- Tyros
Tyros (Zor,Tsor), uralte Stadt in Phönicien, angeblich von einer Colonie aus Sidon gestiftet, mit prächtigem Tempel des Melkarth, erhob sich durch den Handel über alle Nachbarstaaten, über welche es auch Herrschaft ausübte. Von T. bekam David Cedernholz zum Bau seines Palastes auf Jebus, von hier kamen die Werkmeister nach Jerusalem zum Bau des Salomonischen Tempels; von T. wurde Carthago u. viele andere Colonien gegründet. Von den alten, meist mythischen Königen von T. seit Hiram s.u. Phönicien S. 84. Nachdem die Tyrier den Salmanassar zur See geschlagen hatten, nahm Nebukadnezar 586 v. Chr. nach 13monatlicher Belagerung T. ein. Während dieser Belagerung hatte sich der größte Theil der Bewohner auf einer kleinen nahen Insel angesiedelt, u. de alte Stadt, meist von den Persern zerstört u. dadurch zum Flecken herabgesunken, hieß von nun an Palätyros (Alt-Tyrus). Dagegen erhob sich nun die Inselstadt zur Höhe der alten Stadt; sie hatte hohe, dicke Mauern u. zwei Häfen. 332 eroberte Alexander der Große die Stadt nach 7monatlicher Belagerung (s.u. Alexanders des Großen Zug nach Persien S. 295) durch Hülfe eines vom Lande aufgeworfenen Dammes, welcher sich in der Folge erhielt u. noch vorhanden ist. Damals wurden die Einwohner als Sklaven verkauft u. nur ihr König Azemilkos mit dem carthagischen Gesandten u. denen, welche sich mit jenen in den Tempel des Herakles geflüchtet hatten, begnadigt. Bald nachher belagerte Antigonos die Stadt 14 Monate u. der Parther Pakoros nach der Eroberung aller syrischen Städte auch T., beide vergebens. Trotz dieser Unfälle blieb T. für den Handel, bes. zwischen Römern u. Syrern, wichtig u. hauptsächlich durch die Blüthe seiner Purpurfärbereien u. Glasfabriken. Der Kaiser Severus erhob sie zur Colonie (Colonia Septimana T. Metropolis). Hier wurde 335 n. Chr. ein Concil in Bezug auf die Athanasianischen Streitigkeiten gehalten. Nachher kam es an die Sultane von Aleppo, denen es 1089 der Sultan von Ägypten entriß, 1101 wurde es von Balduin II., König von Jerusalem, vergebens vier Monate belagert, der Damaskerfürst Toghteghin hatte es entsetzt, wofür ihm der Khalif den dritten Theil der Stadt einräumte. 1124 versuchte der Connetable Wilhelm, mit den Venetianern vereinigt, T. zu erobern, u. nachdem die Tyrier 41/2 Monat vergebens auf Hülfe aus Ägypten u. Damask gewartet hatten, mußten sie den Christen die Stadt übergeben; T. wurde eine Grafschaft. Saladin, Sultan von Ägypten, wollte T. 1187 wieder erobern, aber Markgraf Konrad von Montserrat entsetzte die Stadt u. erhielt die Herrschaft. Bei T. 1258 Seesieg der Venetianer über die Genueser. Nach dem Aussterben der Grafen aus dem Hause Montserrat 1285 ging der Titel auf Ibelin über. 1291 wurde T. von den Sarazenen genommen u. blieb in ihren Händen. Unter der türkischen Herrschaft sank T. gänzlich herab, der Hafen ist versandet, der Handel hat sich nach Beirut gezogen u. Neu-Tyrus ist jetzt noch ein bloßer Flecken, von den Türken Ssür genannt, von Alt-T. ist fast gar nichts übrig. Vgl. E. W. Hengstenberg, De rebus Tyriorum, Berl. 1832.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.