Vogelherd

Vogelherd

Vogelherd, Vorrichtung zum Vogel-, bes. Krammetsvögelfang, zumeist mittelst Garnen. Folgende V-e kommen vor: A) V-e mit doppelten Schlagwänden (Springherd), bes. auf Krammetsvögel (Schnärre, Ziemer, Drosseln, Zippen, Amseln) sind die gebräuchlichsten. Mit Nadelholz bestandene Mittelgebirge eignen sich vorzugsweise zu solchen V-en. Auf einem etwas hoch gelegenen Punkte u. mit noch jungem Holze bestandenen Schlage, wo möglich nicht weit von Thalzügen, welcher eine freie Aussicht gegen Nordost bietet, woher die Vögel meist kommen, ist der geeignetste Anlagepunkt. Dort wird wenigstens 100–200 Schritte von hohem Holze entfernt, ein Platz von etwa 60 Fuß Länge u. 20 Fuß Breite geebnet u. darauf eine kleine, länglich viereckige, mit Tannenreisig gedeckte u. bekleidete Hütte gebaut. Sie hat hinten eine Thüre, nach dem eigentlichen Herd zu u. an den Seiten mehre Gucklöcher, zum Theil auch kleine durch Bretchen mit Gucklöchern leicht zu verschiebende Fenster. Ungefähr 30 Fuß vor dieser Hütte, gegen Morgen, wird ein etwa 18–20 Fuß langer, 12 Fuß breiter u. 3 Fuß hoher nach allen Seiten abgedachter, oben etwas weniger breiter Erdhügel (Herd, Strauch) gemacht, mit grünem Rasen bedeckt, in etwa zweifüßigen Abständen mit vier bis fünf schwachen, auf Pfählen festgenagelten Nadelholzstangen der Länge nach beschagen u. in etwa dreifüßigen Abständen mit sechs bis sieben Bügeln von etwa 11/2 Zoll starken Stämmchen quer überspannt, an welche man die auf den Erdhügel gesteckten, möglichst mit vielen schwarzen Beeren u. auch mit Vogelbeeren behängten Wachholder- u. Tannenbüsche soweit nöthig verbindet. Auf beiden Enden dieses Strauches weiden einige Lockvögel (Laufer), welche mit einer Schnur od. mit einem Riemchen (Sille, Läuferzug) um die Flügel befestigt (angeläufert) sind, so daß sie auf einer Strecke (Läuferplatz, Läuferhügel) frei herumlaufen können, angebracht; andere Lockvögel hängen in Bauern umher. An den beiden langen Seiten des Strauches liegen nun in zwei Gräben (Stellgräben) zwei Netze (Wände) dicht zusammengerefft, welche, um auch Rothkehlchen, Finken u. dgl. zu fangen, mit höchstens 3/4-1 Zoll (nur wenn der V. ausschließlich für Drosseln bestimmt ist mit 11/2 Zoll) weiten Maschen gestrickt u. an Leinen, von denen die obere Ober- od. Hauptleine, die untere Unter-, die an den Seiten Seitenleinen heißen, von der Stärke eines Fingers, angemascht[642] sind. Am vorderen u. hinteren Ende des Strauches sind je zwei hölzerne Lorven (4–5 Zoll starke, etwa 6 Zoll hohe u. ebenso weit von einander abstehende, mit zwei Löchern, worin eiserne Bolzen passen, versehene Hölzer), fest in die Erde eingerammt, in denen sich in einer jeden zwei 6 Fuß lange u. 1 Zoll starke, grün angestrichene Stäbe (Lorven- od. Schlagstäbe) befinden, welche mit ihren oberen Enden mittelst Ringen an die Oberleinen befestigt sind u. sich um die eisernen Bolzen bewegen. Damit sich die Lorvenstäbe nicht kreuzen u. das Garn verwirren, sind an den Lorven zwei Schwertstangen, etwa 2 Fuß hoch, angebracht u. durch ein Bretchen das Schwert verbunden, durch welches die Lorvenstäbe aufgehalten werden. Die Oberleine wird nun nach hinten, dicht am Boden, über das Kreuz, straff angespannt u. an zwei 2 Fuß langen Pfählen mit Köpfen (Haupt- u. Straffhaftel), welche etwa 4 Fuß von der Vorderwand der Hütte eingeschlagen sind, befestigt. Zuweilen ist noch ein Haftel, der Schlaghaftel (Hüttenstock) angebracht. Das andere Ende der zwei Hauptleinen ist ebenfalls über das Kreuz nach der entgegengesetzten Seite des Strauches geführt u. dort an zwei etwa 24 Fuß lange, unten 4–5 Zoll starke Stangen (Spannreiteln), welche mit ihrem dicken Ende etwas in die Erde gegraben u. etwas weiter vorn mittelst sich kreuzender Pflöcke befestigt sind, fest angereitelt. Es werden aber bei der Stellung des Herdes die Lorvenstäbe u. mit ihnen die Netze gewaltsam niedergedrückt, so daß sie auf der Erbe liegen, immer aber vermöge der angezogenen Leinen u. der elastischen Spannreiteln die Neigung haben sich wieder