- Steiger [2]
Steiger, 1) Jakob Robert, geb. 1797 zu Büron im Canton Luzern, studirte in Luzern, Genf u. Paris Medicin u. fixirte sich 1826 als Arzt zu Büron; er nahm nach der Julirevolution als Liberaler lebhaften Antheil an der politischen Bewegung seines Vaterlands, kam 1830 in den Luzerner Verfassungsrath u. wurde nach Einführung der neuen Verfassung Mitglied des Kleinen Rathes u. Staatsraths; er siedelte nach Luzern über u. wurde drei Mal 1833–38 Gesandter Luzerns bei der Tagsatzung, obschon er bereits 1837, seiner ärztlichen Praxis halber, den Kleinen Rath verließ; 1841 redigirte er den Eidgenossen, welche Zeitschrift der in Luzern beginnenden Reaction entgegentrat, als er aber diese doch siegreich sah, gab er 1844 die Redaction auf. Als der am 8. Dec. 1844 in Luzern wegen der Jesuiten ausgebrochene Aufstand von der Regierung unterdrückt worden war, wurde S. in Folge dessen verhaftet; im Januar 1845 gegen Caution entlassen, reiste er umher, um bei den einzelnen Cantonen Widerruf der Jesuitenberufung in Luzern u. Fürsprache wegen der Begnadigung der Theilnehmer an der Luzerner Verschwörung von 1844 zu vermitteln. Er ging zuletzt nach Aarau, trat an die Spitze des Freischaarenzugs (s. Schweiz S. 654 f.) u. wurde bei diesem Unternehmen am 1. April 1845 gefangen, zum Tode verurtheilt u. sollte endlich nach einer sardinischen Festung gebracht werden, entkam aber am 21. Juni mit Hülfe der über seine Bewachung die Aufsicht führenden Gensdarmen. Er begab sich nun nach Zürich u. Winterthur, wo ihm das Bürgerrecht ertheilt wurde. 1847 nahm er Theil an der Unterdrückung des Sonderbundes u. stand zuerst als Statthalter, dann als Schultheiß an der Spitze der neuen Regierung. Später wurde er Polizeidirector des Cantons Zürich u. 1848 auch Schweizerischer Nationalrath u. war von großem Einflusse auf die obersten Behörden der Schweiz. 1853 zog er sich ganz vom politischen Schauplatz zurück, prakticirte wieder in Luzern als Arzt, redigirte 1854–56 den Volksmann von Luzern u. st. 4. April 1862 in Luzern. Er schr.: Briefe des Friedens an das Luzernervolk, Winterthur 1847 f. u.a. 2) Karl Gottlieb, geb. 1806 zu Flaweil im Schweizercanton St. Gallen, wurde 1832 Pfarrer zu Brunnadern, 1838 zu Balgach im Rheinthal, 1841 zu Wattwyl in Toggenburg, auch St. Gallischer Kirchenrath u. st. 11. Mai 1850. Er schr.: Kleine Wochenpredigten über des Christen Stimmung u. der Welt Ton, 1836, 4. Aufl. St. Gallen 1849; Ruinen altschweizerischer Frömmigkeit, ebd. 1839, 2 Bdchn.; Pretiosen deutscher Sprüchwörter, ebd. 1843; Des Schweizers Alphorn (Gedichte), ebd. 1834; Dem Herrn ein neues Lied (religiöse Gedichte), 1846; auch mehre asketische Schriften u. gab Agape, ein christliches Taschenbuch auf das Jahr 1842, eine Sammlung Volks- u. Jugendschriften, 1840–48, 12 Bde., Gebetbuch in Liedern, St. Gallen 1846, heraus. 3) Wilhelm, geb. 1809 im Canton Aargau, studirte seit 1825 in. Tübingen u. Halle Theologie, lebte seit 1826 in der Französischen Schweiz, wo er für die pietistischen Separatisten Erbauungsstunden hielt, u. seit 1829 in Berlin, wo er für die Evangelische Kirchenzeitung arbeitete; er wurde 1832 Professor der neutestamentlichen Exegese an der Theologischen Privatschule in Genf u. st. daselbst 1836. Er schr.: Bemerkungen über die Hallesche Streitsache, Lpz. 1830; Kritik des Rationalismus in Wegscheiders Dogmatik, Berl. 1830; Commentar über den ersten Brief Petri, ebd. 1832, u. über den Brief an die Kolosser, Erl. 1835; Introduction gén. aux livres du N. T., Genf 1837 (nach seinem Collegienhefte herausgegeben); auch gab er mit Hävernick Mélanges de théologie réformée, Genf 1833 f., 2 Hefte, heraus.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.