Vieleck u. Vielseit

Vieleck u. Vielseit

Vieleck u. Vielseit (Polygon), jede von irgend wieviel geraden Linien (Seiten) begrenzte Figur. Ein vollständiges neck nennt man ein System von allen möglichen geraden Linien, durch welche sich n gegebene Punkte zu je zweien verbinden lassen, von denen nicht mehr als 2 in einer Geraden liegen. Sind die Punkte sämmtlich in einer Ebene befindlich, so heißt das neck ein ebenes, im Nichtfalle ein windschiefes (Polygone gauche). Liegen alle Punkte auf einer Kugelfläche u. sind die Verbindungslinien lauter Bogen größter Kreise, so erhält man ein sphärisches neck Unter einem vollständigen nseit dagegen versteht man ein System von allen möglichen Punkten, welche durch die wechselseitige Begegnung von n unbegrenzten Geraden entstehen. Hieraus ergibt sich von selbst, was man sich unter einem sphärischen nseit zu denken habe. Ein einfaches neck entsteht, wenn man sich n Punkte in irgend einer Aufeinanderfolge so durch Gerade verbunden denkt, daß immer nur zwischen 2 auf einander folgenden u. zwischen dem ersten u. letzten gerade Linien gezogen sind, welche zugleich von diesen Punkten begrenzt werden; ein einfaches nseit dagegen, wenn man sich n gerade Linien in irgend einer Aufeinanderfolge so verlängert denkt, daß jede nur die nächstfolgende u. die letzte die erste schneidet u. keine derselben über diese Durchschnittspunkte hinaus verlängert wird. Die u. gegebenen Punkte des necks werden die Ecken od. Spitzen u. die n gegebenen Linien des nseits die Seiten der Figur genannt, gleich viel, ob dasselbe einfach od. vollständig ist. Das einfache nseit ist von dem gleichbenannten neck nicht wesentlich verschieden, so daß hier die Namen vertauscht werden können, während dies bei den vollständigen Figuren nicht der Fall ist. Im einfachen neck wird jede Verbindungslinie zwischen 2 nicht auf einander folgenden Ecken eine Diagonale, so wie der Begegnungspunkt zweier nicht auf einander folgenden verlängerten od. unverlängerten Seiten ein Durchschnittspunkt genannt. Der Durchschnittspunkt zweier parallelen Seiten liegt in unendlicher Entfernung. Bei 3 gegebenen Punkten od. Seiten fällt die vollständige Figur mit der einfachen zusammen. Zur Erläuterung der aufgestellten Begriffsbestimmungen möge das Viereck u. Vierseit dienen, so daß die gegebenen Punkte mit A, B, C, D, die gegebenen Geraden aber mit a, b, c, d bezeichnet werden, dann heißen A, B, C, D die Ecken, a, b, c, d die Seiten, bezüglich des Vierecks u. Vierseits In ersterm sind AB, AC, AD, BC, BD, CD die möglichen Verbindungslinien, in letzterm Falle aber (ab), (ac), (ad), (bc), (bd), (cd) die Durchschnittspunkte, wo (ab) z.B. den Durchschnitt der beiden Linien a u. b bezeichnet. In[572] dem vollständigen Vierecke sind die 3 einfachen Vierseite ABCD, ACBD, ABDC enthalten, so daß im ersten AC u. BD, im zweiten AB u. CD, im dritten AD u. BC die Diagonalen sind. Im vollständigen Vierseit geben die 4 Seiten in den Ordnungen abcd, acbd, abdc die drei einfachen Vierecke, so daß die Ecken des ersten der Reihe nach (ad), (bc), (cd), (da); des zweiten (ac), (cb), (bd), (da); im dritten (ab), (bd), (dc), (ca) sind. Den Durchschnittspunkten von AC u. BD, von AB u. CD, von AD u. BC im Viereck entsprechen die durch die Punkte (ad) u. (bc), durch (ab) u. (cd), durch (ad) u. (bc) gehenden Diagonalen im Vierseit etc. Die scharfe Unterscheidung zwischen neck u. nseit verdankt ihren Ursprung dem zuerst von Gergonne u. später in viel größerer Ausdehnung von Steiner nachgewiesenen Dualismus der geometrischen Lehrsätze. Im vollständigen neck ist n2 od. [n(n-1)]/1.2 die Zahl der Verbindungslinien u. 1/2(n-1)!, od. [(n-1)(n-2)..3.2.1]/2 die Zahl der darin enthaltenen einfachen necke. Im vollständigen nseit n2 die Zahl der Durchschnittspunkte u. 1/2(n-1)! die der einfachen nseite. Im einfachen neck ist [n(n–3)]/(1 . 