- Methyl
Methyl, C2H3, das Radical des Holzgeistes u. seiner Verbindungen. Man hat es in neuerer Zeit isolirt dargestellt durch die Einwirkung von Kalium auf Cyanäthyl, ferner bei der Zersetzung des essigsauren Kalis durch den galvanischen Strom, endlich durch Zerlegung von Jodäthyl durch metallisches Zink. Das M. ist ein farbloses, in Wasser unlösliches, in Alkohol lösliches Gas, welches bei – 18° od. unter einem Drucke von 20 Athmosphären noch nicht flüssig wird; es ist im reinen Zustande geruch- u. geschmacklos, sein specifisches Gewicht ist 1,075; angezündet brennt es mit bläulicher, schwach leuchtender Flamme; Chlor zerlegt es im Lichte unter Bildung von Salzsäure, Schwefelsäure verändert es auch in der Hitze nicht. Nicht alle Methylverbindungen stammen vom. M. ab; manche bilden sich bei der Zersetzung von Äthyl- u. Acetylverbindungen; salpterigsaures Methyloxyd entsteht durch Behandeln von Brucin mit Salpetersäure. Kolbe stellte durch Einwirkung von feuchtem Chlorgas auf Schwefelkohlenstoff einen Körper dar, aus welchem sich eine ganze Reihe von Methylverbindungen herleiten lassen; hier ist die Bildung von Methylverbindungen aus rein anorganischen Substanzen gegeben. Aus jenem durch Einwirkung von Chlor auf Schwefelkohlenstoff erhaltenen krystallinischen.
Körper (C2Cl4O2S4) erhielt Kolbe durch Digestion mit Ätzkali die Trichlormethylunterschwefelsäure, C2Cl3 + S2O5; aus dieser durch Behandeln mit Zink die Bichlormethylunterschwefelsäure, C2HCl2 + S2O5; aus dieser durch Zink die Chlormethylunterschwefelsäure, C2H2Cl + S2O5, u. endlich aus dieser durch Zink u. Elektricität die Methylunterschwefelsäure, C2H3 + S2O5. Verbindungen des M-s. A) Mit Sauerstoff bildet das M. Methyloxyd (Methyläther, Holzäther), C2H3O, dessen Hydrat (Methyloxydhydrat, Methylalkohol) der sogenannte Holzgeist (s.d.) ist. Man erhält das Methyloxyd, wenn man 1 Theil reinen wasserfreien Holzgeist mit 4 Theilen concentrirter Schwefelsäure erhitzt, das entwickelte Gas über Quecksilber auffängt u. so lange mit Kali behandelt, bis sich sein Volumen nicht mehr vermindert; es ist ein farbloses Gas von 1,617 specifischem Gewicht; riecht ätherartig, ist in Wasser u. Alkohol löslich, verdichtet sich bei – 36° zu einer Flüssigkeit, welche bei – 21° siedet. Das Methyloxyd vereinigt sich mit Säuren zu neutralen u. sauren Salzen (Methylester, neutrale Methylester u. saure Methylester od. Methylestersäuren); die neutralen Salze sind den entsprechenden Äthyloxydsalzen sehr ähnlich: der Siedepunkt der Salze mit organischen Säuren liegt etwa 63° niedriger, als der Siedepunkt der darin enthaltenen Säure. Man erhält die meisten Methyloxydsalze durch Erwärmen von Holzgeist mit Schwefelsäure u. der betreffenden Säure (die einzelnen Salze s.u. den betreffenden Säuren). Durch Entziehung von 2 Atomen Wasserstoff entstehen aus den Methylverbindungen die Formylverbindungen, deren Radical Formyl (C2H) ist.
B) Mit Wasserstoff. Als Methylwasserstoff (C2H3 + H) ist das Grubengas (s.u. Kohlenstoff B) a) zu betrachten.
C) Mit Chlor. Methylchlorür (Chlormethyl), C2H3Cl, entsteht durch Destillation von Holzgeist, Kochsalz u. Schwefelsäure; es ist ein farbloses Gas von ätherartigem Geruch, läßt sich bei 18° condensiren, hat ein spec. Gew. von 1,731, ist entzündlich u. brennt mit einer grüngeränderten Flamme.
