- Fechtkunst
Fechtkunst, die Kunst, Hieb- u. Stoßwaffen geschickt zu gebrauchen, sowohl zum Angriff, als zur Vertheidigung. Man hat daraus, daß im wirklichen Gefecht meist in anderer Weise verfahren wird, als beim Erlernen der F., herleiten wollen, daß dieselbe wenig praktisch sei, doch hat man dabei übersehen, daß der wesentliche Nutzen der F. in der schnelleren Entwickelung jener moralischen Eigenschaften besteht, welche im Verein mit der völligen Herrschaft über alle Bewegungen des Körpers u. der Waffen, den Sieg über einen minder ausgebildeten Fechter unzweifelhaft machen. Schon im Alterthum, mehr noch in der mittelalterlichen Zeit des Ritterthums, stand die F. in hohem Ansehen, die Erfindung u. Anwendung der Feuerwaffen raubte ihr dasselbe. Erst zu Ende des 16. Jahrh. kam die F. wieder zu Ehren u. fand zunächst in Italien wissenschaftliche Behandlung, bald auch bei den Franzosen u. Spaniern, 100 Jahre später auch bei den Deutschen. Die neuere F. zerfällt in das Fechten mit Seitengewehren (Stoß- u. Hiebwaffen),[148] mit dem Bajonnetgewehr u. mit der Lanze. Das Fechten erfolgt gewöhnlich in Gängen, nach deren Verlauf ein Moment der Ruhe zur Erholung eintritt; es wird von Fechtmeistern, meist auf besonderen Fechtböden erlernt, wobei der Körper durch verschiedene Geräthe, Fechthandschuhe, Bruststücke, Hutben, Binden u.a.m. gegen Verletzungen geschützt wird.
I. Stoßfechten. A) Das Stoßrappier (Fleuret), womit man das Fechten auf den Stoß erlernt, besteht in einer 32 Zoll langen, vierkautigen Klinge, vorn anstatt der Spitze mit einem eisernen, mit Leder umwundenen u. überzogenen Knopf (Ballen); u. dem Gefäß, letzteres aber aus einem Griff, durch dessen Knopf die Angel der Klinge durchgeht u. eingenietet ist, u. dem, mit einer Parirstange verbundenen, tellerartigen, etwa 3 bis 4 Zoll im Durchmesser haltenden Stichblatte od. einem einfachen Bügel. Die Klinge wird in 4 gleiche Theile getheilt: das 1. Viertel, vom Stichblatte an gerechnet, ist die ganze, das 2. die halbe Stärke (beide zusammen Parirung); das 3. Viertel ist die halbe, das 4. die ganze Schwäche. An der inneren Seite der Klinge liegt man mit dem Gegner, wenn die Klinge nach des Gegners rechter, an der äußeren Seite Aber, wenn sie nach des Gegners linker Seite zu von dessen Klinge gesperrt ist. Das erste Anlegen der Klingen an einander heißt Binden. Die Stelle, wo beide Klingen einander be. rühren, heißt die Mensur; sie ist eng, wenn man mit der Stärke der eigenen Klinge die Schwäche des Gegners berührt; natürlich od. mittlere, wenn die Mitten beider Klingen sich berühren, od. wenn die ganze Schwäche die halbe Schwäche des Gegners berührt. Geht man aus einer weiteren in eine engere Mensur, so heißt dies: in die Mensur rücken, od. avanciren; das Gegentheil heißt: die Mensur brechen, od. retiriren. Die Stellung des Körpers (Auslage) beim Stoßfechten nach deutscher Art ist: der rechte Fuß vor den linken gesetzt, der Oberleib vorgebogen, so daß die Schwere des Körpers auf dem rechten Fuße ruht, die linke Hand verwendet vor die Brust gehalten, der rechte Arm gerade ausgestreckt; nach französischer Art dagegen der Oberleib nicht vorgebogen, der rechte Arm leicht gekrümmt, die Faust etwas höher als die Hüfte, die Klinge etwas gehoben, der linke Arm ist aufwärts über die Schulter erhoben. Das Stoßrappier