- Assassinen [1]
Assassinen (Assassiden), asiatischer Stamm u. muhammedanische Secte, nach Hammer so v.w. Haschasin, d.i. Opium-, nach And. Bilsenkrautesser, nach And. von ihrem Stifter Hassan (s. unt.) hergeleitet. Die A. sollen aus Ägypten stammen, wo die Fatimilischen Kbalisen, welche behaupteten, von Ismael, dem Enkel des ersten Khalifen Ali zu stammen, die Abassidischen Khalifen zu Bagdad bekämpften. Sie sollen dort eine geheime Gesellschaft, Megalisel Hiemet (d.i. die Gesellschaft od. Haus der Weisheit) gestiftet haben, die ihre Grundsätze durch Dais, d.i. Werber, u. ihre Begleiter Resiks, in Syrien u. Persien verbreiteten u. ihre Versammlungen in einem großen Gebäude, Dar el Hiemet, hielten. Der Großmeister dieses Bundes hieß Dai-el-Doal (Vorsteher der Proselytenmacher). In den Versammlungen erschienen die Gewählten weiß gekleidet u. wurden zu 7 Graden befördert, von denen die ersten den Dai-el-Doal, den Koran u. die Unterschrift des Khalifen verehrten, die höheren aber den Koran verwarfen u. Pantheismus u. die höchste Freigeisterei an die Stelle des Islam setzten. Einer jener Resiks traf nun in Asien den Hassan Ben Saba od. Ben Ali, den Sohn Alis, eines Schiiten, der am Hofe zu Bagdad vergebens den Großvezier zu stürzen versucht hatte u. nach Isfahan geflohen war, u. wußte denselben so für jene geheime Gesellschaft einzunehmen, daß derselbe sich zu Kairo die Weihe ertheilen ließ. Bald stieg er zu großem Ansehen, mußte aber, als er sich in Successionsstreitigkeiten mischte, fliehen u. ging nun nach Asien zurück, wo er das Haus der Weisheit nach seiner Art umformte. Auf diese Weise ward er um 1090 Stifter der A. od. Ismaeliten, so nach dem ersten Sohne des Khalifen Ali Ismael, od. Bataniten genannt. Zum Gesetzbuch gab er ihnen falsche Commentare des Koran u. ein von ihm verfaßtes eigenes Gesetzbuch in 7 Capiteln. Überhaupt war ihnen die Zahl 7 heilig. Er selbst nannte sich Scheikhel Dschebel (der Altevom Berge); denselben Namen führten seine Nachfolger. Seine Secte hatte 7 Grade, von denen der erste den Alten vom Berge selbst begriff, der 2. die Daisel Kebir (die Fürsten) umfaßte, der 3. u. 4. der der Dais u. Resiks (dem Haus der Weisheit entlehnt) war, der 5. die Fedawihs, die Unbedingten, eigens dazu gefügt wurde; der 6. war der der Lasiksod. Aspiranten u. der 7. der der Profanen od. das Volk. Der Alte vom Berge galt den Seinen für Muhammed, der durch Seelenwanderung stets in den Leib des jedesmaligen Alten vom Berge zurückkehre, u. die Fedawihs. waren darum so todesmuthig, weil ihnen, nach den Schriftstellern des Mittelalters, Bilsenkraut, wahrscheinlicher[831] aber Opium, beigebracht wurde, durch welches sie in solche Verzückung geriethen, daß sie das Paradies offen u. sich mit Huris in ihnen wandelnd sahen u. sich stets sehnten, in diesen Zustand zurückzukehren. Mit Freuden vollzogen sie daher Alles, was der Alte vom Berge befahl, wenn es auch unmittelbaren Tod brachte. 1108 überrumpelte Hassan Ben Saba die Veste Alamut in der persischen Provinz Dilem; nach u. nach unterwarf er von diesem Schlosse aus, das er seit dessen Einnahme nur zweimal verließ, viele persische Schlösser u. breitete auch die Herrschaft der A. nach Syrien, bes. nach dem Libanon aus, wo der Hauptsitz der A. war. Wichtigste Veste war dort Mokkat. Vergebens excommunicirten die andern muhammedanischen Secten Hassan u. seine Anhänger, vergebens schickte Melek Schah von Persien ein Heer gegen die A. aus, der Alte vom Berge wehrte sich durch Mord, der Großvezier u. viele persische u. arabische Große starben erdolcht, selbst vor den Füßen des Schahs ward ein Dolch