- Schnepfe
Schnepfe (Scolopax), Gattung aus der Familie der schnepfenartigen Sumpfvögel; Beine vierzehig, nicht sehr hoch u. am Unterschenkel nur wenig nackt, Hinterzehe auftretend, Schnabel zwei- bis dreimal so lang als der Kopf, gerade, mit weicher kolbiger Spitze, welche nach dem Tode hart u. runzelig wird; Stirn hoch, Augen groß, Nasenlöcher ritzenförmig in langen Gruben. Die S-n sind Zugvögel des Nordens, welche in Wäldern u. sumpfigen Ebenen des Morgens u. Abends umherstreichen u. im Winter südlicher ziehen, in nicht kalten Wintern auch bei uns in Deutschland bleiben. Arten: a) Waldschnepfe (Bekasse, S. rusticola), 14 Zoll lang, oben rothbraun mit schwarzen seinen Querlinien u. weißen Tupfen, Unterseite gelblichweiß mit seinen dunkelbraunen Wellen, Stirn u. Scheitel aschgrau, Hinterkopf dunkelbraun, quer rostgelb gebändert; Außenfahne der Schwanz- u. Schwungfedern mit dreieckigen gelben Randflecken. Die Waldschnepfe ist scheu, fliegt ungeschickt, läuft auf der Erde, bewohnt im Sommer die hohen Gebirge; frißt Schnecken, Käfer, Gewürm, auch Gras. Sie stechen, weil sie, um Würmer zu fangen, den Schnabel tief in die Erde bohren; sie stechen auf einander, wenn Männchen um eines Weibchens willen kämpfen. Bei der Begattung gehen die Hähne mit vielen Verbeugungen um die Henne herum, schlagen mit ihrem kurzen Schwanze ein Rad, lassen wie der Truthahn die Flügel schleifen, blähen sich auf u. legen den Schnabel dicht am Halse an die Brust, Pitz, Pitz, Knarr rufend. Das Nest (eine gescharrte Vertiefung) bauen sie in Gebirgen von Haidekraut, Moos od. im Grase; legen 3–4 stumpfe, gelbe, oben blaßviolette Eier. Die Jungen laufen gleich mit den Alten fort, lassen sich auch zähmen. Die S. ist ein Zugvogel, kommt im Februar u. März, geht im October nach Afrika u. Südeuropa. Der Schnepfenzug im Herbste heißt ziehen (auf dem Zuge sein), im Frühjahr streichen, auf dem Striche od. Wiederzuge sein. Im Frühjahr lieben die S-n sumpfige Stangenhölzer, im Herbste höher liegende, bes. wenn Viehtriften in der Nähe sind. Die S. gehört zur niederen Jagd. Das Schießen (Schnepfenjagd) geschieht gewöhnlich auf dem Anstand. Abends u. früh vor der Dämmerung stellt man sich in dem Walde an solchen Stellen an, wo S-n streichen u. man durch keinen hohen Baum gehindert ist, in die Höhe zu schießen. Die S. nähert sich unter dem Rufe Biswits (Zwicken) u. Quaar (Quarren), letzteres schon in weiter Entfernung hörbar. Wenn Männchen auf einander stechen, kreischen sie. Streichen zwei od. drei S-n zugleich, so schießt man lieber die letztere, weil diese ein Männchen ist. Ferner schießt man die S-n bei der Suche mit dem Hühnerhunde, von Vormittag 9 Uhr bis Nachmittag 3 Uhr, wo die S-n still liegen u. halten. Auch treibt man die Hölzer in kleinen Bezirken mit 5 bis 10 Treibern, mit dem Winde, weil die S-n nicht gut gegen den Wind fliegen u. sonst leicht über die Treiber zurückgehen, ab (Buschiren). Wenig Vortheil gewährt der Fang im Herbst mit dem Schnepfenstoß, einem Klebegarn von 60–70 Fuß Länge, 18–20 Fuß Höhe, in Haulinien in Wäldern; ebenso mit Fallen od. Schlagbäumen (Schnepfenfallen, Schnepfenschlagbäume), welche wie die gewöhnlichen Schlagbäume für Füchse eingerichtet, nur doppelt sind; gewinnreicher ist der Fang mit Hühnersteckgarnen, welche man zur Seite eines Wegs im Zickzack durch das Gebüsch stellt u. gegen welche man langsam, stark mit den Füßen stampfend, aber mit wenig Rufen, treibt, od. auch in Schleifen od. Laufdohnen (s.d. unt. Dohnen), welche[355] in einem Bügel befestigt, quer über einen Fußweg gestellt werden. Zum Aufstellen der Dohnen legt man auch Schnepfensteige (Schnepfengassen) an; man bildet an aufgegrabenen Pfaden, worauf man, um Würmer anzulocken, Kuhdünger bringt, aus zwei niedrigen Zäunen od. zwei sprengelig gestrickten, 10 Zoll hohen Netzen eine Gasse, welche an beiden Enden erweitert ist; da wo die Gasse enger wird, sind. Laufdohnen aufgestellt. Aller 4–6 Ellen sind Öffnungen in den Zäunen od. Netzen, zu denen kleine Eingänge führen, gelassen u. diese ebenfalls mit Laufdohnen verhängt. Vgl. Benberg, Die Waldschnepfe u. ihre Jagd, Berl. 1857. Die S-n gelten für das leckerste Wildpret; im Herbste sind sie sehr fett, doch im Frühling schmecken sie besser. Man bratet sie; macht Ragout davon, mit rothem Weine, Citronen- u. Orangensaft u. mit Gewürze zugerichtet, welchem man das klar gehackte Gescheide beimischt. Das Gescheide der S-n wird häufig ausgezogen, die fette Feuchtigkeit, welche beim Braten der S-n aus dem Mastdarm tritt, wird mit gerösteten Semmelschnitten aufgesaugt u. als Schnepfendreck für eine Delicatesse gehalten. Zieht man das Gescheide aus, so wird es klar gehackt, mit geriebener Semmel, Eier u. Petersilie in Butter gebraten u. auch auf geröstete Semmelschnitte gestrichen; Schnepfeneier sind Fastenspeise. b) Heerschnepfe (Heerd-, Fürsten-, Haarschnepfe, Himmelsgans, Schwibbe, Haberbock, Haareckenblatt, Gemeine od. Mittlere S., wegen des meckernden Geschreis Himmelsziege, Becassine, S. gallinago), von der Größe einer Wachtel, 3 Zoll langer Schnabel, zwei große schwärzliche Längsstreifen auf dem Kopfe, Hals meist braun u. gelb gefleckt, Flügel braun u. grau gewellt; ist sehr scheu u. listig; lebt in Sümpfen in ganz Europa, Nordasien u. Amerika; erhebt sich, wenn sie aufgestört ist, schwankend u. im Zickzack hoch in die Luft, indem sie eine Stimme, ähnlich der des Ziegenbocks, hören läßt; zieht im October heerdenweise (daher der Name) fort, kommt im März u. April wieder; nährt sich von Gewürm u. Insecten, auch von Gras u. selbst von Getreide, am liebsten Hafer; legt im April u. Mai 4–5 olivengrüne, braun gefleckte Eier u. brütet sie auf dem bloßen Boden, wo sie nur einige Halme hinlegt, aus. Man schießt sie auf dem Anstande, zu welchem man grasleere, schlammige Wasserränder wählt; auch bei der Suche mit dem Hunde; wenn der Hund eine S. sieht, so läßt man ihn einspringen u. schießt, da sie auf der Erde schwer zu erkennen sind, im Fluge, u. zwar erst, wenn das zickzackförmige Aufsteigen vollendet ist u. sie wegstreichen wollen. Den Fang mit dem Schnepfenherd s.u. Vogelherd. Mit Schnepfenpfeifen ahmt man das Geschrei der Heerschnepfe (Kätsch, Kätsch) nach; in der Paarungszeit schreit jedoch das Weibchen auch Dickküh. Auch diese S. gebraten, sowie ihr Schnepfendreck, sind Delicatesse. c) Die Mittelschnepfe (Doppel-, Moor-, Moosschnepfe, Große Becassine, S. media), etwas größer als die vorige; die erste Schwungfeder hat einen weißen Schaft, Brust, Schenkel, Seiten weiß, dunkel braun, quer gewellt, Schnabel kleiner; im Herbste sehr fett, sehr wohlschmeckend, alles Übrige wie bei der vorigen. d) Die Becassine (Moor-, Haar-, Pudel-, Halbschnepfe, Stumme S., Kleine S., S. gallinula), so groß wie ein Staar, hat schwarzen Streif auf dem Kopfe, graues Halsband auf dem Nacken; in Europa, Amerika u. Asien, seltener in Deutschland, zieht wie die übrigen S-n, wird mit dem Hühnerhunde gejagt u. geschossen, auch sehr wohlschmeckend. e) Brehms S. (S. Brehmii), so groß wie die Heerschnepfe, Schnabel zweimal so lang als der Kopf, zwei schwarze Streifen an den Wangen, sonst schnepfenfarben. f) Riesenschnepfe (S. gigantea), aus Brasilien u.m.a.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.