faßt man fest am Griff an, aber doch so, daß nicht durch zu festes Halten die Bewegungen der Faust gehindert werden; den Zeigefinger legt man etwas gekrümmt längs der einen Seite der Parirstange, den Daumen aber setzt man an die andere Seite derselben, senkrecht mit dem Stichblatte, welches er noch berühren muß. Die Franzosen legen sich oft auch in Hochquart mit hoher Faust u. tiefer Klinge (Cercle) zur Quartfinte aus. B) Die Bewegungen, in welchen gestoßen u. parirt wird, sind: Second, wo die Knöchel der Hand oben, die Finger unten liegen; Terz, ganz wie Second, nur daß hier die Faust tiefer liegt, als die Klinge, mit welcher der Arm beinahe einen rechten Winkel bildet; Quart, wo die Knöchel der Hand unten, die Finger oben liegen; halb Terz, halb Quart (Halb Quart), das Mittel zwischen Terz u. Quart. Um den Gegner mit der Spitze der Klinge zu treffen, ist ein Stoß erforderlich, nämlich ein Vortreten des rechten (Ausfall) u. Feststehen des linken Fußes, wobei der rechte Arm u. das linke Knie gestreckt, das rechte Knie aber noch mehr, als in der Position, gebogen wird. Der Stoß muß stets während des Durchgehens, indem man sich mit der Klinge unter dem Stichblatte des Gegners herumbewegt, gemacht werden. Er geschieht großentheils nach einer etwa 3 Zoll im Durchmesser haltenden Stelle der Brust. da, wo sich das Armgelenk von der Brust trennt. C) Die Stöße selbst werden eingetheilt in flüchtige od. degagirte, mit Umgehung der feindlichen Klinge, feste od. einfache, welche, indem Arm u. Klinge beinahe einen rechten Winkel bilden, an der Klinge des Gegners, von der Stärke nach der Schwäche zu gestoßen werden; s. unt. G); Attakirstöße, wozu die flüchtigen Stöße am anwendbarsten sind; sie werden in eine durch die Lage des Gegners schon vorhandene, od. in eine solche Blöße gethan, welche man sich selbst verschafft hat; u. Na chst öße, welche allemal nach einer Parade folgen, u. wozu feste Stöße mit mehrerem Vortheil angewendet werden; Tempostöße (Stöße à tempo), feste Stöße, welche, indem der Gegner stößt, gethan werden u. zugleich als Parade dienen, vgl. unten. Unregelmnäßige (Sau-) Stöße, die nicht rein gestoßen werden, od. nach Theilen gehen, wohin eigentlich keine Stöße gerichtet werden, z.B. nach den Füßen. D) Die Blößen (nicht gedeckte Stellen des Körpers), welche det Gegner uns nach seiner rechten Seite zu gibt, heißen äußere, die nach der linken Seite innere; die zu den oberen Stößen obere, die zu den unteren Stößen untere Blößen. Die Blöße sei, welche sie wolle, so kann sie, nach Maßgabe der Lage des Armes, eine enge, od. eine weite sein; in die erstere werden feste, in die letztere flüchtige Stöße gethan. Eine verstellte Blöße, um den Gegner zu gewissen Stößen zu verlocken, heißt Chiamate. E) Die Bewegung, durch welche man mittelst der Klinge einen Stoß des Gegnes von sich abwendet, heißt Parade u. die Ausübung dieses Abwendens Pariren. Die Paraden werden durch die Stöße des Gegners bedingt, stets mit der vollen Stärke der Klinge ausgeführt, u. wenn möglich, mit einem Nachstoße verbunden. Eingetheilt werden die Paraden in: kurze od. einfache, gegen feste Stöße (Second-, Terz- u. Quartparaden, innere, äußere, hohe u. tiefe), u. inweitläuftige, gegen degagirte od. fintirte Stöße (Zirkel- u. Cavationsparaden); die Parade kann von einer Volte, d.h. einem