Torf

Torf

Torf, 1) (Turfa, T. vegetabilis, fr. Tourbe), eine der Braunkohle ähnliche, aus der Zersetzung von Vegetabilien hervorgegangene brennbare Substanz, deren Bildung noch jetzt fortdauert. Er entsteht aus einer stets sich wiederholenden Vegetation u. darauf folgenden Vermoderung verschiedener Pflanzen, bes. an den Orten, wo eine zur Entwickelung immer neuer Pflanzendecken hinreichende Temperatur u. zugleich stehendes Wasser vorhanden ist, welches dieselben den größten Theil des Jahres von der Luft abschließt u. eine langsame[691] Vermoderung der Pflanzensubstanz herbeiführt. Dadurch wächst das Torflager immer mehr u. mehr an, u. zwar in dem Maße, als die örtlichen Verhältnisse mehr od. weniger günstig für die Torferzeugung sind. Bei Warmbrüchen in Hannover hat sich nachweislich in einem Zeitraum von 30 Jahren ein 4–5 Fuß mächtiges Torflager gebildet, bei Radolfzell in Baden war das Torflager in 25 Jahren 4 Fuß nachgewachsen; dagegen hat man Beispiele, wo das Nachwachsen des T-es kaum 2 Fuß in einem Jahrhundert beträgt. Man trifft den T. auf Bergebenen (Bergtorf); in Niederungen (Heide-, Sumpf-, Moortorf), wo er sich aus mehren Arten von Conserva, Eriophorum, Erica, Calluna, Ledum, Hypnum, Alisma, Juncus, Chara, Lemna, bes, aber Sphagnum cymbifolium, S. acutifolium, S. cuspidatum, S. molluscum, bildet; am Meere (Meer-, Strandtorf), wo bes. angeschwemmte Fucus- (Seetang-) arten vorherrschen, oft in Meilen langen u. breiten Lagern von verschiedener Mächtigkeit, zuweilen von 30 Fuß u. darüber an. Letztere Torflager werden Moore genannt, in Süddeutschland auch Moose. Die obersten Schichten, bes. von der Oberfläche des Bergtorfes (leichter weißer Moos-, Papier-, Sumpf-, Rasen-, Pflanzen-, Wurzeltorf), sind gelblich u. leicht; dieser brennt schnell weg, ohne viel Hitze zu geben. Die tiefere Schicht (leichter brauner Moostorf) ist braun u. schwer. Der unterste heißt Klipptorf, u. wird wie die Steinkohlen zum Gebrauch für Eisenarbeiter verkohlt. Er ist ein treffliches Feuerungsmittel u. gibt mehr u. gleichförmigere Hitze als Holz. Holztorf (Waldtorf) ist solcher, welcher hauptsächlich aus dem Holze von Waldbäumen, Wiesentorf, welcher aus Gras u. Schilf entstanden ist; Rasentorf besteht aus wenig veränderten Pflanzentheilen, er ist von gelblichbrauner Farbe u. lockerer Beschaffenheit; Fasertorf ist eine schwarzbraune von mehr od. weniger zersetzten Pflanzentheilen durchzogene Masse; Pechtorf ist schwarzbraun u. enthält wenig erkennbare Pflanzenreste; Torferde ist zerreiblich u. nähert sich sehr der erdigen Braunkohle. In Ostfriesland unterscheidet man Hagetorf, eine leichte, schlechte, stinkende Art, welche wieder in Spalt- u. Tasttorf zerfällt; u. Dargtorf, welcher sich in Grünlands-, Moos- u. Stinktorf theilt.

