Elektrisirmaschine [1]

Elektrisirmaschine [1]

Elektrisirmaschine, zusammengesetzter Apparat, um die durch Reiben stark u. anhaltend erregte Elektricität eines ursprünglich elektrischen Körpers einem leitenden Körper zuzuführen u. in diesem angehäuft zu erhalten. Sie besteht wesentlich: aus a) dem zu reibenden elektrischen Körper, am besten glattem Glas in Kugel-, Sphäroiden-, Cylinder- od. Scheibenform (hiernach der Unterschied von Kugel-, Cylinder- u. Scheibenmaschinen), welcher mittelst einer Kurbel, gewöhnlich auch mit einem Schnurenlauf um ein großes u. kleines Rad, in Umdrehung versetzt werden kann; b) dem Reibezeug aus Leder od. Taffet, mit einem Amalgama (gewöhnlich aus Quecksilber mit Zinn u. Zink) an der anliegenden Stelle überstrichen u. mit seinem Kalbleder od. Wachstaffet überdeckt, damit nichts von der erzeugten Elektricität entweiche; c) dem ersten od. Hauptleiter (Conductor), einem metallnen (am besten von polirtem, mit Goldfirniß dünn überzogenem Messing), kugel- od. cylinderförmigen durchaus abgerundeten hohlen Körper, der am besten auf massiven, mit Schellack überzogenen Glasgefäßen ruht u. nach der einen Seite an einem Messingstäbchen eine Kugel zum Funkenausziehen, nach der andern den Saugapapparat (Collector) trägt. Der Letztere besteht aus einer Reihe metallner Spitzen, die gewöhnlich von einem Messingstück in Gestalt eines halben hohlen Cylinders umgeben sind. Stellt man den Conductor mit diesen Spitzen der + elektrischen Glaskugel gegenüber, so werden in ihm die Elektricitäten vertheilt, die – E. geht durch die Spitzen auf die Kugel über, die + E. bleibt im Conductor zurück, es scheint also, als ob der Conductor durch die Spitzen die + E. eingesaugt habe. Die Starke der im Conductor sich häufenden Elektricität richtet sich nach der Größe seiner Oberfläche, die jedoch, für die höchste Wirkung, die von 3/5 der Oberfläche des Glases nicht überschreiten darf. Eine von dem Reibezeug zu der Erde herabhängende metallne Kette, od. sonstige Verbindung zwischen Reibzeug u. Erde leiten die auf dem Reibzeug freigewordene – E. ab, damit dasselbe bei fortgesetzter Drehung weitere – E. aufnehmen u. also auch das Glas ferner elektrisirt werden kann. Will man aber – E. gewinnen, so leitet man den Conductor zur Erde ab u. isolirt das Reibzeug. Zur Erreichung der vollen Wirkung einer E. muß Alles, was bestimmt ist Elektricität anzusammeln, möglichst abgerundet u. glatt u. alles Umgebende möglichst trocken sein; daher schadet ihr schon Staub, noch mehr aber Luftfeuchtigkeit; weswegen auch Erwärmung des Glases u. Leiters den Versuchen förderlich ist. Die besonderen Einrichtungen der E-n sind höchst abweichend. Die vollkommenste, die man kennt, ist die von Cuthberson angegebene, mit 2 Scheiben, von 31 Zoll Durchmesser, u. 8 Reibezeugen, für das Teylersche Museum in Harlem verfertigte, von van Marum beschriebene (aus dem Holländ. übersetzt, Lpz. 1786, u. 2 Fortsetzungen, 1788 u. 1795). Compendiöser ist die von Ingenhouß angegebene kleine Maschine, die man an der Wand aufhängen kann, dessen Elektrische Taschenmaschine u.