Wollkämmen

Wollkämmen

Wollkämmen, Vorarbeit für das Spinnen der Kammwolle (s. Wollspinnerei II. A). Es ist theils Handarbeit, theils wird es auf Wollkämmmaschinen betrieben. A) Bei der Handkämmerei gebraucht man zwei große Kämme (Wollkämme); diese sind Tförmig u. bestehen aus einem hölzernen Griff, welcher am Ende ein Querholz (Kammlade) hat; auf dem Querholze sind zwei Hornplatten befestigt, u. in diesen stecken bei den deutschen Kämmen zwei Reihen stählerne Zinken, welche mit dem Griffe einen Winkel von 50° einschließen; die Zinken der äußeren Reihe sind 101, die der inneren 8 Zoll lang. Die englischen Kämme sind größer u. schwerer u. haben drei bis vier Reihen Zinken. Die äußeren Zinken jeder Reihe sind etwas länger als die mittleren u. von beiden Seiten her etwas gegen die Mitte geneigt. Die feineren Kämme haben mehr u. dünnere Zinken als die gröberen. Der Griff hat an seinem oberen Ende ein Loch wie eine Röhre u. ein anderes nahe an den Zinken, welches durch[344] denselben hindurch geht; beide Löcher dienen dazu, den einen Kamm auf der Kammschraube zu befestigen. Diese ist ein Stück Eisen mit einem horizontalen u. einem senkrechten Zapfen, welche in die Löcher des Kammgriffes passen; häufig ist es an einer Säule des Kammpots (s. unten) angeschraubt, bisweilen ist es in eine andere Säule eingeschlagen. Zwischen diesen Kämmen wird die Wolle (gesettet od. nicht) bei der deutschen Methode zuerst in der Hand, das zweite Mal auf der Kammschraube, bei der englischen Methode beidemal auf der Kammschraube so durchgezogen, daß die Haare dieselbe Richtung bekommen u. zuletzt als ein langer zusammenhängender Streif od. Band (ein Zug) herausgezogen werden können. Den Abfall nennt man Kämmling. Damit diese Arbeit besser von Statten gehe, werden die Zinken der Kämme in dem Kammtopfe od. Kammpot bis zum Blauanlaufen erwärmt. Dieser besteht aus einem hölzernen Gestelle, ungefähr 4 Fuß hoch u. eben so weit, auf welchem ein Herd von Lehm u. über diesem eine Haube, ebenfalls von Lehm, angebracht ist. Die Haube hat oben eine große Öffnung, durch welche Kohlen auf den Herd geworfen werden, u. welche mit einem Blech bedeckt wird; an jeder Seite der Haube sind zwei Löcher zum Einlegen der Wollkämme. Um Asche u. Rauch vom Zimmer u. den Kämmen fern zu halten, bringt man eine Eisenplatte über dem Feuer an. B) Die Maschinenkämmerei, bes. für kürzere Wollen. Die erste Kämmmaschine ließ sich Ed. Cartwright 1790–1792 in England patentiren. Schon seit 1829 arbeiteten in Sachsen Opelt u. Wieck an der Erfindung einer Kämmmaschine u. nahmen 1837 in England ein Patent darauf. Bei der Kämmmaschine von Collier stehen die Zinken od. Kammzähne am Umfang zweier hohler u. durch Dampf erwärmten Kammräder von 7 Fuß Durchmesser; die Achsen beider Räder sind etwas gegen den Horizont geneigt u. kreuzen sich, so daß die seitlich aus den Rädern vorstehenden Zähne die Wolle kämmen, indem sie an einander vorbeistreifen. Der Kämmmaschine von Lister u. Donnistorpe arbeitet eine Kratzmaschine vor; bei dieser Kämmmaschine wird die Wolle auf einen Kammring übertragen u. durch einen auf einem Hebel sitzenden Kamm abgekämmt. Bei der Heilmannschen (von Schlumberger ausgeführten) Kämmmaschine arbeitet ebenfalls eine Hülfsmaschine (Nappeuse) vor u. liefert eine Masse, welche auf drei Strecken bearbeitet, dadurch auf Spulen gewickelt u. in einem Kasten eine Stunde lang gedämpft werden; der wesentlichste Theil der Kämmmaschine ist eine an zwei diametral gegenüberliegenden Stellen mit acht Zahnreihen versehene Kammwalze, welche die von einer ebenfalls mit Nadeln od. Zähnen versehenen Zange festgehaltene Wolle auskämmt, worauf die gekämmte Wolle zwischen dem glatten Theile der Kammwalze u. einem geriffelten Cylinder hindurchgeht u. endlich als breites Band durch ein Paar Abziehwalzen in eine Kanne fällt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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