Viertelsprung seitwärts, begleitet werden, wodurch der Parirende sich eine starke Blöße zum Nachstoß auf den Gegner schafft. Wenn man die Stöße des Gegners so parirt, daß seine Klinge längs der eigenen hinabgleitet, so heißt dies Ablaufen der Klinge. F) In der F. hat jede Bewegung ihre Gegenbewegung (Contrelection). Wenn der Gegner wenig. od. gar keine Blöße gibt, so muß man sich dieselbe zu verschaffen suchen. Dies geschieht a) durch das Stringiren, Streichen längs der feindlichen Klinge, um eine seitliche Abweichung derselben zu erreichen; b) durch das Battiren, Schlag auf die feindliche Klinge; c) durch das Winden um die feindliche Klinge, wobei man mit der Stärke des Gegners Schwäche erfaßt u. einen ganzen Zirkel beschreibt; d) durch Finten, wo man den Stoß, den man zeigt, nicht thut, sondern, wenn der Gegner sich hierdurch zur Parade hat verleiten lassen, mittelst einer schwungartigen Bewegung der Klinge wieder zurückkehrt u. in die entstandene [149] Blöße stößt. Dies heißt eine einfache Finte; eine doppelte entsteht, wenn man aus der zweiten Bewegung wieder in die zuerst gemachte zurückgeht u. dort stößt. Die Finten theilt man in aa) innere, welche in einer von dem Gegner vorher angewendeten, inneren Halbquartparade ihren Grund haben; u. bb) äußere, welche aus einer vorhergegangenen äußeren Quartparade des Gegners entspringen. Eine Art von Finten sind die unregelmäßigen. Man macht die erste od. zweite schwungartige Bewegung der Klinge nur bis unter die Mitte vom Stichblatte des Gegners, geht wieder zurück u. stößt. cc) Die Streichfinte ist ein, von des Gegners Schwäche nach seiner Stärke zu gemachter Strich. Die beste Art, Finten zu pariren, ist das Greifen nach denselben, indem man der Schwäche des Gegners nachgeht. Entwaffnen (Desarmiren) kann man den Gegner a) durch Battiren, wobei der Schlag (Battute) so zu führen ist, daß er die ganze Schwäche der feindlichen Klinge trifft; od. b) durch Ligiren, einen gewundenen Terzhieb, der mit voller Kraft die Schwäche von des Gegners Klinge an der äußeren Seite faßt; od. c) indem man auf den Gegner zuspringt, ihn mit der linken Hand an der rechten Hand faßt u. ihm den Degen mit dem seinen aus der Hand drückt. Das Avanciren, welches immer nur mit einer Parade geschehen darf, od. indem man die Klinge des Gegners stringirt, ist einfach, wenn man. blos den. linken Fuß an den rechten ansetzt, doppelt, wenn man den rechten Fuß vorher vorsetzt u. dann erst den linken anzieht. Retiriren ist, wenn man den rechten Fuß anzieht u. dann den linken in die gehörjge Entfernung zurücksetzt. Traversiren heißt, wenn man seitwärts ausfällt, welches bei der Terz vorzüglich ist. Voltigiren heißt, den linken Fuß so weit hinter den rechten schlagen, daß man mit dem Gegner, welcher traversirt hat, wieder in eine gerade Lage kommt. Conniviren, den Gegner durch einige Schritte seitwärts eine Blöße zu entlocken suchen. G) Die Stöße selbst nun sind: a) Flüchtige Stöße: aa) Quart u. Second über den Arm. Blöße: Wenn der Gegner an der inneren Seite der Klinge mehr links als rechts liegt. Sie wird gestoßen, indem der Degen um den des Anderen herumgeht u. über demselben in Quartbewegung auf den. Gegner stößt; Paraden: mit Quart parirt, Terz nachgestoßen; Contrelection: einfache äußere Finte, flüchtige innere Quart gestoßen. Auf die innere