Die gewöhnliche Art der Gewinnung des T-es ist das Stechen; findet er sich am Grunde von sumpfigen Teichen, so bildet er meist einen dunkelbraunen Schlamm, welcher mit Netzen od. Schaufeln (durch Baggern) herausgebracht wird. Das Stechen des T-es wird vom Frühjahre an bis zur Heuernte betrieben. Das Wasser wird zuvor in Kanälen abgeleitet u. dann die obere unbenutzbare Schicht, aus Rasen u. sandiger Erde bestehend (Aufleger, Sandtorf), abgeräumt, hernach aber der brauchbare T. mit einem scharfen Spaten in 10–12 Zoll langen, 4–6 Zoll breiten u. dicken Stücken (Soden) herausgestochen u. diese hohl geschränkt in Wänden aufgestellt, damit sie von der Luft durchzogen u. getrocknet werden. Eine Torfreihe, welche sieben Schichten u. zwei Waldsparn enthält, heißt Bierring. Wenn die Torfsoden vollkommen ausgetrocknet sind, werden sie in große Haufen von ein od. mehren Tausend Stücken aufgestellt (Torfschelven, Torfschober, Bülten). Auch verwahrt man sie in leichten Gebäuden (Torfscheuer, Torfschuppen). Die Seitenwände eines solchen sind von leichtem Holzwerk u. nur mit Latten od. Bretern so zugeschlagen, daß die Luft durchziehen kann, od., wenn diese Wände von Ziegeln sind, mit vielen Zuglöchern versehen; der Boden aber wird mittelst durchgehender Balken hohl gelegt. In Teichen od. solchen Torfbrüchen, wo das Wasser gar nicht od. nur mit Mühe abgeleitet werden kann, ist der T. schwerer zu gewinnen, weil das Ausbringen desselben als Schlamm mit vielen Umständen verknüpft ist. Er wird dann als Torfschlamm mittelst Schaufeln od. Netzen herausgenommen (gebaggert), in Radebergen ausgefahren, auf trockenem Grund in große Haufen gebracht u. entweder, nachdem er durch theilweises Austrocknen seine schlammige Beschaffenheit verloren hat, in regelmäßige Stücken gestochen. od. mit Sägespänen od. gehackten Stroh vermischt u. in Formen gestrichen (Streichtorf). Solcher durch Baggern gewonnene T. heißt Baggertorf; er ist meist sehr schwer u. schwarzbraun u. enthält häufig sehr viel Asche. Um den T. zu verbessern u. ihn besser als Brennmaterial, bes. auch für technische Zwecke anwenden zu können, wird derselbe von seinem hygroskopischen Wasser vollständig befreit, indem man ihn darrt; häufig wird der T. auch verkohlt u. dadurch eine zur Erzeugung hoher Temperaturen sehr geeignete Torfkohle gewonnen. Ebenso wird die Heizkraft des T-es erhöht, wenn man ihn preßt; dadurch wird zugleich ein Austrocknen erzielt u. durch die Volumenverminderung der Transport, namentlich zu Schiffe, erleichtert. Das Darren des T-es geschieht in großen gemauerten Räumen, welche durch einen horizontalen Rost in zwei Abtheilungen getheilt sind; die obere Abtheilung wird mit T. angefüllt, in der unteren erzeugt man durch zwei Feuerungen heiße Luft, welche durch den aufgeschichteten T. geht u. diesen seiner Feuchtigkeit beraubt. Nach einer andern Methode führt man durch den Darrraum gußeiserne od. blecherne Röhren, durch welche die heiße Luft streicht. Torfkohle wird zum Theil als Nebenproduct bei der trockenen Destillation des T-es zum Zweck der Gewinnung von Leuchtgas, Photogen u. Paraffin erhalten, zum größten Theil aber stellt man sie durch Verkohlen des T-es in Meilern od. Öfen dar. Die Meilerverkohlung ist der Holzverkohlung ähnlich, wird aber wenig angewendet. Die Öfen zur Verkohlung sind cylinderförmig, oben durch eine Kuppel geschlossen, in welcher sich eine Öffnung zum