- Epikūros
Epikūros, 1) Sohn des Neokles, aus Gargettos bei Athen, geb. 342 v. Chr.; hörte den Grammatiker Pamphylios u. studirte die Schriften des Demokritos u. gründete, nachdem er zu Mitylene u. seit 310 zu Lampsakos gelehrt hatte, 305 zu Athen eine philosophische Schule, im Gegensatz zu der stoischen; die Versammlungen derselben waren in einem Garten, welchen E. auch seinen Nachfolgern hinterließ (daher Gartenphilosophie od. Epikureische Gärten). Er st. 270, u. am 20. jeden Monats versammelten sich seine Schüler in dem Erbgarten, um daselbst ein heiteres Fest zu feiern, wozu E. ihnen die Mittel durch ein reiches Legat bestimmt hatte. Er schrieb viel, erhalten sind aber nur die Briefe bei Diogenes Laërtios (bes. herausgeg. von I. G. Schneider, Lpz. 1813), u. einige physikalische Fragmente (von Carl Rossini in Herculanum gefunden, herausgeg. von Orelli, Lpz. 1818). Vgl. Warnekros, Apologie u. Leben Epikurs, Greifsw. 1795; K. Batteux, Epikurs Moral, aus dem Französischen von Bremer, Mitau 1774, Halberst. 1792. Obgleich E. sich für einen Autodidakten erklärte, so hing[798] er doch in der Ethik den Kyrenaikern, in der Physik dem Demokrit an. Die Philosophie war ihm ein wirksames u. vernünftigen Gründen gemäßes Streben nach Glückseligkeit durch Überlegung u. Reflexion; er nahm nur 2 Theile der Philosophie, Physik u. Ethik, an; denn die an die Stelle der Logik gesetzte Kanonik galt ihm nur als Propädeutik zu jenen beiden Theilen. Er nahm die Sinne u. die von denselben abhängigen Vorstellungen als ursprüngliche Kriterien der Wahrheit; Vorstellungen entstehen ihm aus der öfteren Wahrnehmung der, aus den wahrgenommenen Gegenständen ausströmenden u. sich zu Bildern zusammensetzenden Theilchen; was nicht auf sinnlicher Wahrnehmung beruht od. durch dieselbe widerlegt wird, ist falsch; durch die wahrgenommenen Gegenstände werden die Gefühle, die Kriterien beim Begehren u. Verabscheuen, erregt; unserer Natur angemessene heißen Vergnügen, derselben widerstreitende heißen Schmerz. Alles ist aus Atomen zusammengesetzt; diese bewegten sich von Ewigkeit in dem unendlichen Raume (Apeiria) gleichgeschwind abwärts u. senkrecht; durch zufällige Abweichung der Atome von diesem Gesetze entstanden die Körper u. Welten. Auch die Seele ist aus Atomen zusammengesetzt, bes. aus Feueratomen, den feinsten u. rundesten; sie ist vergänglich. Nur die Götter, mit Vernunft u. feinsten Körpern begabt, sind unvergänglich; sie leben ein ewiges u. seliges Leben in den Zwischenwelten (Metakosmia), ohne Sorge für Schöpfung u. Erhaltung der Welten u. der Menschen. Das höchste Gut für den Menschen ist der Genuß ohne Thätigkeit u. das gänzlich von Unruhe u. Schmerz freie Vergnügen der Seele; Weisheit besteht daher in dem einzigen Bestreben nach diesem Vergnügen, u. der Genuß dieses Vergnügens macht die größte Glückseligkeit (Eudämonie) aus. Die Übel werden nur durch die eigenen Gedanken erzeugt, namentlich durch den Glauben an eine Weltordnung, welche von den Göttern erhalten u. dadurch in das Menschenleben eingewirkt wird, u. an Unsterblichkeit, daher die Philosophie von diesem Aberglauben befreien müsse. Die Anhänger seiner Philosophie (Epikureische Philosophie, Epikureismus) hießen Epikureer. Unter den Griechen sind die bekanntesten Epikureer: Metrodoros, Timokrates, Kolotes, Polyänos u. Leonteus mit seiner Gattin Themisto, die Hetäre Leontion, Polystratos, Apollodoros, Zeno von Sidon, Diogenes Laërtios, Phädros u. Philodemos von Gadara. E-s Schule dauerte lange ohne bedeutende Veränderung fort. Unter den Römern fand der Epikureismus viele Anhänger (als die ersten werden Catius u. Amasanius genannt), weil es sich leicht u. bequem nach demselben leben ließ, u. weil er den Neigungen keine Gewalt anthat, Furcht u. Aberglauben entgegenwirkte, aber auch Frivolität beförderte. Wenige zeichneten sich unter ihnen als philosophische Köpfe aus, u. diese Wenigen, wie Lucretius, gingen keinen Schritt über das System ihres Anführers hinaus. Die Schule des E. erhielt sich unter vielfachem Widerspruch gegen den Materialismus u. Atheismus seines Systems von Seiten seiner Gegner, dennoch bis ins 3. u. 4. Jahrh. n.Chr. u. zum Theil noch länger. 2) Überhaupt Lebemann, der in sinnliche Genüsse das einzige Lebensglück setzt; daher Epikureisch, sinnlich, wollüstig; 3) Schimpfwort bei den Juden, liederlicher Mensch, od. Ketzer.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.