in verticale Richtung zu setzen, so daß die Netze zusammenschlagen. Um dies zu verhindern, ist das Abzugsgestell bereit. Dies besteht aus zwei, in den lorvenähnlichen Haken- u. Schnellstock gleichfalls sich um einen Bolzen bewegenden Hölzern, von denen das eine vertical steht u. hakenförmig ist, das andere horizontal liegt u. die Lorvenstäbe auf der Erde so lange zurückhält, bis dies Hinderniß entfernt ist. Jeder der vorderen Lorvenstäbe hat ein solches Abzugsgestell, welches ungefähr 2 Fuß von dem äußeren Ende desselben angebracht ist. An den zurückhaltenden Haken sind nun Schnuren angebracht, welche sich in die Rückleine (Schnellleine) vereinigen, die durch ein Loch nach dem Innern der Hütte geht u. in einen hölzernen Knebel endigt. Statt ihrer ist oft auch ein Draht in einem von Bretern zusammengebauten Kanal (dem Laufgraben) nach der Hütte geleitet, welcher an einem Ring endet. Sind nun Vögel auf den Herd gefallen, so wird die Ruckleine od. der Draht rasch angezogen (geruckt), wo dann die Haken zurückgezogen werden, die Lorvenstäbe u. mit ihnen die Netze rasch auf- u. zusammenschlagen u. die Vögel gefangen sind. Rings um den Herd stehen einige 20 Fuß hohe Bäume mit entnadelten Zweigen (Fußreißer, Krakeln), welche dazu bestimmt sind, die Vögel bei ihrer Ankunft aufzunehmen (fußen zu machen). Kleinere Bäumchen dieser Art (Fallbäume, Fallkrakeln), stehen in etwa sechsfüßiger Entfernung vom Strauche zwischen den um denselben gesteckten grünen Bäumchen umher, u. diese werden oft statt der Aste mit Kloben versehen, von welchen ebenfalls Ruckdrähte in die Hütte laufen, u. auf welchen die Vögel, welche nicht in den Strauch gehen, gefangen werden. Ein solcher Herd heißt Klobenherd. Um Flüge von Vögeln, welche vorüberstreichen, um so mehr zum Einfallen zu vermögen, wurde früher hier u. da hinter der Hütte ein hohes Gerege, od. zwei 14 Fuß hohe Stangen, welche in einer gleichen Entfernung von einander aufrecht in der Erde stehen u. von welchen ein schwacher Bindfaden von der Spitze der einen bogenförmig bis zur Erde nach der Spitze der zweiten u. von da aus in die Hütte läuft, angebracht. Wo dieser Faden die Erde berührt, wird ein Vogel (Ruhrvogel), welchem die Augen mit einer Lederkappe geblendet sind, mit den Füßen an einer Ruthe (Ruhrgerte) festgebunden (angeruhrt). Sobald nun Züge von Vögeln vorüberstreichen, wird der Faden, welcher mittelst der schwarzgewichsten Ruhrschnur mit der Hütte in Verbindung steht, durch einen schnellen Zug in die Höhe geschnellt (Ruhren od. Rudeln), der Vogel, hierdurch erschreckt, flattert u. die Vögel werden so zum Einfallen veranlaßt. Ein solcher Herd muß Morgens vor Sonnenaufgang bestellt sein. Der Vogelsteller sieht durch die Dämmerung unausgesetzt durch das Guckloch gegen Nordost u. pfeift die Locktöne der Vögel, welche er erwartet. Sind die Vögel auf 100 Schritt genaht, so überläßt er das weitere Locken den Lockvögeln, hebt den Ruhrvogel, erwartet nun das Auffußen der Vögel auf die Krakeln u. beobachtet genau das Einfallen der Vögel in den Herd. Sind die meisten Vögel eingefallen, so säumt man nicht zu rucken, denn sonst haben sich die ersten schon wieder gesättigt u. fliegen fort. Den gefangenen Vögeln werden die Köpfe eingedrückt od. sie lebend aus den Netzen genommen; dann entfernt man sogleich alle ausgefallenen Federn u. stellt den Herd möglichst rasch wieder auf. Im Winter liegen oft noch große Flüge von Ziemern in Wachholderbüschen; diese sucht man durch ausgeschickte Leute aufzustöbern u. nach dem Herde zu treiben, was Rege heißt. B) V-e mit einfacher Wand, kleiner als voriger, auch zum Fang kleinerer Vögel bestimmt; bei ihm schlagen die Wände nicht in der Mitte zusammen, sondern das doppelt so breite Garn fliegt schnell von einer Seite des Herdes zur andern u. legt sich unmittelbar über denselben. Er wird an od. in einem Holzrand angelegt, welcher aber vom freien Felde begrenzt wird (Feldherd, Feldtenne). Da auf ihm auch kleinere Vögel gefangen werden, so wird er mit solchen Sämereien besetzt, welche