Indigfärberei

Indigfärberei

Indigfärberei, die Kunst Garne u. Zeuge mit Indig blau zu färben, man bringt dabei entweder den reducirten Indig (Indigweiß), mit der Faser zusammen u. läßt ihn sich wieder oxydiren, echtes Indigblau od. Küpenblau, od. man vereinigt Indigblauschwefelsäure mit dem Zeuge: Sächsisch Blau. A) Man hat verschiedene Küpen: a) Warme od. Gährungsküpen u. zwar aa) Waidindigküpen; die Küpen sind von hölzernen Dauben, doch häufiger kupferne Kessel, deren unterer Theil 11/2 Fuß tief in die Erde eingegraben wird, u. um dessen oberen Theil eine cylindrische Mauer geführt ist, wodurch ein Zwischenraum (Küche) entsteht, in dem glühende Kohlen zur Erwärmung des [886] Kessels unterhalten werden können. Die Küpe darf nämlich nicht von unten geheizt werden, weil sonst der Bodensatz (Mark) aufgerührt u. die Flüssigkeit trübe u. den gefärbten Stoff fleckig machen würde. Selbst wenn die Küpe nicht heizbar ist, muß sie doch mit Mauerwerk od. andern schlechten Wärmeleitern umgeben werden, damit eine der eintretenden Gährung entsprechende Temperatur leicht erhalten werden kann. Die Gährung wird eingeleitet durch die der Küpe zugesetzte Kleie u. von ihr u. dem Waid unterhalten; die Gährungsproducte reduciren den Indig zu Indigweiß. Der Kalk zersetzt die durch die Gährung entstandenen Ammoniaksalze, deren Ammoniak das Indigweiß löslich macht; der Kalk kann aber auch die Gährung selbst mäßigen, indem er die gährungsfähigen Stoffe zum Theil niederschlägt, u. so hindert er die Zersetzung des Indigweißes bei zu lebhafter Gährung. Die im Waid u. Krapp enthaltenen blauen u. rothen Farbstoffe werden nebenbei mit für die Küpe gewonnen u. in sie aufgenommen. Der Kalk schlägt zugleich das Indigbraun u. den Indigleim nieder. In eine Küpe von 6 Fuß Tiefe u. 5 Fuß Durchmesser schüttet man 400 Pfund klar gemachten Waid, kocht in einem andern Kessel 30 Pfd. Wau drei Stunden mit Wasser, schüttet 20 Pfd. Krapp u. 1 Metze Kleie hinzu, läßt es eine halbe Stunde kochen, gießt dann kaltes Wasser hinzu u. schüttet die abgeklärte Flüssigkeit auf den Waid in der Küpe u. deckt sie zu; nach sechs Stunden Ruhe wird die Küpe eine halbe Stunde gerührt (gelüstet, in den Triebgebracht), u. nun geräth die Küpe in Gährung (arbeitet, treibt, kommt in Trieb), der weiße Schaum wird blau, es bildet sich die Blume (Blühen, Küpe hat eine gute Blume, bes. wenn der Schaum nicht sogleich wieder vergeht). Ist die Küpe angekommen, d.h. wird eine Tuchprobe od. ein Wollbüschel (Stahl) in der Farbe grün u. an der Luft hellblau (die Operation heißt Abstählen) u. hat sie somit den gehörigen Grad der Gährung erreicht, so wird sie mit 8–9 Pfd. gepulvertem Kalk versetzt (gebreitet, verschärft, gespeist), wodurch die früher grünliche mit blauen Adern durchzogene Flüssigkeit schwarzblau wird u. ammonikalische Dämpfe ausstößt; wenn diese sich zeigen, wird eine Quantität Indig zugesetzt, der auf der Indigmühle od. im Farbekessel (Reibekessel), abgerieben ist; hierdurch tritt das frühere grüne Ansehen der Farbe wieder ein, u. die Küpe steht gut, d.h. sie ist weder zu scharf, noch zu süß, u. nun schreitet man zum Eröffnen; nach dem Absetzen des Markes senkt man die Trift, d.i. ein Gitter od. einen Rahmen mit einem aus Seil geflochtenen Netze darauf, damit die zu färbenden Stoffe den Bodensatz nicht berühren, dann bringt man die erste Tracht Tuch od. Wolle in