Einfüllen des T-es, sowie zum Abzug der Gase befindet; über der Sohle des Ofens sind drei Reihen Zuglöcher angebracht, welche durch Stopfen verschlossen werden können. Man setzt den T. durch die Öffnung in der Kuppel ein u. läßt in der Achse des Ofens einen Kanal zum Anzünden frei. Beim Beginn der Verkohlung läßt man die Einsatzthüre u. die Zuglöcher offen; sobald der T. durch die letzteren weißglühend erscheint, werden die unteren geschlossen u. die oberen geöffnet, u. wenn sich kein Rauch mehr entwickelt, alle Öffnungen geschlossen u. die Kuppel mit Sand bedeckt; nach 6–7 Tagen ist der Ofen erkaltet u. wird entleert. In Frankreich geschieht die Torfverkohlung in großen steinernen Öfen; dieselben enthalten je vier gewölbte Räume zur Aufnahme des T-es von ungefähr 8 Fuß Höhe, 4 Fuß Länge u. 4 Fuß Breite; im Scheitel jedes dieser Räume ist ein Rohr von Eisenblech angebracht, welches die bei der [692] Verkohlung entstehenden Gase nach dem Feuerraum leitet. Jeder Ofen hat zwei Feuerräume, von denen das Feuer durch Kanäle so geleitet wird, daß ein Feuer le zwei gewölbte Räume von allen Seiten umgibt. Man feuert so lange, bis keine Gase mehr durch die Rohre entweichen, was nach etwa 40 Stunden erreicht ist; dann zieht man die Kohlen aus dem Ofen u. läßt sie in verschlossenen Kästen von Eisenblech erkalten. In neuerer Zeit hat man die Verkohlung durch überhitzten Wasserdampf ausgeführt u. dabei sowohl eine größere Ausbeute an Kohlen, als auch ein sehr festes, zum Transport geeignetes Product erhalten. Aus den bei der Torfverkohlung reichlich abfallenden Kohlenklein u. Staubkohle bereitet man auf verschiedene Weise ein brauchbares Feuerungsmaterial, welches den Namen patentirte Kohle führt. Entweder mischt man die klare Kohle mit Lehm u. preßt sie in Ziegel, od. man knetet sie mit Theer zusammen, formt Ziegel daraus u. verkohlt diese; solche Kohle wird in der Nähe von Paris fabricirt u. kommt unter den Namen Carbons de Paris in den Handel. Durch das Pressen des T-es hat man versucht, denselben schneller u. vollständiger auszutrocknen u. seine Dichtigkeit zu erhöhen. Frisch gewonnener T. läßt sich dadurch größtentheils entwässern u. auf 1/3 seines Volumens verdichten, allein dieser gepreßte T. hält noch immer gegen 15 Procent Wasser zurück u. ist mit einer dichten Rinde überzogen, welche das völlige Austrocknen der Ziegel erschwert u. leicht ein Verderben des Materials herbeiführt. Außerdem sind zum Pressen der plastischen Torfmasse sehr bedeutende Maschinenkräfte erforderlich u. die Kosten dafür, gegenüber dem geringen Preis des T-es, so erheblich, daß man in neuerer Zeit von dem Pressen des frisch gewonnenen T-es vielfach wieder abgekommen ist. Mit dem meisten Erfolg wird das Verfahren noch in England angewendet, wo man den frisch gestochenen od. gebaggerten T. durch Walzen auspreßt, um ihn seines Wassergehalts zu berauben, u. dann ebenfalls durch Walzen in Ziegel formt. Mit größerem Vortheil bewirkt man die Wasserentziehung u. die Verdichtung des T-es durch zwei getrennte Operationen. Nach Gwynne geschieht das Entwässern durch Walzen od. Centrifugalmaschinen od. auch durch Erhitzen in eisernen Cylindern; der auf die eine od. andere Weise getrocknete T. wird dann zerkleinert u. stark gepreßt, wobei man ihn soweit erwärmt, daß sich theerartige Producte daraus entwickeln, welche zugleich als Bindemittel dienen u. dem T. nach dem