deren Lieblingsnahrung ausmachen, daher außer mit Vogel-, Schwarz- u. Wachholderbeeren, mit Rübsen, Hanf, Spreu u. Hafer Zuweilen wird ein Strauch angelegt, zuweilen aber nicht. Die Lockvögel bewegen sich meist an einem beweglichen Gestell (Klipprohr), auch Ruhrvögel sind vorhanden. Ost bedient man sich des Einschreckens. Nämlich einige Eulen od. Tagraubvogel sitzen verborgen auf einer Stange u. stehen mit einer Schnur in Verbindung, welche m die Hütte läuft. Sind nun Vögel bei dem Herde angekommen, so werden diese gleich Ruhrvögeln gerührt, wodurch die Vögel erschrecken u. gewöhnlich in den Herd fliegen u. so gefangen werden. Dieser B. führt daher den Namen Schreckherd, u. da er im Herbst gestellt wird, auch Herbstherd. Drosseln, Finken u. Hänflinge fängt man bis Martini, Krammetsvögel noch länger, diese fängt man bes. Morgens, Ammern u. Sperlinge den ganzen Tag, diese fallen am besten bei schlechtem Wetter ein. C) Der Tränkherd ist ähnlich, nur wird er auf einer [643] Stelle angelegt, wo man weiß, daß die Vögel gewöhnlich saufen od. sich baden, namentlich an einem Bache, einer Lache. Hier fallen nur wenige auf einmal ein, es sei denn, daß sie, wie vor Änderung des Wetters zu geschehen pflegt, baden wollen. In der Nähe befindliche Brunnen u. Quellen werden mit Reisholz zugedeckt. Man kann den Tränkherd von Mitte Augusts bis Mitte Octobers stellen (daher Sommerherd), doch ist er nur bei trockener Witterung anwendbar. Statt der Hütte begnügt man sich mit einer Laube (Lausche) von Reisig. D) Der Panter (Schießherd) ist eine sonst vorzüglich in Italien, Österreich u. Tyrol gewöhnliche, aber ziemlich kostspielige Art V. Die dabei angewendeten Spiegelnetze heißen Pantières, daher der Name. Deren sind drei, jedes 64 Ellen lang, u. werden in einem Viereck aufgestellt. Die vierte Seite wird mit zwei kleineren Netzen in einem vorspringenden Winkel geschlossen. Alle diese Netze sind mit seinen Ingarnen versehen. Bei diesem Winkel ist die zweistöckige, 9–10 Ellen hohe Hütte angebracht, in dem unteren Stock werden die Lockvögel aufbewahrt, in dem oberen ist der Vogelsteller. Der mit den Netzen umstellte Platz heißt Roccolo, um denselben müssen Bäume stehen, welche bis über die Höhe der Netze ausgeschnödelt sind. Im Innern des Platzes stehen niedrigere Bäume. Vor der Hütte sind mit Rasen bedeckte Erdbänke angebracht, auf welchen sich die Ruhrvögel befinden, außerdem sind in Heckreisern Lockvögel in Käfigen aufgehängt u. diese mit Tannenreisig bedeckt. Wenn nun Krammetsvögel auf dem Striche herbeikommen u. sich auf die Bäume u. Heckreiser setzen, so schießt man aus der Hütte mit einer Armbrust einen Bolzen ab, an welchem ein Fuchsschwanz od. etwas einem Raubvogel ähnelndes befestigt ist, u. zwar in einer solchen Richtung, daß der Bolzen 3 Ellen hoch über den Heckreisern hinfliegt. Die dadurch erschreckten Vögel stiegen nieder u. gerathen in die Netze. E) Der Finkenherd (Saugherd, Glauchherd), auf welchem man Finken, Hänflinge, Grünlinge, Bergfinken, Zeisige, Kernbeißer, Ortolane, Goldammern etc. fängt, ist fast wie der V. A) beschaffen, nur weit kleiner, auch kann man sich zum Rucken mehr Zeit nehmen. Man legt ihn vor Holzungen od. auf die Acker selbst. Die Buschwände werden von Tannen-, Eichen- od. Rothbuchenreisig gemacht; statt der Hütte ist eine Lausche vorhanden. Das Einschrecken ist bei diesem V. sehr gewöhnlich. Ist der Strauch des Herdes ganz ohne Buschwerk, so heißt er platter Herd. Ähnlich sind die V-e für einzelne Vogelarten, als der Staarherd, Lerchenherd, Taubenherd, für wilde Tauben, Schnepfenherd. Über den Wasser- od. Entenherd s.u. Ente S. 776. Der Leimherd (s.d.) gehört mehr unter den Leimfang, als unter die V-e. Alle Herde, welche aus Bäumen od. Reisern bestehen, heißen Busch- (Strauch-) herde, der Fang darauf Buschfang (Strauchfang); die Herde ohne dieselben heißen platte Herde (Pfnoschherde), bes. wenn sie für kleine Vögel bestimmt sind.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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