Weg

Weg

Weg, 1) die Linie od. der Raum, welchen ein Punkt od. Körper bei seiner Bewegung beschreibt; 2) (lat. Via), der Raum, bes. auf der festen Erdoberfläche, auf welchem man von einem Orte zum andern gelangt. Meist sind die W-e für diesen Zweck vorgerichtet. Der W. begreift nach den Gesetzen den Fußsteig (Iter) u. die Viehtrift (Actus) in sich u. ist überdies sehr häufig auch zum Fahren (Fahrweg) eingerichtet. Je nachdem ein W. breit ist u. vielseitig u. stark benutzt wird, od. nicht, sind die W-e entweder Straßen (s.d. 1) od. 3) W-e im engern Sinne. Je nachdem sie öffentliches od. Privateigenthum sind, werden sie entweder öffentliche (Viae publicae), od. Privatwege (V. privatae, V. agrariae) u. je nachdem erstere Eigenthum einer Gemeinde od. des Staats sind, Commun-, auch Gemeindewege od. Landstraßen genannt. Die Gemeindewege gehen entweder blos durch den fraglichen Ort u. in dessen Flur, Dorf- u. Stadtwege (Viae vicinales et urbicae), auch Feldwege im engsten Sinne (s. unten); od. sie dienen zur Verbindung nahe neben einander gelegener Orte, Communications-, Vicinal-, Neben- u. Richtwege. Die Landstraßen verbinden entweder näher liegende, meist kleinere Städte (Landstraßen im engern Sinne), od. sie sind Heer-, Post-, Handels-, Commercial-, Geleits- u. Landstraßen im eigentlichen Sinne, d.h. solche W-e, durch welche entferntere größere Städte u. Länder, bes. Handelsplätze, über mehre andere Städte hinweg für den Fracht-, Post- u. Botenverkehr verbunden sind. Sonst unterschied man auch noch von den eigentlichen Landstraßen die Reichs-, Land-, Post- u. Heerstraßen, auch Königsstraßen (Viae regiae, V. publicae, V. militares, V. ordinariae), auf welchen vom Kaiser das Zoll- u. Geleitsrecht verliehen war. Nach Verschiedenheit der Art der Herrichtung eines W-s ist er entweder eine Chaussee (Via strata), od. ein gepflasterter W. (Pflasterstraße), od. eine Eisenbahn, od. eine gewöhnliche Straße, od. ein unchaussirter W. (Feldweg im weitesten Sinne). Man theilt nämlich die Gemeinde- u. Privatwege, je nachdem sie durch die ganze Flur, od. blos durch Feld od. Holz gehen, in Flurwege (Viae agrariae), Feldwege im strengsten Sinne u. in Holzwege ein. Die Privatwege sind gewöhnlich auf den Grundstücken des Eigenthümers gemacht, Gutswege (Viae praediales), hängen daher von der Willkür des Gutsbesitzers ab; doch haben mitunter Privatleute auch auf den Grundstücken eines Andern zu ihrem eigenen od. zu Anderer Gebrauche den Wegbau u. die Wegbesserung zu besorgen. Das Erstere ist namentlich beim Nothweg der Fall, einem W., welchen der Nachbar Jemand gestatten muß, weil derselbe sonst nicht zu seinem Grundstück gelangen kann, u. bei der Wegdienstbarkeit (Servitus viae), dem Rechte eines Grundstücksbesitzers, auf einem ihm nicht gehörigen Grundstücke mit allen Arten von Wagen, beladen u. unbeladen, zu fahren, auch Steine u. Balken darüber zu schleifen, einschließlich der Fußsteigs- u. Viehtriebsgerechtigkeit (s. Servitut B) b) aa). Sind dergleichen W-e nur bittweise u. auf Widerruf eingeräumt, so heißen sie nachbarliche od. Gunstwege. Häufig dienen Privatwege zu Communications-, mindestens auch für Andere als Holz- u. Feldwege, u. nichts desto weniger muß sie der Eigenthümer in benutzbarem Stande erhalten. Haben mehre Eigenthümer einen Privatweg zusammen, so muß ihn gewöhnlich jeder Eigenthümer so weit erhalten, als derselbe vor seinem Eigenthume vorbei-, od. durch solches hinläuft. Die Gemeindewege werden auf Kosten der Gemeinde, welcher sie gehören, entweder so angelegt u. erhalten, daß jeder einzelne Einwohner des Orts die vor seinen Grundstücken, Häuser mit eingeschlossen, vorbeigehenden Theile des W-s u., wenn an den beiden Seiten des W-s Grundstücke verschiedener Eigenthümer anliegen, jeder Eigenthümer den W., so weit er vor seinen Grundstücken vorbeigeht, bis auf die Mitte desselben, in Bau u. Besserung erhalten muß; od. gewöhnlich so, daß aller Aufwand auf die Communstraßen u. W-e mit Einschluß der Reinigung derselben aus allgemeinen Communmitteln bestritten wird. Die Breite dieser W-e richtet sich nach dem Localbedürfnisse, jedoch mit möglichster Ersparniß von Grund u. Boden. Alle öffentlichen W-e, mithin auch die Gemeindewege, gehören zu der Art von öffentlichen Sachen (Res publicae), welche zwar im Eigenthume des Staats od. einer Gemeinde sind, aber von allen Staatsbürgern benutzt werden können, u. sie stehen unter der Oberaufsicht des Staats, damit sie stets in benutzbarem Stande sich befinden. Ein Grundstücksbesitzer, dessen Privatweg zu einem Gemeindewege od. einer Landstraße, u. eine Gemeinde, deren Gemeindeweg zu einer Landstraße gezogen worden ist, hat nun diesen Theil des W-s nicht mehr allein[6] zu bauen u. zu