[620] die E. von Page, wo durch Auf- u. Niederziehen eines mit Amalgam bestrichenen Stempels in einem Glascylinder Elektricität entwickelt, durch einen am Stempelangebrachten Stern eingesaugt u. von diesem durch eine kleine Kette dem kugelförmigen, die untere Cylindermündung lose schließenden Conductor mitgetheilt wird. Hierher gehört der Lichtenbergsche Luftelektrophor, dessen wesentlicher Bestandtheil eine mit schwarzem, glattem, wollenem Zeuge überzogene Trommel (dah. auch Trommelmaschine) ist, die durch ein isolirtes, mit langhaarigen Katzenfellen überzogenes Kissen gerieben wird. Neuere Verbesserungen hat Bohnenberger (s.d. 1) angegeben. Von dem Conductor einer jeden E. aus kann nun die Elektricität nach Belieben durch Entladung (Ausladung, Funkenziehen in der Schlagweite od. Ableiten durch Spitzen auf sanftere Weise, unter Erregung von Gefühl eines Hauches etc.) verwendet werden. Das Werkzeug hierzu (Auslader) besteht meist aus einem, in Form eines C gekrümmten Messingstab, der an den Enden mit Metallknöpfen versehen ist; ein nicht leitender Handgriff von trockenem Holz od. Glas befindet sich in der Mitte. Wird aber ein anderer Gegenstand, was auch ein lebendes Geschöpf, also auch ein Mensch sein kann, mit dem Conductor, durch Anfassen desselben od. einer metallnen Kette von ihm aus, in Verbindung gebracht u. zugleich isolirt, so wird dieser selbst ein Theil des Conductors u. bekommt dessen Eigenschaft; man kann also dann auch aus ihm Funken ziehen u. andre Körper elektrisch (durch Schläge u. sonst) afficiren. Die Blitztafel, eine Tafel, welche die Elektricität nicht leitet, ist mit unterbrochenen Metallstreifen belegt, bringt man sie mit dem Conductor der E. in Verbindung, so schlägt, während des Drehens der Maschine, die Elektricität zwischen den Metallstreifen in Funken über. Sind die Unterbrechungsstellen der Metallstreifen so an einander gereiht, daß der überspringende Funke einen Weg nehmen muß, der etwa Buchstaben od. Figuren ähnlich ist, so kann man die Einrichtung zu Decorationszwecken, bei Beleuchtungen etc. brauchen.

Man benutzt die E., um Lehren der Elektricität anschaulich zu machen, od. zu Spielereien. Hierher gehören das Elektrische Haus, ein kleines, blechernes Haus, in das man mittelst der E. einschlagen u., in so fern der Funke zündbare Stoffe od. nicht trifft, zünden od. nicht zünden läßt; der Elektrische Regen, wo man durch die aus einem geladenen Elektricitätsleiter ausströmende Elektricität Zertheilung eines vorbeifließenden dünnen Wasserstrahls zu seinem Regen bewirkt; die Elektrische Pistole od. Flinte, ein Werkzeug in Form einer Pistole (auch wohl einer Flinte, Kanone od. eines Mörsers, dann Elektrische Kanone, Elektrischer Mörser), in welcher durch einen elektrischen Funken brennbare mit atmosphärischer vermengte Luft (Knallluft) entzündet wird, die unter einem Knall einen aufgesetzten Kork austreibt; man stellt auch einen Elektrischen Tanz dar, indem man eine, mit wollenem Zeuge geriebene Glasplatte über einen Tisch hält u. so auf denselben liegende papierschnitzeln, Goldblättchen u. dgl. hüpfen läßt, auch wohl, indem man aus Papier od. Korkkügelchen geschnittene Püppchen, deren Füße u. Köpfe in Spitzen enden, auf eine metallene, horizontale Platte legt u. eine andere darüber isolirt hängende Metallplatte mittelst Leitung vom Conductor der E. aus elektrisirt. Das Elektrische Glockenspiel, an einem mit dem Conductor in Verbindung stehenden metallischen Stativ hängt mittelst einer Metallkette eine Glocke u. neben ihr an einer Seidenschnur eine zweite Glocke, aus deren Innern eine Metallkette zur Erde abgeleitet ist, endlich zwischen beiden an einem Seidenfaden ein leichtes metallnes Kügelchen. Sobald nun die