Flöte

Flöte

Flöte, 1) (gr. Aulos, lat. Tibia, franz. Flûte, ital. Flauto), ein hölzernes Blasinstrument, besteht aus einem hohlen, hölzernen, nach jetzigem Gebrauche meist aus 4 Stücken (dem Kopfstück, den 2 Mittelstücken u. dem Fuße) verfertigten u. zusammenzusetzenden Cylinder. Das Material ist gewöhnlich Buchsbaum, die kostbareren Stücken Ebenholz od. Kokosholz. Sie wird nicht mittelst eines eigenen Mundstückes intonirt, sondern quer (daher auch Flauto traverso) an den Mund gehalten u. vermittelst des Mundloches gespielt. Außer diesem im Kopfstücke befindlichen Mundloche hat jedes Mittelstück 3 Tonlöcher u. der Fuß eine Klappe, mit der man zugleich das eingestrichene es u. dis hervorbringen kann. Um die F. verschieden stimmen zu können, sind meist mehrere Mittelstücke vorhanden. Über dem Mundloche ist ein Pfropf angebracht, der mit einer Pfropfschraube bewegt wird, wodurch die F. beim Wechsel der Mittelstücke rein gestimmt werden kann. Dies u. die 2 Klappen am Fußesind eine Erfindung von Quanz. Tromlitz u. andere Flötenspieler haben seit 1790 mehrere (7–15) Klappen an der F. angebracht, theils um eine größere Reinheit u. Stärke der Töne zu erzielen, theils um alle Töne der chromatischen Tonleiter erzeugen zu können. Die F. reicht vom eingestrichenen d (daher auch D-F.) durch alle Stufen der diatonisch-chromatischen Tonleiter bis zu dem 3gestrichenen b. Andere F-n sind a) die Flûte d'amour (Liebesflöte), eine kleine Terz tiefer, b) die Terzflöte, eine kleine Terz höher, c) die Quartflöte, eine Quarte höher, d) die Octavflöte (Piccolflöte, Flauto piccolo, Octavino), eine Octave höher als gewöhnlich, e) die Esflöte, eine kleine None höher, f) die Octav-Terzflöte, eine Decime höher, sind in Orchestern eben so wenig eingeführt, als g) die C-F. h) Eine F. mit vielen Klappen, wodurch der Umfang sehr vermehrt wird u. eine Quinte tiefer, heißt Panauleon. Bei der F. entstehen die tonerregenden Schwingungen, indem man durch das Mundloch einen schmalen Luftstrom an der innerlichen Luftsäule vorbeistreichen läßt. Da diese mit mehreren Schwingungsknoten schwingen kann, wenn die Länge einer stehenden Welle ein Vielfaches od. ein Theil der ganzen Luftsäule ist, so können auch Töne von verschiedener Höhe entstehen. Die Seitenlöcher ändern die Tonhöhe durch Verkürzung der Luftsäule. Die F. ist das am meisten ausgebildete Rohrblasinstrument u. eignet sich wegen der Beweglichkeit u. dem sanften Ausdruck ihrer Töne ebensowohl zu einem Soloinstrument, wie sie im Orchester wegen ihrer eigenthümlichen Klangfarbe u. der damit erreichbaren Wirkungen namentlich in weichen elegischen Partien unentbehrlich ist. Vgl. Quanz, Versuch einer Anweisung die F. zu spielen, Berl. 1752; Tromlitz, Ausführlicher Unterricht die F. zu spielen, Lpz. 1791; A. E. Müller, Elementarbuch für Flötenspieler, Lpz. 1815, Fol. – Die F-n der Alten wurden meist mit einem Mundstück intonirt u. glichen unserer Oboe od. der F. à bec. Das Vaterland dieses Instruments ist der Orient; angeblich Phrygien, wenigstens erhielten sie die Griechen von daher. Nach der Mythe hatte sie Athene erfunden, aber da sie wegen der bei der Intonirung aufgeblasenen Backen von Here u. Aphrodite verlacht wurde, warf sie dieselbe weg u. belegte den Finder u. ferneren Spieler auf derselben mit einem schweren Fluche. Dieser