Mörser [2]

Mörser [2]

Mörser, ein kurzes, 23/4 – 31/4 Kaliber langes Geschütz, welches nicht auf Rädern ruht u. zum Werfen verschiedener Geschosse, vornehmlich der Bomben in großen Bogen, gebraucht wird. Die M. traten an die Stelle der Blyden u. mit ihnen warf man Anfangs bei Belagerungen große steinerne Kugeln u. Kunstfeuer, bis die Erfindung der Bomben jene verdrängten. Das Kaliber des M-s wird in Deutschland nach dem Gewicht einer Steinkugel, welche in ihn paßt, bestimmt, in Dänemark u. Rußland nach dem wirklichen Eisengewicht einer passenden Kugel, in England u. Frankreich nach dem Durchmesser der Bohrung in Zollen benannt. Nach dem Steingewicht gibt es 7-, 10-, 16-, 25-, 30-, 50-, 60-, 75pfündige M. Nur in einzelnen Fällen, wo es darauf ankommt, eine besondere Absicht zu erreichen, z.B. in der Belagerung von Cadix, Antwerpen, Sebastopol durch die Franzosen, werden größere u. schwerere M. angewendet (M. à la Paixhans). Das Rohr wird entweder aus Stückmetall, od. häufig auch aus Eisen gegossen, u. zwar meist über den Kern. Dasselbe zerfällt äußerlich nach seiner Länge in drei Theile: das Kammer- od. Bodenstück, gewöhnlich 11/2 Kaliber lang, unten am Stoß abgerundet, reicht bis an den ersten Absatz am Ende der Kammer; das cylindrische, gegen 3/4 Kaliber lange Mittelstück, auf welchem sich die Henkel od. Delphinen befinden, reicht bis an den zweiten Absatz; das 1 Kaliber lange Mundstück, entweder cylindrisch od. kegelförmig, endigt sich mit dem Kopfe, dessen vordere Fläche Orifice genannt wird. Ehedem pflegte man das Mittelstück zu wölben u. nannte diese Wölbung den Bauch des M-s. Die beiden Absätze u. der Kopf sind entweder mit Friesen versehen, od. ganz platt. Die Schildzapfen sind jetzt meist am Stoß angebracht (Blockmörser), während sie sonst oft auf dem Mittelstück standen; im ersten Falle nannte man den M. einen stehenden M., im letztern einen hängenden M. Die übrigen äußeren Theile des Rohres haben gleiche Benennung wie bei den Kanonen. Die Seele besteht aus einer Kammer, dem Lager od. Kessel (dem halbkugeligen Boden des M-s, wo die Bombe aufzuliegen kommt) u. dem Flug; bei M-n mit konischen Kammern verläuft sich jedoch diese sogleich in den Flug, mit Ausnahme der M. à la Gommer, wo die Kammer ebenfalls durch ein halbkugelförmiges Lager mit dem Fluge verbunden ist. Die Metallstärken betragen im Durchschnitt um die Kammer 1/23/4, beim Mittelstück, 3/10, am Kopf 1/51/4 Kaliber. Das Gewicht des Rohres ist beim 16pfündigen 450–500, beim 25pfündigen 650–800, beim 50pfündigen M. 1700–2000 Pfund. Der Flug ist von verschiedener Länge, von 11/2 bis gegen 3 Mündungsdurchmesser; diese Länge wird theils durch die Erleichterung des Einsetzens der schweren Bombe, theils durch das Gewicht des M-s bedingt. Die Kammer, deren Form gewöhnlich cylindrisch, bisweilen auch birnenförmig od. kugelförmig ist, in der neueren Zeit häufig kegelförmig gemacht wird, ist nach Verschiedenheit der festgesetzten Ladungen 2/37/10 od. 115/32 Kaliber tief u. 1/3 Kaliber weit. Der Spielraum ist möglichst gering u. beträgt bei der 10pfündigen Bombe 0,14, bei der 25- bis 50pfündigen 0,17 Zoll. Das Zündloch ist wie bei den Haubitzen gestellt; hinter demselben befindet sich eine muschelförmige Erhöhung, welche bei hohen Elevationen hindert, daß das aufgestreute Pulver abfällt. Die Steinmörser, nur zum Werfen von mit Steinen gefüllten Körben bestimmt, sind meist 13_– 15zöllig, erhalten schwächere Ladungen als die übrigen Landmörser, haben deshalb geringere Metallstärken, sowie kleinere Kammern, u.[467] werden aus Eisen gegossen. Die See- (Schiffs-) M.sind im Kaliber 10–13zöllig, im Metall stärker u. häusig im Fluge länger als die Landmörser, weil sie, um die Bombardierschiffe dem wirksamsten Schusse der Küstenbatterien eines zu bombardirenden Seeplatzes zu entziehen, weiter werfen müssen. Meist sind sie an einer unter einem Winkel von 45° angegossenen eisernen Platte befestigt, welche unten drei Vorsprünge hat, um sie auf ein hölzernes Unterlager befestigen zu können. Dieses ruhet auf einer Art Bettung, welche sich kreisförmig bewegen läßt, um den M. nach dem zu bewerfenden Gegenstande richten zu können. Die englischen Seemörser stehen mit ihrem Hintertheile auf einer Art breitem Block, welcher um einen besonderen Drehnagel auf der einen Bettung beweglich ist, die unter dem Verdeck bis in den Raum des Schiffes mit starken Balken abgesteift ist, öfters auch noch eine Unterlage von altem Tauwerk hat (vgl. Bombardiergaliote). Tragbare M., s. Coehörner; große ungeheure M., welche sonst unter dem Namen Comminges u. Marmites bekannt waren, s.u. Bombe. Auch gab es sonst sogenannte Doppelmörser, wo zwei Seelen von einem Stoß ausgingen, woraus gleichzeitig zwei Bomben geworfen werden konnten. Der preußische General v. Tempelhoff construirte leichte 10pfündige M. (Tempelhoffsche M.) zum Gebrauch im freien Felde, doch haben dieselben in den Feldzügen 1792–94 den von ihnen gehegten Erwartungen nicht entsprochen.

