Aschānti

Aschānti

Aschānti (richtiger Asjanti), 1) (Geogr.), das mächtigste Negervolk u. Reich auf der Goldküste, breitet sich von W. nach O. etwa von Assinie bis zum Volta aus u. soll sich von der Küste aus nach N. bis zum oberen Nigerlauf erstrecken. Das Bergland der eigentlichen A. im Innern umfaßt etwa 800 QM. mit 1 Mill. Ew.; durch Eroberung der einst unabhängigen Landschaften Ahanta, Warsaw, Adingra, Gaman, Sarem, Inta, Daghumba, Akim, Asin u. Aguapim ist das Gebiet auf 9–10,000 QM. mit 4 Mill. Ew. angewachsen. Der Boden, meist fruchtbar, zum Theil gut cultivirt, ist im Innern mit gigantischen Urwaldungen od. mit üppigen Grasflächen bedeckt u. im Norden von dem hohen Konggebirg durchzogen. Flüsse: Volta (bei den Negern Adirri od. Amoo), Prah, Zamua, Assinie, Baka (Assouasrou) u. a. Das Klima ist heiß, an der Küste drückend u. ungesund, tiefer im Lande gemäßigter; die Regenzeit ist vom Mai bis August, oft mit heftigen Gewittern u. Tornados, zu anderer Zeit weht der Harmattan. Producte: mancherlei Zuchtthiere, Löwen, Panther, Hyänen, Elephanten, Nashorne, wilde Büffel, Hirschthiere, Faulthiere, Affen, Vampyre, Hühnerarten, Papageien, Seevögel, Adler u. Geier, Kröten, Riesenschlangen, Kaimans, Schildkröten, ferner Termiten, Ameisen, Muskitos, Austern; viele Palmenarten, Baumwoll-, Heuschrecken- u. Manglebäume, Gourounußbaum, Südfrüchte, Gewürze, Farbepflanzen, Mais, Hirse, Reis; Gold, in Flüssen u. Gruben gewonnen, bildet nebst Elfenbein, Salz u. Eisen die Hauptausfuhr. Die A. gehören zu den cultivirtesten Negern u. bewohnen zahlreiche, große Städte (Kumassi, Hauptstadt mit 70,000 Ew., Yahudi, angeblich 400,000 Ew., Juabin, 70,000 Ew., Akofrum, 18,000 Ew., u. a.), sind von schöner Gestalt. schmücken sich durch Tättowiren u. Gold- u. Elfenbeinringe, sind sehr kriegerisch u. muthvoll, geschickt in Anfertigung von Ketten aus Gold u. von Webestoffen, liefern auch Eisenarbeiten; sie lieben Tanz u. Musik, kennen das Damenspiel, begehen ihre Begräbnisse sehr feierlich, stellen aber häufig Menschenopfer an; Vielweiberei u. Sklaverei ist bei ihnen erlaubt; ihre wohlklingende, vocalreiche Sprache heißt Odschi; ihre Relgion ist Fetischdienst, u. sie gehören zu den wenigen heidnischen Stämmen, welche über Muhammedaner herrschen. Die Verfassung ist eine aristokratische Monarchie; der König, welcher den Titel Ohen führt, ist unumschränkt, doch kann er durch Überlieferung festgestellte Gesetze nicht abschaffen u. muß zur Entscheidung über Krieg u. Frieden, sowie bei Bündnissen, Häuptlinge zu Rathe ziehen. Die Herrscherwürde ist erblich, geht aber nicht auf den Sohn, sondern auf den Bruder über. Die A. sollen im Falle eines Krieges 200,000 Streiter aufbieten können, die theilweise europäisch bewaffnet sind. 2) (Gesch.). Das A-reich ward im Anfang des 18. Jahrh. gegründet, als der Negerhäuptling Saï-Tutu die gegenwärtige Hauptstadt des Reiches, Kumassi, gründete u. mit Beitinniē, seinem Verwandten, der sich Juabins bemächtigte, die Eroberungen begann, welche, von seinen Nachfolgern fortgesetzt, das Gebiet der A. schon 1807 durch Unterwerfung der Fantis bis zur Meeresküste ausdehnten u. alle jetzt das Reich der A. bildenden Landschaften (s. oben) zinsbar machten. Über die Eroberungszüge der A. nach dem Norden u. Nordosten fehlen die Nachrichten. Durch die Unterwerfung der Fantis, welche mit den Engländern in gutem Einvernehmen lebten, aber 1811 u. 1816 fast gänzlich ausgerottet wurden, kamen die A. mit den Briten in Berührung. Da diese den Sklavenhandel nicht gestatten, auch die früher an die Fantis gelieferten Subsidien nicht mehr leisten wollten, so entstanden trotz aller Versuche englischerseits, den Frieden zu erhalten, bald Streitigkeiten, welche schon 1818 zu einer Niederlage der Engländer, 1824 aber zur Vernichtung der ganzen englischen Streitkräfte führten u. das Aufgeben aller englischen Besitzungen an der Goldküste bewirkten. König ist seit dem Jahr 1824 Osay Aquatuh, u. seitdem sind die Holländer mit den A. in Verkehr getreten u. haben 1837 sogar einen Vertrag mit denselben abgeschlossen, in Folge dessen ein Sohn u. ein Neffe des Königs in Amsterdam erzogen wurden, während zwei andere Söhne in England ihre Bildung erhielten. Die Söhne des Königs sind in ihre Heimath zurückgekehrt, doch deren Neffen, Aquassi Boachi, der in Freiberg später die Bergakademie besucht hatte, ward die Heimkehr nicht gestattet.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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