Seite cavirtparirt, Quart forcée nachgestoßen; C. L.: einfache äußere Cavationssinte, Quartüber den Arm nachgestoßen. Mit hoch Second parirt (in hoch Second verfallen), Second unter dem Arm nachgestoßen; C. L.: entweder eine Finte aus Quart in Second u. Second unter den Arm, od. sogleich gegen das Verfallen Terz gestoßen. Man verfällt mittelst der Cavation in Quart u. stößt Quart coupée nach; C. L.: Quart coupée mit gestoßen. bb) Quart u. Second inwendig. Blöße: wenn der Gegner an der äußeren Seite der Klinge mehr rechts als links liegt. Sie wird gestoßen, indem man in Quartlage gerade hineinstößt; Paraden: mit Quart parirt, Quart forcée nachgestoßen; C. L.: innere einfache Finte, Quart od. Second über den Arm gestoßen. Nach außen cavirtparirt, Terz nachgestoßen; C. L.: innere, einfache Cavationsfinte, innere Quart, od. Second gestoßen. In Quart verfallen, Quart coupée nachgestoßen; C. L.: innere Quart od. Second gezeigt u. Quart coupée od. sogleich gegen das Verfallen Quart revers gestoßen. Mit der Cavation in Second verfallen. u. Second unter den Arm nachgestoßen C. L.: Second unter den Arm mit der Cavation od. Terz gegen die Cavation. Coupéestöße (coupirte Stöße) nennt man, wenn man aus Hochquart od. Hochsecond in untere Quart od. Second, am Stichblatt des Gegners vorbei, übergeht u. stößt; daher Coupiren, diese Bewegung machen. cc) Second unter den Arm. Blöße wenn der Gegner an der äußeren Seite mit etwas hoher Klinge in Second liegt; gestoßen, indem die Faust etwas gesenkt wird, so daß der Stoß etwas von unten geschieht; Paraden: mit halb Quart ausgehoben, Quart forcée nachgestoßen; C. L.: einfache Secondsinten, Second über den Arm gestoßen. Mit verhangener Second, Quart über den Arm nachgestoßen; C. L.: einfache Secondfinte, Second über den Arm gestoßen. Mit der Cavation in hoch Second, Second unter den Arm nach; C. L.: Second unter dem Arm mit od. Terz gegen die Cavation. Mit tiefer Faust u. hoher Klinge in Second rechts ausgewunden, Quart coupée nach; C. L.: Second unter den Arm gezeigt, um des Gegners Klinge herumgegangen u. Terz gestoßen, od. eine Finte aus Second in Quart u. Quart coupée gestoßen. In Second ablaufen lassen u. Second unter den Arm nachgestoßen; C. L.: Second gezeigt, übergehoben u. dennoch Second unter den Arm gestoßen. dd) Quart coupée. Blöße: wenn der Gegner an der inneren Seite der Klinge mit etwas hoher Faust in Quart liegt, gestoßen; Paraden: mit halb Quart ausgehoben, Quart revers nach; C. L.: Quark colupée nur gezeigt u. in die mit dem Ausheben verbundene Blöße Quart über den Arm gestoßen. In Second ablaufen lassen u. Second unter den Arm nach; C. L.: Quart coupée nur gezeigt, übergehoben u. Second unter den Arm gestoßen. In Second ausgewunden, Quart coupée nachgestoßen: C. L.: entweder Quart coupée gezeigt, übergehoben u. dennoch Quart coupée gestoßen, od. um des Gegners Klinge gegangen u. Terz gestoßen. Mit verhangener Second, Quart über den Arm nach; C. L.: Quart coupée nur gezeigt, in Quart übergehoben, Quart über den Arm gestoßen. b) Feste Stöße: aa) Terz. Blöße: wenn der Gegner an der äußeren Seite der Klinge mit etwas tiefer Faust in halb Quart od. in Quart liegt. Sie wird gestoßen, indem man mit der ganzen Stärke der Klinge die ganze Schwäche des Gegners an der äußeren. Seite in Terz packt u. dannmit tiefer Faust