Ragusa [1]

Ragusa [1]

Ragusa, 1) ehemals Republik, an das Adriatische Meer u. Dalmatien grenzend, hatte 36 QM., 60,000 Ew., mit aristokratischer Verfassung. Der Große Rath, aus allen Adeligen über 18 Jahr bestehend, hatte unumschränkte Gewalt, gab Gesetze etc., wählte auch den aus einem (monatlich wechselnden) Rector u. sieben Senatoren bestehenden Kleinen Rath. Der Adel theilte sich in die drei Rangklassen der Bolognesi, Salamanchesi u. der Sarbonesi, Letztere erst seit dem Erdbeben 1667 emporgekommen. Schutzherren waren nach einander die Türkei, Ungarn, Neapel, Venedig u. der Papst. Wappen: ein mit goldener Krone bedeckter silberner Schild mit drei schräg durchgehenden blauen Balken, darüber das goldene Wort: Libertas. Die Einwohner sind kräftig, geschickte Schwimmer u. gute Seeleute; sie tragen weite, gefaltete, bis an die Waden reichende Beinkleider u. wollene Strümpfe; die Brust umschließt ein buntes, mit Gold u. Silber gesticktes u. mit blinkenden Knöpfen, zuweilen auch mit Schnürwerk geziertes, besetztes Westchen; um den Unterleib wickeln sie einen Gürtel od. schmalen Shawl, in welchem das türkische Messer u. bei Wohlhabenderen auch ein Paar Pistolen stecken; zur Sommerszeit tragen sie kein Oberkleid, im Winter aber eine Art Spenzer; der Kopf ist bis auf einen, am Wirbel stehenden Haarbüschel glatt geschoren u. mit dem rothen Käppchen bedeckt. Alle haben eine Art buntfarbig gewirkten Shawl über die Schultern hängen, welcher vorn auf der Brust in einen zierlichen Knoten geschlungen ist; manche tragen auch zum Schutz gegen Wind u. Regen eine wollene Decke. Die weiblichen Trachten sind in jedem Districte verschieden, doch vor allen die schönsten trifft man bei den Mädchen von Sabioncello u. Canali. 2) Kreis im österreichischen Königreich Dalmatien, im Norden u. Osten von der Türkei, übrigens vom Adriatischen Meere umgeben; 24,81 QM., 52,000 Ew. Katholischer Confession, mit Slawonischer u. Italienischer Sprache; das Land hat wenig Holz, aber guten Wein u. führt vorzügliches Olivenöl aus; 3) (Dobronich, Dubrownik), Hauptstadt darin, am Adriatischen Meere u. am Berge Sergio, Festung, mit dem von den Franzosen errichteten aber unvollendeten Fort Imperiale auf dem Berge Sergio, Lorenzo, Laveroni, Lacrema, mit den Vorstädten Pille u. Ploce u. alten Befestigungswerken, von denen der Thurm Mincello das Hauptwerk ist; hat Schloß, Gouvernementspalast (jetzt Kreisamt, mit dem Denkmal des Michele Pruzzato), Sitz eines Bischofs, Dogana, Münzgebäude (jetzt Hauptmauth), Jesuitencollegium (jetzt Militärlazareth), Kathedrale, Basiliuskirche, Jesuitenkirche, mehre katholische u. griechische Kirchen, Piaristencollegium, mehre wohlthätige Anstalten, Gymnasium, Philosophisches Collegium, Theater, Fabriken in Seife, Leder, Tabak, Rosoglio, Tuch, Eisenwaaren, Seidenweberei, Schiffswerfte, ansehnlichen Seehandel, der Hafen ist eng u. durch das Fort S. Lorenzo gedeckt; der eigentliche Hafen der Stadt ist bei dem 1 Meile entfernten Gravosa od. Santa Croce; 5600 (sonst 40,000 Ew.). – R. ist das alte Rhausium od. Ragusium; es gehörte in dem Mittelalter zum Avarischen Reiche, machte sich dann unabhängig u. kriegte lange um seine Unabhängigkeit mit den Byzantinern u. den benachbarten Fürsten, erwarb die Eisenwerke Jacotina nebst anderen Gütern, wurde Handelsstadt u. der Sitz der ersten Slawischen Literatur. 980 wurde das Erzbisthum R. gestiftet. Im 11. Jahrh. erwarb R. sein späteteres Gebiet, wurde aber dem südslawonischen König Grubessa zinsbar, u. nachdem es seit dem 12. Jahrh. abwechselnd Venedig, den Byzantinern, Ungarn, Serbien u. Bosnien gehuldigt hatte, trat es 1526 unter türkische Hoheit u. zahlte als Republik dem Sultan Tribut, doch erkannte es auch den Deutschen Kaiser u. den König von Neapel an u. zahlte an Letzteren einen Tribut von zwölf Falken. Pest (1548, 1562) u. Erdbeben (1667) zerstörten den Flor des Ortes. Immer erregte ihr Schicksal Streitigkeiten zwischen der Pforte, Frankreich u. Österreich. Auf seinem Zuge gegen Ägypten erpreßte Napoleon 70,000 Ducaten von der Republik; 1806 besetzte Lauriston R., worauf die Pforte 1807 ganz auf die Oberherrlichkeit verzichtete. 1811 wurde R. mit dem Generalgouvernement Illyrien vereinigt, 1814 aber von den Österreichern besetzt u. kam mit Dalmatien an Österreich, bei welchem es geblieben ist. Im Septbr. 1843 u. April 1850 wurde es von Erdbeben heimgesucht. 4) R. Vecchia (Zaptat), Marktflecken ebenda, südlich am Eingange der Bai Breno; Hafen, Landhäuser der Ragusaner, Alterthümer; 5) Küstenfluß in der sicilianischen Provinz Noto, entspringt unweit des Monte Laura u. fällt ins Mittelmeer; 7) Stadt am Vor., mit vielen Kirchen u. Klöstern, Fabriken in Wollenwaaren; 22,450 Ew. In der Nähe werden in Berghöhlen Bienen gezogen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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