2) die Anzahl aller Diagonalen; im einfachen nseit gibt derselbe Ausdruck die Zahl der Durchschnitts-Punkte der nicht auf einander folgenden Seiten. Im einfachen neck ist die Summe aller von je 2 auf einander folgenden Seiten eingeschlossenen Winkel (n–2)mal so groß als 2 rechte Winkel, sobald keine Seite unverlängert eine der übrigen schneidet. Ein solches neck kann daher höchstens (n–3) einspringende Winkel (d.h. größer als 180°) haben. Ist ein beliebiges Netz von einfachen Figuren gegeben, gleichviel ob dieselben alle in einer Ebene liegen od. nicht, so ist stets die Anzahl der Figuren vermehrt um die Anzahl der Winkelpunkte gleich der um 1 vermehrten Anzahl der Linien des ganzen Netzes, Diesen Satz verdanken wir Cauchy. Die Verwandtschaften der Vielecke s. Verwandtschaft. Ein V. heißt einem Kreise eingeschrieben, wenn alle Ecken desselben in seinen Umfang fallen; umschrieben dagegen, wenn alle Seiten den Kreis berühren; jene heißen centrisch nach den Ecken, diese centrisch nach den Seiten; auch wird im ersten Falle der Kreis dem V. umschrieben, im zweiten eingeschrieben genannt. In jedem eingeschriebenen V. von gerader Seitenzahl ist die Summe der einen abwechselnd genommenen Winkel gleich der Summe der übrigen, u. in jedem umschriebenen V. von gerader Seitenzahl ist die Summe der einen abwechselnd genommenen Seiten gleich der Summe der übrigen. Von beiden Sätzen läßt sich auch eine Anwendung auf den Fall der (2n+1) ecke machen. Ein V. heißt regulär, wenn alle Seiten u. alle Winkel einander gleich sind. Jedes solche ist immer centrisch, sowohl nach den Ecken als nach den Seiten, u. der ein- u. umgeschriebene Kreis haben einerlei Mittelpunkt, der Radius des erstem wird der kleine, der des letztern der große Halbmesser des B-s genannt. Die gleichschenkligen Dreiecke, in welche ein reguläres V. durch seine Radien zerlegt wird, heißen Mittelpunktsdreiecke, ihre am Mittelpunkt liegenden Winkel Mittelpunktwinkel, auch Centriwinkel, u. jeder Winkel des V-s ein Polygonwinkel. Der Centriwinkel des regulären necks ist = 4/n R u. der Polygonwinkel = 2 . [(n–2)/n]R. Die Construction der regulären necke hängt von der Theilung des Kreisumfangs in n gleiche Theile ab. Hierbei hat man sorgfältig zu unterscheiden, ob die Aufgabe vermittelst der Elementargeometrie. d.h. blos mit Hülfe der geraden Linie u. des Kreises, od. vermittelst der höhern Geometrie sich auflösen läßt. Das Letztere findet für jede beliebige gegebene Zahl Statt, während unter der ersten Beschränkung sich die Zahl der Theilungen auf sehr wenige reducirt. Da sich jeder beliebige Kreisbogen in 2 gleiche Theile theilen läßt (schon nicht mehr in 3, vgl. Trisection), so ist mit einer Theilung des Kreisumfangs in n gleiche Theile zugleich die Theilung desselben in 2n, 4n, .. überhaupt in 2k.n gleiche Theile gegeben, wo k jede beliebige ganze Zahl bezeichnet, so daß man für jede erste Theilung eine ohne Ende fortlaufende Reihe von weiteren Theilungen erhält. Ist die Theilung der Kreislinie in n u. n' gleiche Theile bekannt, so ergibt sich daraus eine neue Theilung, wenn 1/n – 1/n' sich in einen Bruch verwandeln läßt, der zum Zähler 1 od. eine Potenz von 2 hat. Durch 2 auf einander senkrechte Durchmesser wird der Umfang in 4 gleiche Theile getheilt; hierdurch ist die Construction des regelmäßigen Vierecks, Achtecks Sechzehnecks, überhaupt (2k.4) ecks