- Hermes [2]
Hermes, 1) Hermann Daniel, geb. 1731 in Petznick bei Stargard, war erst Pfarrer an mehreren Orten, wurde 1776 Gymnasialprofessor in Breslau, 1791 Oberconsistorial- u. Schulrath in Berlin, 1805 Kirchenrath u. Professor der Theologie in Kiel u. st. 1807; er schr.: Allgemeines Religions- u. Erbauungsbuch, Berl. 1802; Über das Selbstod. Eigenwirken im Christenthum, Tüb. 1805; viele Predigten, bes. Passionspredigten, 4. Aufl. Bresl. 1806. 2) Johann Timotheus, Bruder des Vorigen, geb. 1738 in Petznick; studirte in Königsberg, wurde Lehrer an der Ritterakademie in Brandenburg, kam dann als Feldprediger nach Lüben in Schlesien, später als Hofprediger nach Pleß in Oberschlesien, wurde 1772 Inspector des Gymnasiums in Breslau, 1808 Superintendent u. erster Professor der Theologie daselbst u. starb als Oberconsistorialrath u. Probst an der heiligen Geistkirche in Breslau 1821; er schr. den Roman, Sophiens Reisen von Memel nach Sachsen, Lpz. 1770–75, 5 Bde., 3. Aufl. 1778, 6 Bde.; Geschichte der Miß Fanny Wilkes, Lpz. 1766, 3. Aufl. 1781, 2 Thle.; Für Töchter edler Herkunft, Lpz. 1787, 3 Thle.; Für Eltern u. Ehelustige, ebd. 1789–90, 5 Bde.; Geistliche Lieder, Bresl. 1800. 3) Johann August, geb. 1736 in Magdeburg; wurde 1760 Prediger in Groschendorf im Mecklenburgischen, 1765 Präpositus in Wahren u. später in Jerichow im Brandenburgischen, 1777 Prediger in Ditfurth u. zuletzt 1780 Oberprediger u. Consistorialrath in Quedlinburg; er legte 1821 seine Stellen nieder u. st. 1822 in Bonn. Aus seiner früheren pietistischen Richtung lenkte er später zu der rationalistischen Auffassung der Dogmatik ein; er schr.: Handbuch der Religion, Berl. 1779, 4. Aufl. 1791 (von der Gemahlin Friedrichs II. ins Französische, außerdem ins Dänische, Schwedische u. Holländische übersetzt); Predigten über die evangelischen Texte, 2. Aufl. Berl. 1788, 2 Bde.; mit Cramer gab er die Allgemeine theologische Bibliothek 1784 bis 1787 heraus; Geschichte seiner Verfolgung im Mecklenburgischen, Berl. 1777 (darauf schrieb Nicolai seinen Sebaldus Nothanker); H. nach seinem Leben, Charakter u. Wirken, geschildert von I. H. Fritsch, Quedlinb. 1827. 4) Johann Gottfried, geb. 1764 in Barby; wurde 1789 Diakonus u. 1808 Stadtpfarrer in Barby; er schr. u.a.: Wiegenlieder, Zerbst 1805; Schreckensbilder u. rührende Gemälde, ebd. 1830. 5) Georg, geb. 22. April 1775 in Dreyerwalde im Münsterschen, studirte 1792–98 Theologie u. Philosophie in Münster, wurde 1798 Lehrer am Gymnasium u. 1807 Professor der Dogmatik das. u. 1820 an der Universität in Bonn, wo er 26. Mai 1831 st. Er schr.: Untersuchungen über die innere Wahrheit des Christenthums, Münst. 1805; Philosophische Einleitung in die christkatholische Theologie, Münst. 1819–29, 2 Bde., 2. Aufl. 1831–34; Christkatholische Dogmatik, herausgeg. von Achterfeld, ebd. 1834, 3 Bde. In seinen Schriften u. Lehrvorträgen versuchte er die Dogmatik der Römisch-Katholischen Kirche philosophisch zu begründen (Hermesianismus), u. bildete einen großen Kreis von Schülern (Hermesianer) um sich, welche auch die philosophischen u. theologischen Lehrstühle in dem westlichen u. östlichen Theile des Preußischen Staates bald einnahmen u. in einer eignen Zeitschrift für Theologie u. Philosophie, Köln 1832, ihr System zu verbreiten suchten; nachdem schon früher in Süddeutschland der Hermesianismus als ketzerisch denuncirt worden war, langte unmittelbar nach dem Tode seines Begünstigers, des Erzbischofs Spiegel in Köln, am 26. Sept. 1835 von Rom ein päpstliches Breve an, welches den Hermesianismus als ketzerisch verdammte, u. der neue Erzbischof von Köln, Droste von Vischering, legte sofort sämmtlichen Geistlichen seiner Diöcese 18 Sätze zur Unterschrift vor, in denen sich gegen die Hermesianische Lehre vorgesehen war. Die Hermesianer suchten sich in Schriften zu rechtfertigen, so Achterfeldt, Rosenbaum, Biunde, Lutterbeck, Baltzer, Braun, Elvenich u. A., appellirten,[280] im Bewußtsein ihres guten Katholicismus, an den Papst, u. Elvenich u. Braun gingen persönlich nach Rom, kehrten aber unverrichteter Sache heim u. wurden 1844 ihrer Lehrämter enthoben; vgl. Esser, Über H. Leben u. Lehre, Köln 1832; Elvenich, Acta Hermesiana, 1837: Braun, Acta romana, Hannover 1838; Niedner, Philosophiae Hermesii explicatio, Lpz. 1839; Bernhardi, H. u. Perrone, Köln 1840 (lateinisch von Braun, Bonn 1843); Stupp, Die letzten Hermesianer, Wiesb. 1844 f., 5 Hefte. 6) Karl Heinrich, geb. 1800 in Kalisch, studirte seit 1818 in Breslau Theologie, lebte dann in Dresden, Berlin, seit 1825 in Stuttgart, wo er die Britannia herausgab, war 1828–31 in München Privatdocent der Geschichte u. redigirte das Ausland, dann in Braunschweig Redacteur der Deutschen Nationalzeitung u. bald darauf in Köln der Kölnischen Zeitung, 1848 ging er als Redacteur des Preußischen Staatsanzeigers nach Berlin, ward, nachdem er von der Preußischen Staatszeitung zurückgetreten war, Redacteur der Neuen Bremer Zeitung; dann wieder nach Berlin zurückberufen u. am Centralbüreau für Postangelegenheiten angestellt; übernahm kurze Zeit die Redaction der Zeit u. erhielt einen Ruf nach Stettin, um hier die Norddeutsche Zeitung zu redigiren; er st. 19. Oct. 1856 zu Stettin; er schr.: Reisebeschreibungen für die Jugend, Braunschw. 1836, 2 Bde.; Geschichte der letzten 25 Jahre (Supplement zu Roitecks Weltgeschichte), ebd. 1842, 2 Bde., 6. Aufl. 1853, 3 Bde.; Blicke aus der Zeit in die Zeit, ebd. 1845 f.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.