Thales

Thales

Thales, einer der Sieben Weisen (s.d.) Griechenlands, Sohn des Examios u. der Kleobuline, geb. zu Milet gegen 640 v. Chr., lebte Anfangs den öffentlichen Geschäften, ließ den Halysfluß abdämmen u. rieth zur Errichtung eines Jonischen Bundesrathes zum Schutz gegen die drohende Macht der Perser, reiste dann nach Ägypten, wo er mathematische u. astronomische Studien machte, nach Kreta, Phönicien u. hielt sich eine Zeit lang am Hofe des Königs Krösos in Lydien auf. Er starb während der Olympischen Spiele, denen er als Zuschauer beiwohnte, gegen 550 v. Chr. Mit Solon soll er eine Unterredung bei Periander in Korinth gehabt haben. Als einst bei Kos ein goldener Dreifuß aufgefunden worden war u. das Orakel zu Delphi denselben dem Weisesten zu verehren befohlen hatte, so wurde er dem Th. zugeschickt. Th. war gewissermaßen der Gründer der Ionischen od. Physischen Schule, u. da jene Schule als die erste in Griechenland galt, so hat man den Th. auch als den Begründer der griechischen Philosophie angesehen. Unter seinen Nachfolgern zeichnete sich bes. Anaximander aus. Die Schriften, welche man später von ihm anführte, sind untergeschoben. Sein Hauptverdienst bestand wohl in dem Losreißen von den mythischen u. poetischen Vorstellungen der Früheren, in der Erhebung zum eigenen Denken u. darin, daß er der Speculation eine bestimmte Richtung gab. Das Grundprincip der Dinge war ihm das Wasser od. das Urfeuchte, woraus durch Verdickung u. Verdünnung Erde, Luft, Feuer, Thiere u. Alles hervorging; Thiere entständen aus feuchtem u. flüssigem Samen u. nährten sich größtentheils durch Flüssigkeiten; Pflanzen keimten aus feuchtem Samen aus, selbst die Gestirne nährten sich aus den wässerigen Dünsten des Meeres; in Wasser löste sich aber auch Alles wieder auf. Ob Th. auch noch ein formales Princip angenommen habe, läßt sich nicht behaupten, obgleich ihm Spätere die Lehre von einer bildenden Vernunft (Weltseele, Νοῦς) beilegen. Sonne, Mond u. Sterne betrachtete er nicht mehr als göttliche Wesen nach dem Volksglauben, sondern als blose Körper. Von den, von den Sieben Weisen herrührenden Gnomen, wird ihm das: Γνῶθι σεαυτόν (Kenne dich selbst!) beigelegt. Er soll auch die Eintheilung des Jahres in 365 Tage u. der Sphäre des Himmels in fünf Kreise (Zonen), den Arktikos, die Wendekreise, den Äquator u. den südlichen Polarkreis, zuerst aufgestellt haben. Sonnenfinsternisse erklärte er durch das Vortreten des Mondes vor die Sonne u. sagte auch eine Sonnenfinsterniß 597 v. Chr. voraus. Vgl. I. H. Müller, De aqua, principio rerum, ex mente Thaletis, Alt. 1718; Döderlein, Animadvers. de Thalete, 1750; Plouquet, De dogmatibus Thaletis, Tüb. 1763; Harleß, De Thaletis doctrina de principio rerum, Erl. 1780–84, 3 Progr., Fol.; Flatt, De theismo Thaleti abjudicando, Tüb. 1785; Göß, Über den Begriff der Geschichte der Philosophie u. das System des Th., ebd. 1794; Ritter, Geschichte der Ionischen Philosophie, Berl. 1821.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Thalês — Thalès Pour les articles homonymes, voir Thalès (homonymie). Thalès Naissance …   Wikipédia en Français

  • Thales — von Milet Thales von Milet (griech. Θαλῆς ὁ Μιλήσιος; * um 624 v. Chr. in Milet, Kleinasien; † um 546 v. Chr.) war ein griechischer Naturphilosoph, Staatsmann, Mathematiker, Astronom und Ingenieur. Seit Aristoteles gilt er als Begründer von… …   Deutsch Wikipedia

  • THALES — Milesius, Examii e Cleobulina filius; natus Olymp. 36. Cadmum Agenoremque inter Maiores habuit. Auctor Sectae Ionicae, primus e 7. Graeciae sapientibus quoque Physicen primus, et astrikiguae secreta deprehendit. Aquam, rerum omnium principium… …   Hofmann J. Lexicon universale

  • Thalès — (fin du VIIe s. déb. du VIe s. av. J. C.) mathématicien et philosophe grec de l école ionienne, l un des Sept Sages de la Grèce. On lui attribue notam. le théorème dit de Thalès: Toute parallèle à l un des côtés d un triangle divise les deux… …   Encyclopédie Universelle

  • Thāles — Thāles, griech. Philosoph, der erste der sogen. ionischen Schule, geb. um 624 v. Chr. zu Milet in Kleinasien, gest. um 543, unternahm in seinen reifern Jahren Reisen nach Kreta, Phönikien, Ägypten und hielt sich auch an dem Hofe des Königs Krösos …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Thales — Thales, griech. Philosoph, Stifter der Jon. Schule, einer der Sieben Weisen Griechenlands, geb. um 640 v. Chr. in Milet, nahm zuerst einen Grundstoff des Weltalls an, als welchen er das Wasser betrachtete. Sein Denkspruch: Erkenne dich selbst …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Thales — aus Milet, ein Philosoph, mit welchem Diogenes Laërtius die Reihe der jonischen Naturphilosophen eröffnet und der dis heute an der Eingangsthüre der ganzen Geschichte der Philosophie steht, soll ein Zeitgenosse des Solon und Krösus gewesen sein,… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Thales — of Miletus …   Philosophy dictionary

  • Thales — Pour les articles homonymes, voir Thalès (homonymie). Logo de Thales Création …   Wikipédia en Français

  • Thales — Infobox Philosopher color = #B0C4DE Thales image caption = Thales name = Thales of Miletos (Θαλής ο Μιλήσιος) birth = ca. 624–625 BC death = ca. 547–546 BC school tradition = Ionian Philosophy, Milesian school, Naturalism main interests = Ethics …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”