- Mikrometer
Mikrometer (v. gr.), Instrument, womit man Gegenstände von sehr kleinen Dimensionen messen kann. Da man aber letztere od. auch den Rand größerer Gegenstände nicht mehr mit unbewaffnetem Auge scharf genug sehen kann, so sind alle bessere M. entweder mit Fernröhren, wenn die Gegenstände weit entfernt sind, od. mit Mikroskopen, wenn sie sehr nahe stehen, versehen. Das M., wenn es A) mit einem Fernrohre verbunden werden soll, muß in dem Brennpunkte desselben aufgestellt werden. Abgesehen von einem Netz theils paralleler, theils sich kreuzender, im Brennpunkt des Objectivs ausgespannter seiner Fäden, deren Distanz nach Bogenmaß an der Himmelskugel für ein gewisses Ocular ein für allemal durch Beobachtung u. Brechung festgestellt sein muß, gehören als zu genaueren Messungen dienend, vorzüglich folgende M. hierher: a) Kreismikrometer, das einfachste M. Im Fernrohr befindet sich in der Nähe des Brennpunktes des Objectivs eine kreisförmig durchbrochene Blendung, welche am Himmel selbst für[251] den Beobachter einen Kreis begrenzt. Beobachtet man nun in der Ebene des Meridians für zwei in dasselbe Gesichtsfeld fallende Gestirne die Zeit des Ein- u. Austritts an den Rändern dieses Kreises, so kann man aus der Dauer der Zwischenzeiten die Längen der durchlaufenen Sehnen u. damit, wenn der Halbmesser des Kreises bekannt ist, den Abstand dieser Sehnen von einander, die also den Unterschied ihrer Declination bestimmen können; sind im Kreise noch senkrechte Fäden angebracht, so kann man aus der beobachteten Zeit des Durchganges durch diese zugleich die Differenz ihrer Rectascension bestimmen. Will man auch außer der Ebene des Meridians beobachten, so gibt man dem vorhin senkrechten Faden eine Stellung rechtwinkelig gegen die Ebene des Äquators. Damit der Halbmesser jenes Kreises nach Bogenmaß immer unverändert sei, muß die der flachen Blendung immer in gleicher Entfernung vom Objectiv sich befinden, also das Ocular ohne das Diaphragma beweglich sein. b) Schraubenmikrometer, besteht aus zwei, im Brennpunkte eines Fernrohrs befindlichen horizontalen Fäden, deren einer fest, der andere ihm parallel liegende mittelst einer Schraube so beweglich ist, daß er dem festen Faden genähert od. von ihm entfernt werden kann. Durch die gezählte Anzahl der Schraubenumgånge läßt sich nun der Abstand beider Fäden von einander mit großer Schärfe bestimmen. c) Positionsmikrometer, ähnlich dem Schraubenmikrometer, nur dadurch unterschieden, daß die kreisförmig ausgeschnittene Platte, welche den verschiebbaren Faden trägt, zugleich um ihren Mittelpunkt drehbar ist, u. man den Winkel, um welchen dieselbe gedreht wird, auf einer Kreistheilung mit Nonius ablesen kann, u. daß außerdem diese bewegliche Platte rechtwinkelig gegen den ersten Faden einen zweiten trägt. Bringt man dann durch Drehung der Platte den letztgenannten Faden in die Verbindungslinie der beiden Gestirne, stellt den festen Faden parallel dem Äquator u. auf das eine Gestirn ein u. schraubt endlich den anderen beweglichen Faden von diesem Gestirn bis zum nächsten, so kann man aus der Anzahl der Schraubengänge die Distanz u. aus dem ersten Drehungswinkel der Platte die Position bestimmen. d) Objectivmikrometer. Dieses von Dollond u. Fraunhofer sehr vervollkommnete Instrument zeichnet sich vor allen übrigen bes. dadurch aus, daß das Objectivglas des Fernrohrs aus zwei Theilen, z.B. aus einer in der Richtung ihres Durchmessers entzwei geschnittenen Doppellinse besteht, von welcher jeder isolirte Theil für sich ein Bild des durch das Fernrohr betrachteten Sternes gibt. Während Dollond ein so zerschnittenes Linsenglas vor das Objectiv des Fernrohrs setzte, zerschnitt, um den Lichtverlust beim Durchgange durch mehre Linsen zu vermeiden, Fraunhoferdas Objectivglas selbst. In dieser Form heißt das Instrument gewöhnlich Heliometer (s.d.), wegen der Verwendung zur Messung des Sonnendurchmessers. e) Der von Martins erfundene Prismenmikrometer (Entfernungsmesser). Vor einem Fernrohr ist ein festes u. senkrecht unterhalb desselben ein durch eine Mikrometerschraube um eine horizontale Achse drehbares Prisma angebracht, so daß bei einer gewissen Stellung des unteren das Bild des Gegenstandes, den man direct durch das Fernrohr an dem oberen Prisma vorbei gehen kann, auch durch das untere Prisma nach dem oberen u. von da durch die Achse des Fernrohres geworfen wird. Bewirkt man nun durch die Drehung, daß beide Bilder sich decken, so kann man aus der bekannten einen Kathete des rechtwinklichen Dreiecks (d.i. die Entfernung der beiden Prismen) u. dem durch die Drehung des unteren Prisma gegebenen Winkel die andere Kathete (d.i. die Entfernung des beobachteten Gegenstandes) trigonometrisch berechnen, od. die Mikrometerschraube kann für die Entfernungen gleich empirisch eingetheilt sein. Entfernungen von 1200 Schritt mißt man hiermit auf 25 Schritt genau. Zu erwähnen sind noch als M. der Disserentialsextant von Benjamin Gomperz, mit der Bestimmung, um bei großen Winkeln kleine Änderungen genau zu messen, das Zenithmikrometer von Babbage, das Bergkrystallmikrometer von Pearson. B) Mikrometer bei Mikroskopen sind im Allgemeinen dieselben, wie die M. bei den Fernröhren. Meist ist auf einer im Ocular befindlichen Glasplatte durch eingeritzte Linien eine seine Theilung angebracht, an welcher man die Größe des beobachteten Gegenstandes abliest. Um die Bruchtheile nicht schätzen zu müssen, ist häufig der Objectträger mit einer Schraube versehen u. man kann an den Schraubenumgängen, durch welche die Grenzen des Gegenstandes auf das Fadennetz eingestellt, den Abstand derselben messen. Da man hier sehr nahe Gegenstände vor sich hat, so braucht man nicht, wie am Himmel, blos bei der Angabe des Sehewinkels stehen zu bleiben od. blos den scheinbaren Durchmesser derselben in Secunden zu bestimmen, sondern man kann auch in den meisten Fällen den wahren Durchmesser der mikroskopischen Objecte in Linien u. Theilen derselben kennen lernen. Durch Plößl's Schraubenmikrometer an den von ihm verfertigten Mikroskopen kann man den Durchmesser eines Gegenstandes bis auf 0,001 Zoll genau finden. Zu diesem Zwecke muß man zuvor den Werth eines Umganges der Schraube kennen, was man am einfachsten erhält, wenn man diese Schraube selbst als Object in das Mikroskop einsetzt u. den Abstand je zweier Umgänge Wiederholt scharf bestimmt. Auch kann man die Öffnung des Diaphragmas eines Mikroskops hinreichend verengen, das M. als Object einsetzen u., indem man verschiedene Theile desselben durch das Gesichtsfeld führt, beobachten, ob stets gleich viele Längenstücke des M. auf einmal gesehen werden.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.