Strauß [2]

Strauß [2]

Strauß, 1) S. der Alten Welt (Struthio), Gattung aus der Familie Strauß (s.d.), mit nackten Beinen u. zweizehigen Füßen; die Flügel aus schlaffen, biegsamen Federn bestehend, sind noch zum schnelleren Lauf behülflich; Schnabel stumpf, niedergedrückt u. mäßig lang; die Zunge kurz u. wie ein Halbmond ausgeschnitten; die Augen haben Wimpern; der Kropf ist, wie der Vormagen, sehr groß; einzig unter allen Vögeln findet sich beim S. eine Art Urinblase u. ein besonderer Abgang des Urins. Die Federn haben sehr dünne Schäfte, die einzelnen Bärte derselben stehen frei u. geben das schöne Ansehn, weshalb sie als Schmuck gesucht werden. Unter der Brust hat der S. eine Schwiele, welche zum Stützpunkt beim Sitzen, Liegen u. Schlafen dient. Einzige Art: Gemeiner S. (S. camelus, da er einem Kameel von weitem gleicht u. daher im Arabischen u. Persischen auch Kameelstrauß heißt), größter unter den Vögeln, wird gewöhnlich 6–8 Fuß hoch u. höher, u. ist bei 9 Fuß Höhe ungefähr 100 Pfund schwer. Der Kopf u. der größte Theil des Halses sind nackt, der Körper ist mit weichen, schwarzen Federn bedeckt, die Schwanzfedern u. die Schwungfedern sind weiß, nur einige (3–5) schwarz, seidenartig u. werden 2–3 Fuß lang u. 1/2–1 Fuß breit. Diese Federn sind als Straußfedern (s.d.) ein sehr gangbarer Handelsartikel, u. wegen ihrer wird der S. bes. gejagt. Männchen u. Weibchen unterscheiden sich wenig, doch zieht man die Federn vom Männchen denen vom Weibchen vor. Der S. bewohnt Afrika, die Wüsten Arabiens, ja er kommt, jedoch seltener, selbst in Indien vor, überschreitet aber den 35 der Breite nie. Der S. lebt truppweise u. ist ein scheuer Vogel, welcher bei der Gefahr sogleich flieht. Er kann vermöge seiner Schwere nicht fliegen, läuft aber desto schneller, so daß das schnellste Pferd ihn nicht einholt. Er frißt Datteln, andere Früchte u. allerhand Gesäme, verschluckt auch Steine, Metalle u.a. harte Körper, jedoch nur zur Verdauung u. aus Spielerei, nicht um davon zu leben. Die Araber behaupten, daß er nie saufe. Der S. legt 10–16 drei Pfund schwere Eier, sie sind weiß-gelblich, rund od. oval u. von der Größe eines Kinderkopfs. Das Nest besteht nur aus einer Vertiefung in einem Sandhaufen, worauf der S. beim Brüten förmlich reitet. In heißen Gegenden brütet er höchstens des Nachts u. überläßt das Brüten der Sonne u. Hitze, in kälteren Gegenden brüten beide Geschlechter; oft legen sie auch ihre Eier in ein gemeinschaftliches Nest u. brüten gemeinschaftlich, so daß man oft 50 Eier in einem Neste findet. Stets liegen einige Eier um das Nest herum, welche den ausgekrochenen Jungen zur ersten Nahrung dienen. Der S. lebt übrigens in Polygamie, indem auf ein Männchen 2–5 Weibchen kommen. Sein Nest vertheidigt er hartnäckig gegen Angriffe von außen. Man kann ihn leicht schießen, die Araber thun dies aber nicht, weil sonst die Federn verloren gehen würden, sondern jagen ihn mehre Tage umher, bis er müde ist, worauf er mit Knüppeln todt geschlagen wird. Auch fängt man ihn mit Schlingen od. mit Hunden, od. wirst ihn das gekrümmte Ende eines Stocks zwischen die Beine, wodurch er fällt. Auch schleichen sich die Araber im Schlafe des S-es u. unter der Hülle einer Straußenhaut an die Vögel heran u. schlagen sie todt. Bemerkenswerth ist, daß er nicht in der Weite entflieht, sondern sich immer um seinen gewohnten Aufenthalt im Kreise bewegt, wodurch seine Jagd um so leichter wird. Der Hauptnutzen des S-es besteht in seinen Federn (s. Straußfedern); die Eier sind sehr wohlschmeckend u. Abgabe der Colonisten am Cap. Man bereitet sie, indem man ein Loch oben hinein macht u. sie über dem Feuer so lange quirlt, bis die Masse die Consistenz eines Eierkuchens hat. Eins reicht hin, um 3–4 Männer zu sättigen. Die Schale ist sehr hart u. dick u. nimmt gute Politur an; sie dient in Afrika häufig zu Trinkgefäßen. Auch hängen sie Muhammedaner u. Christen zur Zierde in ihren Tempeln auf. Auch das Fleisch wird gegessen, ist aber schwer zu verdauen u. den Juden verboten; das Fett mit dem warmen Blut vermischt gibt ein Gemenge, welches man Straußbutter nennt u. zur Bereitung der Speisen sehr schätzt. Auch gerbt man das Fell u. braucht es als Leder. Am Cap schadet der S. durch Abfressen der Felder den Colonisten. Gezähmt pflanzt er sich nicht fort. Den Alten war der S. sehr wohl bekannt, schon auf den Hieroglyphen kommt er vor u. in der Bibel wird er mehrmals erwähnt. Die römischen Kaiser brauchten ihn zu Kampfpielen u. Heliogabal ließ sich ein Gericht von 600 Straußgehirnen bereiten. Die Sage, daß der S. angegriffen sich gesichert glaube, wenn er seinen Feind nicht sehe u. daher seinen Kopf gern in Gestrüpp od. Sand verberge, ist dadurch zu erklären, daß er den Kopf, als den empfindlichsten Körpertheil, am ehesten zu schützen sucht. 2) Amerikanischer S. (S. der Neuen Welt, Straußkasuar, Nandu, Rhea), mit drei Zehen, alle mit Nägeln, graulich, auf dem Rücken mehr braun; halb so groß als voriger, häufig in [913] Südamerika; die Weibchen sollen gemeinschaftlich brüten; werden gezähmt u. jung gegessen; Art: R. grisea s. americana, 6 Fuß hoch; die Jungen sind leicht zähmbar; die Federn werden zu Fliegenwedeln, Sonnenschirmen, aber wenig zum Putze gebraucht.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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