u. hoher Klinge, die Klinge des Gegners niederdrückend, auf derselben hinauf stößt. Paraden: in Second ablaufen lassen u. Second unter den Arm nach; C. L.: Terz gestrichen, Second unter den Arm gestoßen. Nach innen cavirt-parirt, Quart forcée nach; C. L.: Terz nur gezeigt u. mit der Cavation Quart über den Arm gestoßen. Mit angezogenem Arme in Quart parirt, Terz nach; C. L.: Terz nur gestrichen, flüchtige innere Quart od. Second gestoßen. bb) Quart forcée. Blöße: wenn der Gegner an der äußeren Seite der Klinge mit etwas tiefer Faust in halb Quart od. in Quart liegt. Sie wird gestoßen, indem man die Klinge des Gegners[150] an der einen Seite in Quart packt u. mit hoher Faust u. tiefer Klinge hineinstößt. Paraden: mit halb Quart u. Quart forcée, od. Quart revers nach; C. L.: von der Klinge abgegangen, Quart über den Arm gestoßen. Nach außen cavirt-parirt, Terz nach; C. L.: Quart forcée gezeigt u. mit der Cavation flüchtige innere Quart gestoßen. In hoch Quart verfallen, Quart forcée nach; C. L.: Quart forcée gestrichen, Quart coupée gestoßen. Mit der Cavation in Second verfallen, Second unter den Arm nach; C. L.: Second unter den Arm mit gestoßen, od. Terz gegen die Cavation. cc) Quart revers. Blöße: wenn der Gegner an der äußeren Seite der Klinge mit etwas hoher Faust u. tiefer Klinge in Quart liegt. Sie wird gestoßen, indem man die Klinge des Gegners an der inneren Seite in Quart packt u. unter dem Arme desselben mit tiefer Faust u. hoher Klinge hinaufstößt.
II. Hiebfechten. A) Das Lehren desselben geschieht mittelst des Säbels od. Haurappiers. eines zweischneidigen, geraden, jedoch stumpfen Degens, der in ein glockenförmiges Gefäß (Glocke) mit einer Parirstange in einen Bügel od. auch in einen Korb mit Sförmigen Seitenstangen eingelassen ist. Mensur u. Eintheilung der Klinge wie beim Stoßfechten. B) Die Position (Positurlage) ist so, daß der rechte Fuß etwas vorwärts u. etwa um eine Elle seitwärts vom linken zu stehen kommt, der Körper vorgebogen, der rechte Arm vorgestreckt, der linke auf den Rücken gelegt ist. Die Auslage ist bei weiter Mensur eine hohe, d.h. die Klinge liegt ziemlich in Verlängerung des horizontal ausgestreckten Armes, nur die Spitze ist etwas gehoben, Bügel u. Korb decken die Hand. Die hohe Auslage ist zu Pferd allein anwendbar, daher beim militärischen Hiebfechten üblich; die verhängte Auslage (Spitze des Schlägers nach unten) setzt eine enge Mensur voraus u. ist meist bei Studenten in Brauch. C) Die Bewegungen sind dieselben, wie in dem Stoßfechten, nur daß hier noch Prim hinzukommt, wo die Knöchel der Hand nach der linken, die Finger nach der rechten Seite zu stehen. D) Ein Hieb ist ein Schnitt, womit man den Gegner treffen will. Jeder Hieb wird mit dem Handgelenk, nie aber mit dem ganzen Arm gemacht. Die Säbelhiebe werden mit leicht gekrümmtem Arm geführt, weil die Klinge vom Fechter nachgezogen werden muß, um zu schneiden. Wird über die Klinge des Gegners gehoben, so muß man weder zu früh, noch zu spät, sondern während des Überhebens in die Bewegung changiren, in welcher man hauen will; auch muß die Schneide der Klinge immer genau nach dem Gegner gerichtet sein, damit man nicht flach haue. Der rechte Fuß wird erst mit dem Hiebe zugleich vorgesetzt. Nie darf man sich verhauen, d.h. so hauen, daß der Gegner eine Blöße erhält, welche