Welser

Welser

Welser, ein berühmtes Geschlecht, welches zunächst in Augsburg blühete u. von da sich nach Ulm, Nürnberg u. Österreich verbreitete, u. während es[86] in Augsburg selbst 1797 ausgestorben ist, in letzteren Orten noch fortbesteht. Zu ihren Ahnen rechnen die W., abgesehen von dem sagenhaften Belisar, einem römischen Senator, 1) Julius W., Feldhauptmann des Kaisers Otto I., welcher 971 nach der Schlacht auf dem Lechfelde zum Ritter geschlagen wurde u. 1003 starb. 2) Octavian, Sohn des Vor., war Feldhauptmann des Kaisers Konrad II. u. ließ sich zuerst in Augsburg nieder, wo er dem Patriciate einverleibt wurde u. 1074 starb. Seine Nachkommen bekleideten stets angesehene Stellen in dem dortigen Senate u. zeichneten sich als Großhändler u. durch Reichthum aus. Der nähere gemeinschaftliche Stammvater ist: 3) Lucas, welcher im zwölften Gliede von dem Vorigen abstammte u. ebenfalls Senator in Augsburg war; seine beiden Söhne, Anton u. Jakob, stifteten die beiden noch blühenden Hauptlinien: I. Ältere Hauptlinie von Ulm zu Bellenberg, gestiftet von Anton W. u. 1713 in den Freiherrenstand erhoben; zu ihr gehören: 4) Franz Anton, ältester Sohn des Stifters, welcher mit seinem Bruder Barthlmä 26 Jahre hindurch in Handelsverbindungen stand u. mit Anna Adlerin von Zinnenberg verheirathet war. 5) Philippine, Tochter des Vor., geb. 1530 od. 1531 in Augsburg; ausgezeichnet durch Schönheit u. Bildung. Als der Erzherzog Ferdinand, zweiter Sohn des Kaisers Ferdinand I., sie 1547 beim Reichstag sah, verliebte er sich in sie; da sie aber alle Anträge zu einer andern Verbindung mit ihm, als durch die Ehe, standhaft abwieß, so ließ er sich 1550 (nach And. 1556) mit ihr insgeheim trauen. Der Kaiser, als er es erfuhr, war darüber so entrüstet, daß er seinen Sohn gar nicht vor sich ließ, dieser aber lebte inzwischen in glücklicher Ehe mit Philippine, u. als diese 1558 als Bittstellerin in der Verkleidung einer Pilgerin dem Kaiser sich auf Schloß Ambras nahere, wurde er von ihrer Schönheit so bezaubert, daß er, nach dem sie sich ihm entdeckt hatte, ihr u. seinem Sohne verzieh u. darauf ihre Ehe bestätigte, sie selbst später zur Markgräfin von Burgau erhob u. ihre beiden Söhne, Andreas u. Karl, für legitim erklärt, u. dieselben ebenfalls zu Markgrafen von Burgau ernannte (s. Burgau). Ferdinand u. Philippine lebten abwechselnd auf Ambras u. in Innsbruck; Philippine starb 28. April 1580 zu Ambras u. wurde in der Hofkirche zu Innsbruck beigesetzt; ihr Bildniß ist im Schlosse Schönbrunn aufgestellt. 6) Barthlmä, Bruder von W. 4), geb. 1484 in Augsburg, hatte durch glückliche Speculation ein großes Vermögen erworben; bei ihm machten nicht nur Kaiser Karl V., dessen Geheimer Rath er war, eine Anleihe von 11 Mill. Fl. zu Länderankäufen in Amerika, König Franz I. von, Frankreich eine von 2 Mill., 1546 König Heinrich VIII. von England u. 1547 König Eduard VI., sondern er brachte auch die Insel Venezuela durch Kauf an sich u. besaß dieselbe bis 1555 (s.u. Caraccas S. 677) Er zog sich dann von dem Geschäft zurück u. lebte u. starb 1561 auf seinem Landgute zu Amberg bei Türkheim. Zum Chef des Geschäftes erklärte er seinen ältesten Sohn Christoph. Seine Enkel Christoph u. Heinrich theilten diese Linie in zwei Hauptäste: A) Ast zu Augsburg, gegründet von Heinrich, erlosch 1797; zu ihm gehörten 7) Marcus, geb. 1558 in Augsburg, studirte in Rom, wurde 1592 Rathsherr u. 1600 kaiserlicher Rath u. Stadtpfleger in Augsburg; er schr.: Res augustanae, Augsb. 1594; Res boicae, ebd. 1602; Opera historica et philologica, Nürnb. 1682; gab auch die Tabula Peutingeriana, ebd. 1591, heraus. B) Ast zu Ulm, gegründet von Christoph, wurde 1713 in den Freiherrenstand erhoben; jetziger Repräsentant ist: 8) Freiherr Johann Michael, Sohn des verstorbenen Freiherrn Marcus Theodosius, geb. 1808, ist Director des Bezirks- u. Handelsappellationsgerichts in Nürnberg; sein ältester Sohn Ludwig ist 1841 geboren. II. Jüngere Hauptlinie, gestiftet von Jakob W. (s. oben), jüngerem Sohn von W. 3), welcher sich in Nürnberg niederließ u. Senator daselbst wurde; durch seine beiden Urenkel, Sebald u. Sebastian, theilte sich diese Linie in die Nürnbergische u. Österreichische: a) freiherrliche Linie von Nürnberg zu Neunhof, gestiftet von Sebald u. in ihrer Freiherrlichkeit in Baiern 1819 bestätigt; zu ihr gehörte: 9) Paul Karl W., geb. 1722 in Nürnberg, Rathsherr daselbst, dann Kirchen- u. Almosenpfleger, Scholarch u. Curator der Universität Altdorf. Im Siebenjährigen Kriege als Geißel nach Leipzig geführt, müßte er dort bis zum Frieden bleiben; er st. 1788; der jetzige Repräsentant dieser Linie ist: 10) Freiherr Karl, Sohn des 1819 verstorbenen, Freiherrn Christoph Karl, geb. 1818; er hat keine Kinder; b) gräfliche in Österreich, W.-Welsersheimb, gestiftet von Sebastian, Sebalds Bruder (s. oben), welcher nach Österreich zog, wo seine Descendenz 1651 mit dem Prädicat von Welsersheimb in den Freiherren- u. 1719 in den Reichsgrafenstand erhoben wurde; jetziger Chef: 11) Graf Leopold, Sohn des 1811 verstorbenen Grafen Joseph, geb. 5. Jan. 1793; er ist k. k. Geheimrath u. war früher Gouverneur von Illyrien; seit 1858 Wittwer von Antonie geb. Gräfin Szapary; sein älterer Sohn Otto ist 1822 geboren.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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