Erkalten eine bedeutende Festigkeit geben. Ein anderes Verfahren von Challeton ist bei Paris zur Ausführung gekommen; man arbeitet die verschiedenen Sorten u. ungleichmäßigen Lager sorgfältig durch u. befreit das Gemisch durch Schlämmen von allen gröberen u. erdigen Theilen u. läßt es in großen Sammelgefäßen ruhig absetzen, wobei durch das Aneinanderlagern der Theilchen, wie bei der Papiermasse, eine dichte Masse erhalten wird, welche nach dem Trocknen einen hohen Grad von Festigkeit erlangt. In Holland, wo die Torflager meist schlammig sind, verdichtet man den T. nach einer eigenthümlichen Methode; der aufgehäufte Schlamm wird zuerst mit den Füßen durchgeknetet, dann in einen viereckigen Breterverschlag in Schichten von 1 Fuß Höhe durch Schlagen ausgebreitet u. dadurch der größte Theil des Wassers entfernt; nach einigen Tagen wird die Masse durch Weiber u. Kinder, welche flache Streichbreter an die Füße geschnallt haben, fest getreten, dann durch Schlagen mit Bläueln auf eine Dicke von 8–9 Zoll gebrach tu die Oberfläche geebnet; aus diesem Kuchen sticht man nun die Ziegel aus u. trocknet sie an der Luft. Oft brennen Torflager durch Unvorsichtigkeit an, so 1833 im Sommer bei Gröningen ein 5 Stunden großer District durch Unvorsichtigkeit. beim Abbrennen des Torflandes, wobei eine große Menge T. verloren ging. Solche brennende Torfmoore geben zum Theil die Veranlassung zur Entstehung des Höhenrauchs.

Der Nutzen des T-es ist bes. seine Brennbarkeit. Er gibt viel Hitze, hat aber meist das Unangenehme, daß er stinkt. In holzreichen Gegenden dient der T. auch zur Düngung. Man setzt den getrockneten u. gepulverten T. in Haufen, übergießt ihn öfters mit Jauche, Seifenwasser, Lauge etc., sticht das Gemenge einigemal um u. vermischt es mit Kalk od. Asche, um dem T. die Säure zu nehmen. Dieser Compost dient mit Nutzen zum Überstreuen der Saaten. Man kann den T. auch in die Viehställe od. auf die Miststätte streuen, wo er dann nach Abfuhre des Mistes herausgenommen u. in Haufen zur Gährung gesetzt wird, nachdem er mit Kalk od. Asche vermischt worden ist. Ohne einen Zusatz benutzt man den T. zur Düngung, indem man ihn in hohe, schmale Haufen zusammensetzt u. diese einige Jahre stehen läßt, wo sich dann der T. in eine schwarze Erde verwandelt. Er wird mit Nutzen in einem thätigen Boden angewendet. Die Torfasche, der Rückstand des verbrannten T-es, enthält kein Kali, oft aber Gyps, Kalksalze u. Eisenoxyd. Gute Torfasche muß weiß od. silberfarbig u. leicht sein, u. an einem trockenen Orte aufbewahrt werden; man wendet sie mit Vortheil zu Düngung auf Lein, Hülsenfrüchten, Klee u. auf Wiesen an. Auch künstlichen T. hat man, bes. auf Rügen; man nimmt schwarze Moorerde, wie sie in Büschen, Lachen u. Brüchen gefunden wird, macht sie mit Wasser zu einem dünnen Brei, mengt kurz gehacktes Stroh darunter, streicht die Masse über Ziegelformen u. trocknet die Ziegel zum Brennen. Schon Plinius erzählt, daß die Chauken mit getrockneter Erde kochten u. sich erwärmten. In Deutschland u. Holland wurde der Gebrauch des T-es zu Anfange des 13. Jahrh. allgemeiner; in Frankreich um 1621 bekannt. Vgl. Riem, Abhandlungen von T., Dresd. 1794; Eiselen, Handb. des Torswesens, Berl. 1802; Dau, Handbuch über den T., Lpz. 1823. 2) In manchen Gegenden so v.w. Braunkohle.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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