Christusbilder

Christusbilder

Christusbilder, Darstellungen von Jesus Christus durch die bildende Kunst. Der Abscheu vor jeder Verbildlichung der Gottheit in den frühesten Zeiten des christlichen Alterthums, sowie das Bestreben, Christi äußere Gestalt nach den Aussprüchen des A. T. (Jes. 52,14. 53,2.) als häßlich darzustellen, um den Künstlern gleich von vorn herein die bildliche Darstellung Christi zu verleiden, erklärt den Mangel an Bildnissen desselben aus den ersten christlichen Zeiten. Indessen gab das Bedürfniß nach einem äußeren Zeichen, in welchem symbolisch die göttliche Person Christi begriffen wurde, Veranlassung, gewisse Figuren als Sinnbild des Gottmenschen gelten zu lassen. Das einfachste war ein Kreuz, dann die mit einander verbundenen Anfangsbuchstaben des Wortes Χριστός (Christusbilder) auch Α u. Ω (Anfang u. Ende) nach der Apokalypse. Von diesen Zeichen ging man zu symbolischen Thier- od. Pflanzenbildern über, die in Beziehung zu einzelnen Stellen des N. T. standen. So erscheint Christus unter dem Symbol des Fisches, des Weinstocks u. am häufigsten unter dem des Lammes (welches der Welt Sünde trägt). Später erst trat an die Stelle der Thiersymbole die Menschengestalt. Die ältesten dieser symbolischen Darstellungen Christi finden sich als Frescogemälde an den Wänden der Katakomben in Rom, Neapel u. Syrakus u. in den Sculpturen der Sarkophage aus dem 3. Jahrhundert, wo Christus meist als Hirt mit dem Lamm auf den Schultern dargestellt wird. Selbstverständlich ist es dabei auf die Portraitähnlichkeit nicht abgesehen. Aus der Vermischung christlicher u. heidnischer Vorstellungen im 3. Jahrhundert läßt es sich erklären, daß Christus als eine neue Gottheit neben den alten römischen Göttern hier u. da Verehrung fand, u. vom Kaiser Alexander Severus behauptet Lampridius, daß er neben den heidnischen Göttern ein Bild Christi in seiner Hauskapelle aufstellen ließ. In das 3. Jahrhundert gehört wahrscheinlich auch der unechte Brief des Lentulus an den römischen Senat, worin er Christum beschreibt als einen ansehnlichen stattlichen Mann mit gelocktem, krausem Haar, das dunkel u. glänzend von der Schulter herabfließt, gleichgescheitelt, mit glatter, heitrer Stirn, das Gesicht angenehm durch eine mäßige Röthe, mit starkem, röthlichem u. gespaltnem Barte. Die Legende kennt 5 Originalportraits Christi, nämlich: a) das Bildniß, welches Christus dem Könige Abgar Uchomo von Edessa geschickt habe, das sogenannte Salvatorbild mit einem klaren u. milden Ausdruckdes Gesichts; b) den Abdruckseines Gesichts in das Schweißtuch der Veronica, das sogenannte Ecce-Homobild, das Haupt Christi mit der Dornenkrone u. dem Ausdrucke des Schmerzes darstellend; c) den Abdruck in sein eigenes Schweißtuch; d) ein Portrait von Lukas verfertigt u. e) eins, welches Nikodemus gemalt haben soll. Von der Kirche ist das Salvatorbild u. das Ecce-Homobild recipirt worden. Doch ist der eigentliche Ursprung der Portraitbilder[117] Christi erst in das 4. Jahrhundert zu setzen, wo unter Constantin dem Christenthum-Duldung im ganzen Römischen Reiche zugesichert wurde. Aus dieser Zeit rühren die bildlichen Darstellungen in den Mosaiken der Basiliken her, vorzüglich derer in Rom, wo sie sich häufig an der halbkreisförmigen Hinterwand des Altarraums fanden u. bes. die in den Katakomben des Papstes Calixtus II., die schon ein portraitartiges Gepräge tragen. Hier ist Christus mit halb entblößter Brust abgebildet, das Gesicht oval, mit gerader Nase, gewölbten Augenbrauen, hoher Stirn, ernstmildem Ausdruck, das Haar in der Mitte nach Art der Nazaräer gescheitelt wallt in Locken bis auf die Schultern herab, der Bart ist nicht stark u. am Kinn getheilt. Ähnlich ist die Beschreibung der Persönlichkeit Christi, welche Johannes Damascenus bei alten Schriftstellern gefuden zu haben versichert nach dieser ist Christus ein Mann von stattlichem Wuchse gewesen, mit schönen Augen, großer Nase, krausem Haar, schwarzem Barte, gelblicher Gesichtsfarbe, langen Fingern u. ähnlich seiner Mutter. In späterer Zeit in den langwierigen Bilderstreiten waren es vorzugsweise die Christus- u. Marienbilder, gegen die man eiferte, weil dadurch leicht Bilderdienst in die Kirche eingeführt würde. Eine große Schwierigkeit für die bildliche Darstellung Christi bot sich auch dar, als man anfing, in ihm den Gottmenschen zu sehen u. seine zwei Naturen in den Bildnissen ausgedrückt wissen wollte. Die menschliche Seite Christi darzustellen war schon der Kunst möglich, aber die göttliche Seite schien für die irdische Kunst undarstellbar. Daher drangen die Kaiser des 8. u. 9. Jahrhunderts auf gänzliche Abschaffung der Bilder; erfuhren aber vielen Widerstand, bes. von den Bischöfen u. Mönchen. Erst die Kaiserin Theodora erklärte den Bilderdienst auf einer Synode zu Constantinopel (842) nicht nur für erlaubt, sondern auch für die Pflicht jedes Christen. Noch jetzt wird zum Andenken daran jährlich der erste Fastensonntag als Sonntag der Rechtgläubigkeit feierlich begangen. Erst in der Reformationszeit brach von Neuem der Eifer gegen die Bilder aus, demselben wurde aber durch Luther gesteuert; Letzterer, so wie Calvin, dachten in diesem Punkte sehr gemäßigt. Die schönsten Gemälde Christi sind von Fiesole, Leonardo, Rafael, Cornelius u. Schlotthauer; die besten Sculpturen von Dannecker u. Thorwaldsen. Wunderthätige Ch., deren bei weitem weniger als Marienbilder existiren u. die größtentheils byzantinischen Ursprungs sind, stammen aus dem 11. u. 12. Jahrh. u. werden unter dem Namen Acheiropoieta (d.h. die nicht von Menschenhänden gemacht sind) in mehreren Kirchen Italiens aufbewahrt; sie sollen von Engeln gemalt sein. Vgl. H. Alt, die Heiligenbilder etc., Berl. 1845.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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