Die M. liegen auf einer Art Laffete (Mörserlaffete, s.u. Laffete II.); da dieselben aber durchgängig keine Räder haben, so bedarf man zum Transport der M. noch besonderer Fuhrwerke. Die kleineren Kaliber bleiben auf ihren Laffeten u. werden zu zweien auf einen Sattelwagen verladen. Bei den größeren Kalibern, wo jeder M. einen solchen Wagen einnimmt, muß das Rohr von der Laffete getrennt werden. Um dies zu vermeiden, hat man in mehren Artillerien zu diesem Zwecke bes. eingerichtete Mörserwagen. Der Mörserwagen besteht aus einem Sattelwagen, bei welchem vorn u. hinten eine auf den Tragbäumen ruhende Winde mit Sperrrädern, od. eine andere mechanische Vorrichtung zum Heben des M-s beim Auf- u. Abladen angebracht ist. Das Rohr bleibt hier zurückgelegt auf der Laffete liegen, u. der ganze M. ruht entweder auf den Tragbäumen des Wagens, od. unter denselben auf zwei eisernen Tragbolzen, welche durch die an den Tragbäumen nach unten zu angebrachten Tragringe od. Tragriegel gesteckt werden. Eine andere Art Mörserwagen hat eine od. zwei bewegliche Querwalzen, durch welche der M. auf seinem Block bis etwa zur Hälfte auf den hohen Wagen hinauf gewunden u. hier durch untergeschobene Riegel mittelst der eisernen Arme zu beiden Seiten gehalten wird. In Frankreich werden Rohr u. Laffete jedes besonders auf einem zweiräderigen Karren transportirt. Über die Richtmaschine der M., s. Richtmaschine. Aus den M-n werden Bomben, Brandbomben, Brandkugeln, Leuchtkugeln, Spiegelgranaten, Tranchékugeln, Steinkörbe u., nach Carnots Vorschlag, auch Kartätschen geworfen; s.u. Schießen. Wahrscheinlichkeit des Treffens, vorzüglich gegen ein Ziel von geringer Ausdehnung, ist bei den M-n viel geringer als bei allen übrigen Geschützen, doch ist auch dagegen die Wirkung größer, indem die Bomben schon durch ihre Aufschlagskraft große Zerstörungen anrichten. Man bedient sich der M. vorzüglich im Festungskriege, wo sie die Coebornschen ungerechnet, beim Angriff 1/3, bei der Vertheidigung 1/53/10, der ganzen Geschützzahl ausmachen, wovon (von kleinerem u. 2/3 von größerem Kaliber sind. Erstere dienen zur Beunruhigung der Truppen u. Arbeiter, letztere zur Zerstörung der feindlichen Werke u. Magazine. Die Mörserbatterien (Kessel), aus 2–3 M-n bestehend, sind meist versenkt u. haben keine Schießscharten, dagegen zwei Pulverkammern, die eine zur Aufbewahrung des Pulvers u. die andere für die gefüllten Bomben; die Höhe der Brustwehr = 8 Fuß. Die Bestimmung der Mörserbatterien ist bes. das Demontiren solcher feindlicher Werke, denen man mit Kanonen od. Haubitzen keinen bedeutenden Schaden thun kann. Sollen sie hier die Bauwerke zerstören, so werden bloße M. in hohen Elevationen angewendet; sollen sie blos die feindliche Besatzung vertreiben, so nimmt man nur kleine M. (7-, 10- bis höchstens 25- pfündige) u. geringe Richtwinkel von 20–23 Graden. Vorzüglich wirksam sind diese kleineren M. auch gegen die unbedeckten Batterien u. Verschanzungen des Belagerers, welche durch 60–100 treffende Bomben allezeit unhaltbar gemacht u. zerstört werden. Bedeckte Mörserbatterien (auch als Carnotsche Batterien bekannt), sind Mörserstände mit Balken, Faschinen, mit 3–4 Fuß Erde bedeckt, vorn aber durch irgend einen vorliegenden Wall gegen die feindlichen Kanonenkugeln geschützt, so daß nur eine kleine Öffnung oben bleibt, um den Bomben den Ausgang aus diesen zu lassen. Sie sind nicht von Carnot erfunden, sondern nur aufs Neue empfohlen worden. In Wittenberg leisteten solche bedeckte Mörserbatterien den Franzosen 1813 u. 14 sehr gute Dienste. Für Festungen leisten dieselben u. noch bessere die Mörserkasematten, Kasematten, welche vorn, mit Ausnahme einer 6–7 Fuß hohen Brustmauer, offen u. nur mit einem Bogen von etwa 12 Fuß Spannung geschlossen sind, u. so M. in ihnen aufzustellen u. aus ihnen heraus mit 45° Elevation Bomben zu werfen gestatten. Vor ihnen befindet sich ein etwa 6 Fuß tiefer Graben mit 2 Fuß lockerem Sand auf dem Boden. Virgin schlug sie zuerst für die Flanken der Bollwerke vor.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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