die Küpe u. arbeitet sie darin eine halbe Stunde lang durch, stets zwischen zwei Wassern, d.h. völlig untergetaucht. Die erste Tracht fällt in der Regel etwas grünlich aus; nach ihr kommt die Küpe erst in den regelmäßigen Gang, u. man kann nun täglich 3 bis 4 Trachten färben. Dabei verliert die Küpe an Gährungsmaterial Indig u. Kalk u. muß deßhalb zwischendrein gespeist werden (Meistergeben, Zusetzen); dies geschieht, wenn die Blauküpe nur noch wenige färbende Theile enthält u. die Waare entweder lange darin liegen muß od. nur hellblau gefärbt wird (Küpe gibt ein mageres Blau); Kalk gibt man jeden Abend unter Umrühren eine Kelle voll; Wasser aller drei Tage; Indig, Krapp u. Kleie erst nach einer Woche. So kann die Küpe mehrere Jahre lang fortgehen, muß aber, selbst wenn nicht aus ihr gefärbt wird, aller 3–4 Tage mit Kalk gespeist u. umgerührt werden. Unter Küpe führen versteht man, die Blauküpe längere Zeit in gutem Stand erhalten, so daß zu jeder Zeit daraus gefärbt werden kann; unter Küpe wird matt hingegen, wenn sie zu lange geführt worden ist, so daß sich der neu zugesetzte Indig nicht mehr gehörig auflöst; Küpe ausfärben ist das Entziehen aller färbenden Theile der Blauküpe durch fortgesetztes Färben; Küpe hat eine fette Lauge, wenn sie viel färbende Theile enthält. Krankheiten der Küpe: Hat die Waidküpe zu viel Kalk bekommen, so ist sie in Gefahr, scharf od. schwarz zu werden (Küpe wird fuchsig); sie wird statt blau immer mehr schwarz u. bekommt einen süßlichen Geruch (Scharfküpe); durch Hinzubringen von Weinstein, Krapp, Kleie u. Urin od. einer Mischung von Weizenkleie u. Färberröthe (Bibret), od. von Eisenvitriol, od. wenn man die Küpe alle drei Tage erwärmt u. dann ruhen läßt, kann der Fehler gebessert werden. Hat die Küpe zu wenig Kalk bekommen (Küpegehtsüß), so kann sie leicht durchgehen, d.h. es kann Fäulniß eintreten; es steigen dann, wenn man mit der Krücke hineinstößt, grauliche Schaumblasen auf, welche schnell zerplatzen (Zischen), die Flüssigkeit wird röthlich u. bekommt einen faulen Geruch; zeitig genug hinzugesetzter Kalk kann die Fäulniß hemmen. bb) Die Pottasche- od. Reinindigküpe: Man kocht in 900 Pfd. Wasser 6 Pfd. Pottasche, 3/4 Pfd. Krapp u. 6 Pfd. Weizenkleie, gießt alsdann 6 Pfd. mit Wasser sein abgeriebenen Indig dazu, u. unterhält 48 Stunden ein gelindes Feuer um den Kessel. Die Pottascheküpe ist theurer, aber weniger der Verderbniß unterworfen. cc) Urinküpe: Faulender Urin wird warm gemacht, abgeschäumt u. gereinigt, u. mit Indig allein od. mit Alaun u. Krapp angesetzt. Diese Küpe wird selten u. nur im Kleinen angewendet. b) Kalte Küpen, u. zwar aa) Vitriolküpe: Man löst 36 Pfd. Kalk in 3000 Pfd. Wasser, gießt, nachdem man die Farbe dunkel wünscht, 12–20 Pfd. Indigo dazu, dann löst man 30 Pfd. Eisenvitriol in 120 Pfd. Wasser u. gießt auch dieses in die Küpe, welche nun gelinde erwärmt wird. Bei einem Überschuß von Kalk wird wenig Farbe von den Zeugen aufgenommen (Küpe setzt schlecht auf); hat sie zu viel Vitriol, so ist sie leise u. gibt ein weniger echtes Blau. Die Vitriolküpe hat keine Schwierigkeiten in der Führung u. geräth auch im Kleinen gut. bb) Opermentküpe: Das Reductionsmittel ist hier Operment (Auripigment, Schwefelarsen). Als Küpe ist die Opermentküpe nicht mehr im Gebrauch, nur im Zeugdruck zu Schilder- u. Kastenblau. cc) Zinnsalzküpe: Ebenfalls für den Druck.