Finder, der Phrygier Marsyas (s.d.), welcher sie zur Doppelflöte vervollkommnete, hielt mit Apollo einen Wettkampf, wurde aber überwunden. Andere schreiben die Vervollkommnung seinem Vater Hyagnis zu; in Trözen galt Ardalos, Sohn des Hephästos, als der Erfinder der F. Der ägyptische Mythus läßt den Osiris zweierlei F-n erfinden, die einröhrige mit Mundstück (Monaulos) u. die Querflöte (Photinx, Plagiaulos). In den Mysterien u. Weihungen diente die F. wegen ihres bewegenden Elements zur Erweckung der Gedanken an das Göttliche. In Griechenland ist der Gebrauch der F. nicht alt. Homer kennt sie nur bei den Troern, u. noch im 7. Jahrh. v. Chr. kamen die Flötenspieler meist aus Kleinasien, u. das Flötenspiel wurde nur bei heiteren Festzügen angewendet, bes. bei den Festen des Dionysos u. des Pan, u. zwar von Knechten u. Miethlingen, daher bes. auch von Böotern geübt, die den Dionysos hoch verehrten. In Böotien wuchs am See von Orchomenos das Flötenrohr (Bombykias u., wenn es zu Doppelflöten brauchbar war, Zeugites); die Böoter Antigenides, Ismenias, selbst Pindar, waren als Flötenspieler berühmt, u. thebanische Flötenspieler durchzogen Griechenland u. spielten selbst an Fürstenhöfen. Die Griechen unterschieden zwischen einfacher u. Doppelflöte; jene bestand Anfangs aus einem bloßen Horn, Rohr, hohlen Knochen u. dgl., veränderte u. verschönerte aber bald die Form u. bekant Löcher; die Doppelflöte aus 2 zusammengesetzten F-n mit Einem Mundstück. Die beiden Stücken der letzteren hatten entweder eine gleiche Länge u. [380] Dicke u. standen in Einklang (gleiche Doppelflöten), od. nicht (ungleiche Doppelflöten). Von diesen tönte die eine (männliche F., Tibia dextra) tiefer u. wurde mit der Rechten, die andere (weibliche F., Tibia sinistra) heller u. wurde mit der Linken gespielt. Mit diesen Tibien gaben die Bläser (Aulētä, Tibicĭnes) den Histrionen in der Komödie den Ton an; gewöhnlich bliesen sie auf zweien zugleich u. zwar entweder mit einer rechten u. linken (Tibiis imparibus), od. mit 2 von gleicher Art (Tibiis paribus). Auch die Redner ließen von Tibienspielern sich unterstützen, um immer den rechten Ton zu haben. Auch unterschied man dorische, lydische, phrygische etc. F-n. Bei den Juden war die F. schon von alten Zeiten in Gebrauch; früh auch in Etrurien, Flötenspieler (Sabulones) spielten hier bei Festschmäusen, Opferzügen, beim Tanz, auf der Jagd, beim Faustkampf, ja beim Klang der F. sollen die Herren ihre Knechte gepeitscht haben. In Rom, wohin die F. von Etrurien gekommen war, spielte man dies Instrument an den kleinen Quinquatrus. Das Material der Etrusker war für Opferflöten Buchsbaum, für andere Lotusholz, Eselsknochen u. Silber. Sie kannten auch die Doppelflöte. Vgl. Böttiger, Über die Erfindung der F., in Wielands Attischem Museum, Bd. 1. Heft 2; Bartholinus, De tibiis veterum, Amsterd. 1679. Die Insulaner der Südsee blasen ihre F-n mit der Nase; bei ihnen haben diese Instrumente nur 2 Löcher, weshalb sie nur 4 Töne mit denselben hervorbringen können. 2) Orgelstimme, s. Flauto; 3) (Weber), so v.w. Spule; 4) (Spinner), so v.w. Fliede; 5) so v.w. Fliete; 6) ein Trinkglas mit langem, zugespitztem Kelche; 7) (Schiffb.), so v.w. Flüte.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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