man nicht sogleich wieder decken kann. E) Die Hiebe sind kurz od. voll, letztere mit Bogen gehauen, am wirksamsten; außerdem unterscheidet man einfache, sintirte, Nach- u. Doppelhiebe. Die einzelnen Hiebe sind: a) Untere Hiebe an der äußeren Seite der Klinge: aa) Prim, geht nach der unteren Seite des Arms, in der engen Mensur nach der Brust; bb) Terz, in die rechte Seite; cc) Terz, nach dem rechten Beine (äußerer Kniehieb). b) Obere Hiebe an der äußeren Seite der Klinge: aa) Halb Terz, halb Quart (Winkelquart), auf die Mitte des Kopfes, auf die Schulter u. den Arm; bb) obere Terz, nach der rechten Seite des Kopfes; cc) Terz, nach der rechten Seite des Oberarms; dd) Terz, nach dem Vorderarm u. der Hand (Fingerterz). c) Untere Hiebe an der inneren Seite der Klinge: aa) Quart, nach dem Unterleibe; bb) Quart, nach dem rechten Bein (innerer Kniehieb); cc) Polnische Quart, nach der unteren Seite des Arms u. nach dem Unterleibe. d) Obere Hiebe an der inneren Seite der Klinge; aa) Obere Quart, nach der linken Seite des Kopfes; bb) Quart, nach der Brust u. nach der linken Seite des Oberarms; cc) Quart, nach der linken Seite des Vorderarms u. der Hand. Jeder Hieb wird durch die Lage der Klinge u. die Faust des Gegners, u. die mit derselben verbundenen Blöße bestimmt. F) Das Pariren eines Hiebes ist ein Einsetzen der Faust u. Klinge in die Linie, in welcher der Gegner haut. Es muß mit der Stärke der Klinge immer mit der Schärfe, so eng wie möglich u. mit gestrecktem Arm geschehen, ohne daß man der Klinge des Gegners entgegenschlägt. Es werden steile od. verhängte Paraden angewendet, letztere begünstigen den Nachhieb. Parirt werden die Hiebe. folgendermaßen: G) Auf jede Parade folgt ein Nachhieb. a) Die äußeren unteren Hiebe: aa) Prim, mit quer vorgesetzter Second; Nachhieb: Terz nach der rechten Seite des Kopfes, nach der Schulter od. am Arm; bb) Terz, in die rechte Seite od. nach dem rechten Beine, mit verhangener Second; Nachhieb: wie bei der Prim. b) Die äußeren oberen Hiebe: aa) Winkelquart, mit etwas tiefer Faust u. hoher Klinge in Terz; Nachhieb: obere od. untere Quart, od. auch untere Terz; bb) Terz nach der rechten Seite des Kopfes, des Oberarms od. des Vorderarms u. nach der Hand; Pariren u. Nachhiebe: wie bei der Winkelquart. c) Die inneren, unteren Hiebe: aa) Quart, nach dem Unterleibe u. nach dem Beine; mit verhangener halb Second, halb Prim; Nachhieb: Winkelquart. Mit verhangener Quart; Nachhiebe: entweder obere Quart od. Prim. Mit halb Terz, u. zwar mit tiefer Faust u. hoher Klinge; Nachhieb: obere Quart; bb) Polnische Quart, mit halb Terz, mit tiefer Faust u. hoher Klinge; Nachhieb: obere Quart. d) Obere Quart: aa) Nach der linken Seite des Kopfes, mit tiefer Faust u. hoher Klinge mit Quart; Nachhiebe: obere od. untere Terz, od. untere Quart; bb) nach der Brust u. dem Arm, mit noch tieferer Faust u. hoher Klinge mit Quart; Nachhiebe: wie bei aa) H) Um sich Blößen zu verschaffen, wendet man an: a) Das Vorhauen, eine Art Battute, ist ein von der Schwäche nach der Stärke des Gegners geführter halber Hieb; C. L.: man läßt die Klinge etwas sinken. b) Die Finten. Man zeigt die Bewegung eines Hiebes, geht aber, wenn der Gegner parirt, wieder über u. haut in die neue Blöße. Die Eintheilung der Finten wie bei dem Stoßfechten; C. L.: nach jeder Bewegung