E. in Bewegung gesetzt u. die erste Glocke elektrisch wird, zieht sie das Kügelchen an, stößt es aber sofort nach der Berührungwegen der Abstoßungen gleichartiger Elektricitäten wieder ab, während es nun von der zweiten Glocke angezogen u. durch sie die + E. des Kügelchens nach der Erde abgeleitet wird; daher erfolgt nun wieder eine Anziehung durch die erste Glocke u.s.f. Die Elektrische Windmühle (Elektrisches Flugrad), ist ein horizontal liegendes kleines Rad mit 4 Armen von Messingdraht, wovon die Spitzen in rechten Winkeln umgebogen sind. Es ruht mit einem messingenen Hütchen auf einer Spitze u. ist um diese leicht beweglich. Mit dem Leiter einer E. in Verbindung gebracht, dreht es sich. Setzt man kleine hölzerne Pferde auf diese Spitzen, so wird es ein Elektrisches Pferderennen. Das Elektrische Rad, ist ein Stern mit 66 Spitzen, welche elektrisch im Dunkeln leuchten u. welcher herumgedreht ein Feuerrad vorstellt; hierher gehört auch der Elektrische Bratenwender, eine wagerechte hölzerne Scheibe, um einen mittleren Stift beweglich; aus dem Umkreis gehen 30 gläserne Stäbe mit messingenen Knöpfen, die etwa 4 Zoll von einander entfernt sind. Es sollte, indem durch elektrische Anziehung dieser Knöpfe die Scheibe zum Drehen gebracht wurde, die Zahl der Umläufe des Rads in einer Minute zu einem Elektrometer dienen. Die Elektrische Spinne, ein an einem seidenen Faden hängender schwarzer Kork hat die Figur einer Spinne, u. durch diese gezogene Zwirnsfäden stellen die Füße vor; ist er mit einem elektrischen, in Wirksamkeit begriffenen Apparat verbunden, so entstehen durch Anziehen od. Abstoßen Bewegungen, die der einer lebenden Spinne gleichen. Um den Körper eines auf einem Pechkasten Stehenden, stark Elektrisirten, bes. wenn er einen Helm mit metallnen Spitzen auf hat, zeigt sich eine Strahlenkrone (Beatification), zuerst von Bose bemerkt. Zur Erzeugung der größten Quantitäten ruhender, im Spannungszustande befindlicher Elektricität hat Armstrong das Princip der Elektricitätserregung durch Dämpfe, die sich an den Wänden ihres Gefäßes reiben, benutzt u. darnach seine Hydro-E. (Dampf-E.) construirt. Sie besteht in einem auf Glasfüßen ruhenden Dampfkessel, bei welchem die Heizung inwendig angebracht ist. Ein Ventil dient zur Regulirung der Spannkraft des Dampfes. Hat diese die. nöthige Höhe erreicht, so bewirkt man durch das Öffnen eines Hahnes die gewaltsame Ausströmung des Dampfes durch einige mit Windungen versehene Röhren, welche durch einen, behufs der Condensation der Dämpfe mit kaltem Wasser gefüllten Kasten geführt sind. Alsbald wird der Kessel elektrisch, während der Dampf die entgegengesetzte. Elektricität mit sich führt, zu deren Ableitung der Öffnung der Röhren Metallspitzen entgegengestellt sind, welche mit der Erde in leitender Verbindung steht. Besteht die Mündung des Ausströmungsrohrs aus Holz, Glas od. Metall, so wird der Kessel negativ elektrisch, wird aber in eine solche hölzerne Röhre Terpentinöl od. irgend ein fettes Öl gebracht, so wird der Kessel,[621] so lange die Verflüchtigung desselben dauert, positiv elektrisch. Vgl. J. Cuthberson, Beschreibung einer E. u. der damit angestellten Versuche, aus dem Holländ. (von H. C. W. Eschenbach), Lpz. 1790; J. K. Gütle, Beschreibung verschiedener E., Nürnb. 1806, 3 Thle.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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