eingebohrt gefunden, u. so fand Hassan Ruhe. Er st. 1124 (1130), u. übergab, da er keine Kinder hinterließ (den einen Sohn hatte er wegen eines Mordes, den andern wegen einer Übertretung des Korans hinrichten lassen), dem Dai Keah Buzur Umeid (Kija Buzur Umeid) von Lamsir u. dem Abu Ali von Kasurin die Herrschaft. Unter diesen eroberte zwar Sultan Mahmud Alamut, mußte aber bald einen nachtheiligen Frieden mit den A. schließen. Auch ließ Buzur Umeid den Khalifen von Bagdad u. den von Kairo ermorden. Damals wurden auch die Kreuzfahrer zuerst mit den A. bekannt. Abu Wasa nämlich, Dai el Kebir u. zugleich Oberrichter von Damask, hatte dem König Balduin II. von Jerusalem versprochen, ihm an einem Freitage die Thore von Damask zu öffnen, dieser Plan wurde jedoch verrathen, über 6000 vorgebliche Anhänger der A. in Damask erschlagen, das christliche, nach Damask rückende Heer aber während eines Unwetters überfallen u. zurückgeworfen. Von nun an waren die Christen, bes. aber die Tempelherren, als nächste Nachbarn der A., viel mit ihnen in Verbindung. Gleichzeitige Schriftsteller schildern aber den Alten vom Berge als für Jedermann, ohne Ansehen der Religion u. Person, käuflich u. kein Verbrechen scheuend. Viel mochte indessen die Schuld auch an den Christen liegen, denn als einst die A. einen Gesandten an Almarich I., König von Jerusalem, schickten u. sich erboten, sich taufen zu lassen, wenn ihnen der Tribut von 200 Ducaten, den sie an die Templer zahlten, erlassen würde, ließ Walter von Dumeril, auf Befehl des Ordens den rückkehrenden Gesandten erschlagen u. vereitelte so die Taufe der A. für immer. Keah Buzur Umeids Nachfolger waren: 1151 Muhammed I., des Vor. Sohn; 1176 Hassan II., Sohn Muhammeds, von diesem wegen verschiedener Glaubensmeinungen verstoßen u. verbannt, folgte ihm dennoch; 1188 Muhammed II., folgte seinem Vater Hassan, den er ermorden ließ; 1229 Dschelal-Eddin Hassan, Sohn Muhammeds II., wurde von den Dais vergiftet, u. sein 9jähriger Sohn Ala-Eddin Muhammed, folgte 1240, auch er ward ermordet, u. sein Sohn Rokn-Eddin Khaoschah erhielt 1275 die Regierung; der Mongolenfeldherr Hulagu stürzte aber 1276 dessen Reich in Persien um, stürmte seine Schlösser, nahm Rokn-Eddin gefangen u. ließ ihn hinrichten. In Syrien, wo sich die Dais längst unabhängig gemacht hatten u. einer von ihnen, Sinar, immer in härenem Gewand erscheinend, sich für eine Incarnation der Gottheit ausgegeben u. seine Anhänger glauben gemacht hatte, er sei unsterblich u. nehme nie Speise u. Trank zu sich, aber vor allem Volke durch ein Erdbeben, wo er ein Glied verlor, entlarvt worden war, befehligte Nedschem-Eddin noch einige Zeit, bis die A. auch hier endlich 1292 sich dem ägyptischen Sultan Bibars unterwarfen, ihre Schlösser herausgaben u. nun nur noch als ketzerische Secte der Muhammedaner fortbestanden, als die sie in Syrien bei Massiat (welches ihnen 1809 von den Türken zurückgegeben wurde), in Kuhistan in Persien u. bei Alamut noch bestehen u. als Hoffeinis einen eigenen Iman im Dorfe Chah in Kum haben. Selbst die Drusen auf dem Libanon sollen durch Verschmelzung aus ihnen u. den Christen entstanden sein. Die A. sind sehr oft der Gegenstand von Romanen u. Sagen gewesen. Von A. stammt das italienische Assassino (fr. Assassin, spr. Assasseng), Meuchelmörder, u. davon abgeleitet Assassinat (neulat. Assassininm) Meuchelmord, Assassinator, Anstifter eines Meuchelmordes od. der einen Meuchelmörder dingt, assassiniren, meuchelmorden. Vgl. Withof, Das Reich der A., Kleve 1765; Hammer, Gesch. der A., Stuttg. 1819.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.