. Hinterruh dreht u. beim Spannen des Hahnes so in die Mittelruh geschoben wird, daß es diese aufschließt, folglich den Stangenkopf zwingt, beim Abfeuern dieser vorbeizugleiten. Am Steinschloß sind nur die äußeren Theile von denen beim Percussionsschloß verschieden. Vor dem Zündloch befindet sich eine trogartige Pfanne, welche auf die eine od. andere Weise mit Pulver gefüllt wird; zum Verschluß der Pfanne dient der Pfannendeckel, er besteht aus dem Gefäß, welches den eigentlichen Deckel bildet, u. einer aufrecht stehenden, vor ihm aufgebogenen, gegen den Hahn hin mit einer aufgeschweißten Stahlplatte bedeckten Batterie. Rückwärts ist das Gefäß in dem Deckelfuß verlängert, durch welchen die Deckelschraube geht, um deren Stiel das ganze System des Psannendeckets sich drehen kann. Eine zweiarmige Deckelfeder drückt mit ihrem oberen losen Arm gegen den Deckelfuß, damit diese Drehung nicht willkürlich stattfinde. Der Kopf des Hahnes hat ein aus einer festen Unterlippe u. beweglichen Oberlippe bestehendes Maul, in welches der Feuerstein eingeschraubt wird. Bei dem Consolschen S. sollte mit möglichster Benutzung der Theile des Steinschlosses die Zündung durch Percussion erfolgen. Die Batterie des Steinschlosses wird deshalb abgenommen, Pfanne u. Gefäß aber bleiben, u. das letztere erhält an der untern Seite einen Ansatz (Zahn), welcher beim Aufschlagen des Hahnes mit massivem Kopf auf das Gefäß durch einen Druck den Zünder entzünden soll. Der Zünder ist ein mit Kuallquecksilber gefülltes dreieckiges Messingröhrchen, welches man ins Zündloch steckt. Vom Feldmarschalllieutenant Augustin seit 1841 verbessert, führte man dieses S. in der österreichischen Armee ein, doch weicht es jetzt dem Percussions schloß. Das S. des preußischen Zündnadelgewehrs unterscheidet sich wesentlich von allen andern Schlossen. Die Zündung (Zündpille) wird nämlich innerhalb der Patrone (s.d.) zwischen Ladung u. Geschoß angebracht, u. es erfolgt die Zündung durch eine spitzige Nadel (Zündnadel) in der Achse des Gewehrs, welche beim Abziehen durch eine Spiralfeder durch das Pulver der Ladung in die Zündpille getrieben wird Über die nur als Antiquität noch merkwürdigen Lunten- u. Radschlösser s.d.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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