B) Das von dem Bergrath Barth in Großenhain 1740 erfundene Färben des Sächsischblau erfolgt mit Indigsolution od. Indigblauschwefelsäure (s.d. unt. Indig II. D) a) bb). In ein gläsernes Gefäß thut man 6 Theile concentrirte Schwefelsäure u. 1 Theil sein geriebenen Indigo, läßt dasselbe 24–48 Stunden bedeckt in gelinder Wärme stehen u. gießt dann das zur Verdünnung nöthige Wasser[887] hinzu. Um Wolle damit zu färben beizt man mit Alaun u. Weinstein; von ersterem auf ein Pfund Wolle etwa 6 Loth, von letzterem 1–11/2 Loth, alsdann wird dieselbe ausgewaschen u. in ein Bad, welches die gehörige Auflösung von Indigo enthält u. etwa 60° R. Temperatur hat, gebracht. Um Seide zu färben, weicht man dieselbe in heißem Wasser ein u. bringt sie später in ein mäßig warmes Bad, worauf sie ausgeklopft u. ausgewaschen wird. Das Sächsischblau wird auch zu Mischfarben (Grün, Grau, Olive) benutzt, namentlich zu Grün auf Baumwolle. – Man färbt nun a) in der Waidküpe Leinen, Baumwolle, Seide, vorzüglich aber Wolle, in Flocken u. im Tuch; sie liefert die glänzendsten u. haltbarsten Farben; wenn aber das Tuch im Stück gefärbt wird, so kann der Indig nicht so leicht eindringen u. deßhalb trägt sich das Blau z.B. an den Nähten mechanisch leicht ab; b) in der Pottascheküpe Wolle, Leinen, Baumwolle nur dunkelblau, weil sie weniger reine Töne liefert; Seide färbt man in ihr der Schnelligkeit wegen besser als aus der Waidküpe; die dunkelste Schattirung das Königs- od. Türkischblau bekommt die Seide, indem man sie durch ein Cochenille- od. Orseillebad durchnimmt, um ersteres zu erzeugen durch ein schwächeres, um letzteres durch ein stärkeres. Soll Baumwolle u. Leinen aus der Pottaschenküpe gefärbt werden, so kann man derselben auch Kalk zusetzen; in Frankreich dient sie bes. zum Färben der blauen Tücher u. gibt ihnen die dunkle, sanfte, angenehme Farbe, welche die Tücher von Louviers besitzen; c) in der Urinküpe Leinen u. Wolle; d) in der Vitriolküpe werden bes. u. fast ausschließlich Leinen- u. Baumwollengarn, sowie Leinen- u. Baumwollenzeuge gefärbt; um ersteres zu färben wird die Blume der Küpe jedes Mal abgenommen, weil dadurch das Eindringen des Bades verhindert u. Flecken verursacht werden; die Baumwollensträhne werden in reinem, mit etwas Pottasche versetztem Wasser abgekocht u. ausgewaschen, dann auf einen Stock gehängt u. 2–3 Mal durch die Küpe gleichförmig hin u. hergezogen; soll die Baumwolle etc. dunkelblau werden, so werden 3–4 an Stärke zunehmende Küpen angewandt u. dieselben zuletzt nochmals in einer stark gesättigten Küpe gefärbt, alsdann ausgerungen, gelüstet u. getrocknet; e) in der Opermentküpe u. f) in der Zinnsalzküpe seltener im Großen, mehr örtlich im Zeugdruck.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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