der Finte gegriffen c) Kreuzhiebe entstehen, wenn der Gegner eine Finte parirt hat u. man noch eine fintenähnliche Bewegung macht, überhebt u. in die neue Blöße haut. d) Die Streichfinte, ein von der Schwäche nach der Stärke des Gegners gemachter Druck; C. L.: wie bei den einfachen Finten. e) Die Zirkelhiebe, wo man mit der Klinge einen ganzen Zirkel beschreibt u. dann an derselben[151] Seite haut, von welcher man ausgegangen ist; C. L.: man geht unter der Klinge durch u. hemmt auf diese Art den Zirkelhieb. f) Hiebe mit dem Tempo. Hier wird der rechte Fuß hinter den linken gesetzt u. der Unterleib so viel wie möglich eingezogen; C. L.: unten sintirt u. den obern Hieb, der nun folgen sollte, in ein Pariren verwandelt. g) Hiebe gegen das Tempo sind solche, welche gegen gemachte Hiebe des Gegners gethan werden; C. L.: an der inneren Seite mit gesenkter Faust u. hoher Klinge mit halb Terz, an der äußeren Seite mit Terz versetzt. h) Espadonhiebe, zwei auf einander folgende Zirkelhiebe, die mit einem an derselben Seite, von welcher man ausgegangen ist, gemachten Hiebe verbunden sind; C. L.: wie bei Zirkelhieben. Wenn das Fechten schulmäßig erlernt ist, so übt man sich in den Stößen u. Hieben, ohne daß ein Theil die vorgeschriebene Reichenfolge beobachtet (Contrafechten). Es ist hier auch das Traversiren erlaubt, wo man auf der Mensur einen halben od. dreiviertel Kreis um den Gegner beschreibt, um ihm eine Blöße abzugewinnen. Der Gegner bleibt stehen u. wendet sich nur ein wenig, od. traversirt mit, um dem Gegner stets das Gesicht zu zeigen.
III. Das Fechten auf Stoß u. Hieb zugleich (Rencontrefechten), eine Combination beider Fechtarten, je nachdem Stoß od. Hieb leichter anzubringen u. vorausersichtlich wirksamer ist, kann nur mit geraden Waffen stattfinden, ist aber seiner Unregelmäßigkeit halber längst verworfen worden.
IV. Das Fechten mit der Lanze ist ein Stoßfechten. Die Länge der Lanze macht ihre Handhabung verhältnißmäßig schwierig; gleichwohl gestattet sie ebenfalls die stete Verbindung von Stoß u. Parade u. umgekehrt. Man führt volle Stöße, durch Ausstrecken des Armes aus der Auslage, u. verkürzte Stöße, durch Heben des Armes in einer mehr der senkrechten genäherten Richtung, aus, letztere namentlich gegen einen dicht andringenden Infanteristen. Durch Schwingen der Lanze in horizontaler Richtung, wird Deckung nach rückwärts u. nach der Seite erzielt. Im Allgemeinen kann man jedoch annehmen, daß die Länge der Lanze den künstlichen Gebrauch sehr beeinträchtigt u. daß ihre Hauptanwendung im einfachen Stoße mit Anlauf liegt, wobei die Geschwindigkeit des Pferdes die Kraft des Stoßes bedingt.
V. Das Bajonnetfechten wird seit etwa 1840 bei mehreren, namentlich deutschen Infanterien kunstmäßig betrieben. Den ersten Anstoß dazu gab der sächsische Hauptmann von Selmnitz, welcher ein vollständiges System des Bajonnetfechtens reglementmäßig schuf, das zuerst fast allgemein Annahme fand. In Preußen folgt man seit mehreren Jahren dem System des Hauptmann Rothstein, in Hannover dem des Lieutenant von Linsingen. Auch bei dem Bajonnetfechten kann, wie bei allen Fechtübungen, der Nutzen nur in dem gründlichen Betreiben des Contrafechtens gesucht werden. Die Stellung des Bajonnetfechtens ist mit beiden Füßen rechtwinkelig zu einander, der rechte Fuß bleibt auf der