gegeben. Der Kreisbogen, dessen Sehne gleich dem Radius, ist der sechste Theil der Peripherie; hierdurch ist die Construction des regelmäßigen Sechsecks, Dreiecks, Zwölfecks, Vierundzwanzigecks, überhaupt (2k.3) ecks gegeben. Construirt man ein rechtwinkliges Dreieck, dessen eine Kathete dem Kreishalbmesser u. dessen andere der Hälfte desselben gleich ist, so ist der Unterschied zwischen der Hypotenuse u. der Hälfte des Radius die Sehne des 10. Theils der Peripherie, od. anders ausgedrückt, theilt man den Halbmesser durch die Sectio aurea, so ist sein größerer Abschnitt die Seite des regelmäßigen Zehnecks; hierdurch ist die Construction des regelmäßigen Zehnecks, Fünfecks, Zwanzigecks, Vierzigecks, überhaupt (2k.10) ecks gegeben. Da 1/6 – 1/10 = 1/15, so ist auch die Construction des Fünfzehnecks mit der des Sechs- u. Zehnecks gefunden. Diese Kreiseintheilungen finden sich schon in Euklids Elementen u. man war hierin bis auf die neueste Zeit nicht weiter gekommen, bis 1801 Gauß zeigte, daß, wenn n eine Primzahl u. n–1 = 2α3β5γ.. ist, die Theilung der Peripherie in n gleiche Theile immer von der Auflösung von α Gleichungen des zweiten, von β Gleichungen des dritten, von γ Gleichungen des fünften Grades etc. abhängig ist. Ist nun unter jener Bedingung n–1 = 2α, so hängt die Theilung blos von der Auflösung von α quadratischen Gleichungen ab, ist also elementar, weil sich jede quadratische Gleichung vermittelst der geraden Linie u. des Kreises construiren läßt, für n = 17 ist n–1 = 24, für n = 257 ist n–1 = 28 etc. Es ist also zunächst die Construction des regulären Siebzehnecks auf elementare Weise möglich. Zum Verständniß der nachfolgenden Construction ohne Figur ist erforderlich zu bemerken, daß auf der geraden Linie, auf welcher der Halbmesser OA, liegt, die beiden entgegengesetzten Richtungen, nach welchen gewisse andere Linien zu verzeichnen sind, durch OA, u. AO unterschieden, u. daß alle Perpendikel[573] u. Halbkreise auf einer Seite, z.B. über der horizontal gedachten Linie OA construirt werden sollen. Es sei nun O der Mittelpunkt u. OA, ein Halbmesser des gegebenen Kreises. a) Man errichte in A auf AO ein Perpendikel, trage auf ihm AB = 2. AO auf, halbire AO in C u. trage in der Richtung OA die Linie CD = CB auf; b) man halbire AD in E, AB in F u. trage in der Richtung OA die Linie EG = EF auf; c) man errichte in O auf OA ein Perpendikel, trage auf ihm OH = OA auf, halbire OD in I u. trage in der Richtung AO die Linie IK = IH ab; d) man construire über AG u. AK Halbkreise, wovon der letztere das Perpendikel OH in L schneidet, ziehe durch L eine Parallele zu OA, welche den Halbkreis über AG zum erstenmal in M schneidet u. fälle von M das Perpendikel MN auf AG, so ist AN die Seite des regelmäßigen 34ecks im gegebenen Kreise, woraus sich natürlich auch das regelmäßige 17eck findet. Jedes reguläre V. ist seinem Inhalte nach einem Dreiecke gleich, welches den kleinen Halbmesser zur Höhe u. den Umfang zur Grundlinie hat. Der Inhalt des eingeschriebenen regulären necks ist = 1/2 nr2 sin 1/n · 360°, u. der des umschriebenen = nr2 tang 1/n · 180°. Über einige andere Eigenschaften der V-e vgl. die Artikel Transversale, Schwerpunkt, Viereck. Vgl. Lexell, Polygonometrie, Lpz. 1783; L'Huilier, Polygonométrie et Abrégé d'Isopérimétrie; Schierecks Polygonometrie, Gieß. 1820; H. A. Rothe, De divisione peripheriae circuli in XVII et XIII partes aequales, Erl. 1804; Paucker, De divisione geometrica peripheriae circuli in XVII part. aequales, 1817.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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