unterhalten. Höchstens müssen sie so viel jährlich dazu geben, als ihnen schon vorher die Unterhaltung des W-s kostete, wobei auch das etwa bis dahin gewöhnliche Wegegeld mit in Anschlag kommt. Die Heerstraßen müssen schon nach dem Reichsschlusse von 1670 auf eines jeden Landes gemeine Kosten gebaut werden. Daher können nur ganz besondere Gesetze od. Verträge einzelne Unterthanen dazu verpflichten. Zur Umlegung alter u. zum Bau neuer Landstraßen, welche übrigens, außer dem nöthigen Raume für Reiter u. Fußgänger auf beiden Seiten, so breit sein sollen, daß zwei sich begegnende Last-, Güter- od. Frachtwagen einander ausweichen können, müssen die Eigenthümer der anliegenden Grundstücke den nöthigen Bedarf an Terrain gegen Vergütung hergeben. Eigene Gesetze (Expropriationsgesetze) od. auch die Allgemeine Wegordnung bestimmen in der Regel hierüber das Nähere. Hat Jemand einen öffentlichen W., z.B. durch Abackern auf seiner Seite, so verengt, daß die Geschirre auf das entgegengesetzte Grundstück fahren müssen, ihn also auf das Grundstück des Nachbars hinübergebracht (hinübergetrieben), so kann dieser auf Herstellung der vorigen Wegerichtung, Entschädigung u. Androhung einer Strafe für ähnliche Beginnen, durch die Actio viae receptae (rejectae) klagen. Ist eine öffentliche Straße zerstört, so müssen die daran liegenden Grundstücke (Adjacenten) bis zur Wiederherstellung einen W. über ihre Grundstücke gestatten. Der Staat übt das Wegregal (Straßenregal, Jus viarum regium s. sublime), od. die Oberherrschaft über alle W-e in seinem Staatsgebiete aus. Darin begriffen sind die Straßengerichtsbarkeit u. die diesfallsige Gesetzgebung sammt Wegpolizei. Diese erstreckt sich nicht nur auf die zweckmäßige, möglichst geradlinige Anlegung der Straßen u. W-e, auf die Anlegung von Straßengräben, Kanälen, schattengebenden Umgebungen, Alleen etc., sondern auch auf die Bewahrung der Straßen u. ihrer Umgebungen vor Beschädigungen, Störungen des Verkehrs, Verunreinigungen, weiter auf Reinigung u. insonderheit auf schnelle Wiedergangbarmachung der Straßen, wenn sie durch den Einfluß der Witterung, namentlich durch Schnee, Wasserrisse, Bergstürze etc., od. durch menschliche Handlungen, z.B. Umstürzen von Wagen, gesetzwidrige Aufhäufung von Holz, Stroh od. anderes Material, ungangbar od. schwer zu passiren gemacht worden sein sollten. Endlich hat sie auch die Sicherheit der W-e u. der darauf Passirenden, sowohl in Bezug auf Vermeidung schädlicher Naturereignisse, als schädlicher menschlicher Handlungen zum Gegenstande. Auch auf fremdem Grund u. Boden steht dem Staate u. Communen die Weggerechtigkeit (Wegrecht), das Recht einen od. mehre W-e zu halten, zu. Der Staat ordnet die Wegpolizei durch Wegordnungen, Gesetze, wodurch die rücksichtlich der Straßen u. anderer W-e stattfindenden Rechte bestimmt werden, an. Sie setzt fest, wer die Verbindlichkeit zur Unterhaltung der W-e hat u. wie dies geschehen muß, u. bestimmt die Leistungen, beziehentlich Frohnen, welche die Unterthanen dabei, bes. bei großer, unvorhergesehener Störung des Verkehrs auf den W-en, leisten müssen; ferner die Bedingungen, unter welchen die Unterthanen ihre Grundstücke, in der Nähe der Landstraßen befindliche Kies- u. Schuttgruben, auch Steinbrüche zum Straßenbau zu überlassen haben; endlich die Strafen für Verletzung der Straßen u. deren Umgebungen. Die Oberbehörde in einem Staate in Wegbauangelegenheiten heißt Wegbauintendanz od. Wegbaudirection. Unter ihr stehen die Wegämter (Straßenämter), welche die specielle Aufsicht über W-e in gewissen Districten haben, dann die Wegaufseher, welche das Technische od. Polizeiliche, od. Beides bei den Straßen zu beaufsichtigen u. zu begutachten haben. Für jeden öffentlichen, gut unterhaltenen W. wird von denen, welche sich desselben bedienen, Weggeld (Wegmauth) entrichtet; doch erstreckt sich das Weggeld in der Regel nur auf Wagen u. Reiter, nicht auf bloße Fußgänger. Das Recht Weggeld zu erheben steht in der Regel dem zu, welcher den bezüglichen W. zu erhalten hat, also bei öffentlichen Landstraßen der Landesregierung (s. Chausseegeld, Straßenzoll, Geleit), bei Communicationswegen den treffenden Gemeinden, bei Privatwegen dem Eigenthümer des W-s. Doch darf Niemand, auch kein Rittergutsbesitzer u. keine Gemeinde, ohne landesherrliche Genehmigung Weggeld erheben. Über das Bauliche u. Geschichtliche, s. Chaussee. 4) erste W-e (Primae viae) nennt man den Darmkanal, zweite W-e (Secundae viae) die aufsaugenden Gefäße des Magens u. Darmkanals, nach den Alten die den Nahrungssaft zum Leben führenden Venen; 5) nasser u. trockener W., s.u. Erzprobe.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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