Grundlinie, der linke ist einen Fuß weiter vorgesetzt; den Oberkörper dreht man in die Richtung des linken Fußes, die Kniee werden leicht gebogen. Das Gewehr wird von der rechten Hand am Kolbenhals, von der linken am Unterring umfaßt, der Kolben liegt an dem Schenkel des rechten Beines die Bajonnetspitze ist zur Kopfhöhe des Gegners erhoben. Statt dieser Stellung rechts kann auch Stellung links genommen werden, wobei die rechten u. linken Füße u. Hände ihre Functionen nur wechseln. Die Stöße werden ausgeführt, indem man ausfällt u. das Gewehr mit dem Arm kräftig vorschnellt. Wenn der Körper um den vorgesetzten Fuß nach vorn herumgeworfen u. mit diesem weiten Ausfall ein Stoß verbunden wird, so nennt man denselben Wurfstoß. Entgegengesetzt sind verkürzte Stöße, anwendbar im Gedränge, bei welchen der Kolben noch hinter die Auslage zurückgenommen u. nicht ausgefallen wird. Im Gegensatz zu dieser Methode gibt es nach von Rothstein nur Stöße oben u. unten (letzterer ein degagirter) mit beiden Händen, wobei der Ausfall durch einen Schritt vorwärts ersetzt wird; es soll hierdurch auch körperlich wenig kräftigen Leuten der Stoß erleichtert werden. Die Paraden werden nach oben, rechts, links u. unten ausgeführt; indem man das Gewehr der feindlichen Waffe entgegenstößt, u. zwar entweder mit der Lauf- od. mit der Ladestockseite; letzteres nach von Rothstein, damit der Lauf u. die Visirung geschont werden. Als Vorbereitung zum Contrafechten übt man außerdem das Stoßen nach aufgehängten Bällen, damit ein sicherer Stoß erlernt wird. Der Infanterist wird im Contrafechten gegen einen Infanteristen od. gegen einen Cavalleristen geübt, letzteres in der Weise, daß der Lehrer auf einer Erhöhung steht od. auf einem hölzernen Pferde sitzt u. von da aus Säbelhiebe u. Lanzenstöße führt. Als Schutzmittel gegen Verletzungen bei dem Einüben werden ein Küraß, starke Handschuhe u. Hüte mit Masken angelegt, die Bajonnetspitzen erhalten weiche Lederknöpfe, Vgl. Thibault, Académie de l'épée, ou secret du maniement des armes à pied et à cheval, Paris 1628; Meyer, Beschreibung der freien Kunst des Fechtens, 1670; A. F. Kahn, Anfangsgründe der F., Gött. 1734, u. Aufl. mit einem Anhange über die Kunst auf den Hieb zu fechten, Helmst. 1761; Gründliche u. vollständige Anweisung in der deutschen F. auf Stoß u. Hieb, Jena 1798; I. A. K. Roux, Theoretische u. praktische Anweisung zum Hiebfechten, Fürth 1803; I. W. Roux, Anleitung zur F., Jena 1807; I. G. I. Venturini, Die F. auf Stoß u. Hieb, u. Aufl. Hann. 1809; La Boissière, Art des armes, Par. 1815; I. A. K. Roux, Die deutsche F. (Stoßfechten), 2. Aufl. Lpz. 1817; A. Lüpscher u. Fr. Gömmel, Theorie der F., Wien 1820; Pönitz, Die Fechtkunst auf den Stoß, nach den Grundsätzen des Hauptmann von Selmnitz, Dresd. 1821; Werner, Die F. auf den Hieb, Lpz. 1825; I. Fougère, Die Kunst aus jedem Zweikampf lebend u. unverwundet zurückzukehren, aus dem Französischen, Lpz. 1829; Otto, System der Fechtkunst, Olmütz 1852; Fehn, Fechtschule; Seidler, Anleitung zum Fechten mit dem Säbel. u. Kürassierdegen; Nádosy, Equitationsschule; Selmnitz; Praktischer Unterricht in der Bajonnetfechtkunst Bern 1833; Linsingen, Handbuch des Bajonnetfechtens, Hann. 1854; Rothstein, Anleitung zum Bajonnetfechten, Berl. 1853.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.