D) Mit Brom, Iod u. Fluor bildet es dem Chlorür analoge Verbindungen: Methylbromür (Brommethyl), C2H3Br, Methyliodür (Jodmethyl), C2H3I, u. Methylfluorür (Fluormethyl), C2H3Fl; das erstere ist eine farblose Flüssigkeit von 1,664 specifischem Gewicht, ist bei – 35° noch flüssig u. siedet bei 13°; das Methyliodür ist ebenfalls eine farblose Flüssigkeit, welche bei 43,8° siedet. Methylfluorür ist ein Gas von angenehmem Äthergeruch u. 1,186 specifischem Gewicht, ist entzündlich u. brennt mit blauer Flamme.
E) Mit Schwefel verbindet sich das M. in verschiedenen Verhältnissen: Einfach Schwefelmethyl, C2H3S, farblose, ölartige Flüssigkeit von intensivem Knoblauchgeruch; ist schwerer als Wasser. Zweifach Schwefelmethyl, C2H3S2, eine farblose, stark lichtbrechende Flüssigkeit, welche stark knoblauchartig riecht u. bei 117° siedet. Dreifach Schwefelmethyl, C2H3S3, ist ein gelbliches Öl. Schwefelwasserstoff-Schwefelmethyl, C2H3S + HS, eine farblose Flüssigkeit, welche man durch Erhitzen von Schwefelwasserstoff-Schwefelkalium mit schwefelsaurem Methyloxyd erhält; riecht unangenehm lauchartig, siedet bei 21° u. verbindet sich mit Quecksilberoxyd zu einem farblosen,[195] krystallisirbaren Salz, Schwefelmethyl-Schwefelquecksilber. Schwefelkohlenstoffmethyl (Methylsulphocarbonat), C2H3, CS2, eine gelbe Flüssigkeit von intensivem Geruch, siedet bei 204,5°.
F) Mit Arsen bildet das M. das Methylarsen (Kakodyl, s.d.).
G) Mit Phosphor; Thénard entdeckte eine Reihe phosphorhaltige Verbindungen, welche sich als Verbindungen von Phosphorwasserstoff mit Methylēn betrachten lassen, od. besser als Phosphorwasserstoffe, in denen der Wasserstoff durch M. vertreten ist. P2 + 2 C2H3 = P2H + C2H2, ist ein fester, gelber, geruchloser, indifferenter, in Wasser unlöslicher Körper; P + 2 C2H3 = PH2 + 2 C2H2, ist eine übelriechende, selbstentzündliche Flüssigkeit; P + 3 C2H3 = PH3 + 2 C2H2, eine alkalische Flüssigkeit, welche leicht Sauerstoff aufnimmt u. zu einer Säure wird. Durch Einwirkung von Jodmethyl auf Phosphor erhält man ebenfalls Phosphorverbindungen von M.
H) Mit Metallen. Durch Erhitzen von Jodmethyl mit Zink in verschlossenen Röhren erhält man Zinkmethyl, ZcC2H3; es enzündet sich an der Luft u. zersetzt das Wasser sehr heftig unter Bildung von Zinkoxyd u. Methylwasserstoff (Grubengas). Antimonmethyl (Stibmethyl), Sb 3 C2H3, ensteht bei der Destillation von wasserfreiem Jodmethyl mit Antimonkalium u. Quarzsand; es ist eine farblose, schwere Flüssigkeit von eigenthümlichem Geruch, unlöslich in Wasser, leicht löslich in Äther; an der Luft bildet es weiße Dämpfe u. verbrennt mit weißer Flamme unter Zurücklassung von metallischem Antimon. Mit Jodmethyl bildet es Jodstibmethylium, Sb 4 (C2H3) I; das Stibmethylium, Sb 4 C2H3, ist noch nicht rein dargestellt worden; sein Oxyd, Sb 4 C2H3O, ist ein farbloser, krystallinischer Körper, sehr ätzend, in Wasser u. Alkohol löslich, zieht an der Luft Kohlensäure an u. treibt Ammoniak aus seinen Salzen aus; es bildet mit Säuren Salze, welche den Kalisalzen sehr ähnlich u. isomorph sind. Tellurmethyl, TeC2H3, ist eine blaßgelbe, schwere, in Wasser unlösliche Flüssigkeit von knoblauchartigem Geruch, siedet bei 82° u. liefert mit Salpetersäure salpetersaures Tellurmethyloxyd, TeC2H3O, NO5; das Tellurmethyloxyd ist eine starke Base, welche an der Luft zerfließt. Das M. verbindet sich auch mit anderen Metallen zu den eben beschriebenen analogen Verbindungen; diese sind jedoch nicht näherbekannt; ihre Jodverbindungen werden durch Einwirkung von Jodmethyl auf die betreffenden Metalle dargestellt.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.