- Parvati
Parvati, 1) im Sanskrit so v.w. Gebirge, daher vorzugsweise 2) der Himalaya; 3) (ind. Myth.), die Gemahlin des Siwa. In so fern sie der Ausdruck für irgend eine bes. wirksame Kraft des Gottes ist, heißt sie Sakti; als Königin des Himala od. Meru, Haymawari; als die zuerst Gewordene u. die Allen Dasein u. Leben Gebende, Bhawani; als befruchtende Wärme, Uma; als Schöpferin, Karkyayini; die Schmerz u. Trauer Erregende, Rudrani; als die Zürnende, das Böse Strafende, Kali etc. Sie war als Bhawani die Mutter des Brahwäni, Wischnu u. Siwa, diese entstanden aus drei Blasen, welche sich beim freudigen Zusammenschlagen ihrer Hände bildeten; ihrem Schooße entfielen drei Eier, aus denen Wischnu, Brahma, Siwa hervorkamen. Auch Mutter der Sinnendinge war sie u. somit überhaupt die gebärende Naturkraft; deshalb auch Gattin des Zeugungsgottes Siwa. Das Weibliche wurde auch als das Feuchte gedacht, darum ist P. auch Ganga; sie ist ferner der Mond, dessen Kraft, von der Sonne befruchtet, erzeugend auf die Erde wirkt; auch die Geberin des Thaues u. aller befruchtenden Feuchte u. dadurch die Glückseligkeitsgeberin. Sie wird nun auch die irdische Liebesgöttin, Bräute, Unfruchtbare, Kreisende bringen ihr Opfer u. Gebete dar, Entbundene preisen die Helfende. Bhawani ist indessen auch die furchtbare Kali u. Bhadrakali, so wie ihr Gemahl auch der Vernichter u. Todsender ist. Als Kali findet man die Göttin am häufigsten in den Tempeln abgebildet, als Bhawani thront sie neben Siwa, auf einem Lotus sitzend, das Haupt mit Thürmen gekrönt, zwei Hände betend gefaltet u. in den anderen Bücher, Vasen, Muscheln. Blumen, Schwerter, Kränze, Früchte u. den Tschakra tragend. P. als Uma war die Tochter des Himavat, Königs der Berge, u. der Mera, der Tochter des Meru. 100 Götterjahre überließen sie sich nach ihrer Vermählung den Umarmungen, aber kein Sohn wurde ihnen geboren. Als die Götter dem Siwa vorstellten, daß das Weltall seiner in den Umarmungen der Uma entwickelten Kraft nicht mehr entrathen könne, ergoß sich seine zeugende Kraft über die Erde u. das Meer u. bildete das weiße Gebirge u. einen Wald, glänzend wie Feuer u. mit Zucker übergossen. Aber Uma, voll Zorn, daß Siwa sich ihr entzogen, sprach den Fluch aus über die Himmlischen, daß ihre Frauen ihnen nie Kinder gebären, u. über die Erde, daß sie nie in einerlei Gestalt erscheinen, die Frau vieler Herren sein u. keinen Sohn besitzen sollte. Da trauerten alle Himmlischen, u. Siwa ging mit P. auf die Westseite des Gebirges, welche Kälte u. Schnee erzeugte, u. widmete sich mit ihr strengen Büßungen. Siwa liebte die P. so sehr, daß er ihr die eine Hälfte seines Körpers zur Wohnung gab. Nach einer späteren Mythe theilte sie sich in zwei Wesen; die mildere Hälfte ging aus der rechten Seite hervor u. wurde die das Rechte schützende Durga, die andere war die Strafgöttin Kali, dargestellt schwarz, mit Flammen umgeben, mit 4, 8 u. 16 Armen, mit dem Dreizack u. anderen Symbolen ihres Strafamtes. Ihr Dienst ist sehr ausgebreitet u. blutig; Ziegen u. Büffelkälber werden ihr geschlachtet, sonst auch Menschen; sie ist Schutzgöttin der Thugs. Von Bhadrakali wird erzählt, daß sie durch die Kraft Wischnus aus Siwa zur Besiegung des Riesen[719] Darida hervorgegangen sei. Sie erschien mit acht Gesichtern, 16 Händen, furchtbaren Augen u. ungeheuren Hauzähnen, an Farbe schwarz, den Leib mit Schlangen umwunden, in den Händen Schwert, Dreizack, Schlüssel, Pfeile etc. Sie siegte über den Riesen u. Siwa befahl ihr, auf die Erde zu steigen u. die Verehrung der Menschen zu genießen. Hier vermählte sie sich in Malabar an einen Königssohn, blieb aber Jungfrau. Ihr Haupttempel ist die Pagode in Kranganor. Neben ihrer Bildsäule steht eine große männliche, welche jeden Tag von einem Braminen einige Hammerschläge auf den Kopf erhält, damit sie nicht größer wachse. Der gemeinschaftlichen Wirkung des Siwa u. der P. wird als Sohn zugeschrieben Kartikeya u. Ganesa.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.