- Send [1]
Send (Heilige S., Sendgericht), 1) ursprünglich in Franken seit dem 8. Jahrh., dann in ganz Deutschland ein Gericht, welches Anfangs der Bischof, später der Archidiakonus od. ein Official (Gesandter, Missus) Namens einer Synode über die, welche sich eines Vergehens an den Feiertagen od. sonst gegen die Zehn Gebote schuldig gemacht hatten (Sendfällige), jährlich einmal hielt. Die Sendrichter (Sendherrn) waren der dirigirende Geistliche u. die Sendschöppen (Sendleute); die Sendbaren (Homines synodales), Leute von unsträflichem Leben, denen man auf das Wort glauben konnte u. welche vorher noch über die Reliquien des Heiligen vereidigt wurden die Wahrheit zu reden, mußten alle Sendfälligkeiten anmerken u. dann dem S. zur Untersuchung u. Bestrafung anzeigen (Sendrüge). Vor dem S. mußten sich aber unter Vermeidung des Banns Alle stellen, welche in dem Bezirk (Sendbann)[837] angesessen waren (Sendpflichtige, Sendverwandte), sie mochten sein, wer sie wollten; die Wenigen, gewöhnlich hohe Adlige, welche davon ausgenommen waren, hießen Sendbarfreie (vgl. Semperfreie). Das Verfahren war ganz summarisch. Zuweilen wurden auch noch die Handwerker u. andere geringere Leute unter einen eigenen S. des Erzpriesters gestellt, so daß nach dem bürgerlichen Stande der Personen eine dreifache Art von S. entstand. Zur nähern Fixirung der durch den S. zu erkennenden Strafen wurden vielfach mehr od. weniger genaue Pönitentialbücher, d.h. geistliche Strafgesetzbücher, verfaßt, deren Strafbestimmungen oft sehr hart waren. Im Nothfall hatte nach den Reichsgesetzen auch der weltliche Arm den S. mit bürgerlichen Zwangsmitteln zu unterstützen. Bald schlichen sich indessen in diesen Gerichten Mißbräuche ein, u. mehrfach mußten die Bischöfe zu Anfang des 16. Jahrh. die Sendrichter bedeuten, daß sie mäßige Forderungen machen sollten. Nachdem schon im 13. Jahrh. der S. im Hessischen durch den Bischof von Mainz auf Verlangen des Landgrafen aufgehoben worden war, vereinigte sich im. 16. der rheinische u. fränkische Adel dahin, sowohl selbst zu keinem S. mehr zu gehen, als auch ihren Nachbauern dies wo möglich nicht mehr zu gestatten, u. unter den von dem Convent zu Nürnberg 1522 u. 1523 an den Papst geschickten Beschwerden der deutschen Nation waren auch deren wegen der Bedrückungen, welche sich die Geistlichen bei den S-en gegen das Volk erlaubten, u. Bitten um Aufhebung des S-s. Nach der Reformation kam der S. ganz ab. Die Kirche hat zwar noch das Recht Vergehen wider die Religion, Moral u. kirchliche Zucht mit kirchlichen Strafen zu ahnden, allein dies Recht wird nicht mehr durch eigene Gerichte, wie die S-en waren, geübt u. die Strafen selbst tragen nicht mehr den strengen Charakter der früheren Kirchenbußen, sondern bestehen nur in Ermahnungen, Entziehung kirchlicher Ehrenvorrechte u. dgl. Die Verbrechen aber, deren Cognition sonst wegen ihrer besonderen Beziehung zur Kirche vielfach den S-en überlassen waren, wie Simonie, Kirchenraub, Ehebruch, Wucher etc. sind an die weltlichen Gerichte übergegangen. 2) So v.w. Convent (Synodus) in einem Kloster.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.