Fluß [1]

Fluß [1]

Fluß, jedes bedeutende, nach einer bestimmten Richtung hin in Vertiefungen (Flußbett) von Seitenerhöhungen (Ufern) begrenzte, seiner natürlichen Senkung nach abfließende Wasser. Wenn der F. seinen Ursprung in weichem sumpfigem Boden hat, so sagt man, er entspinnt sich, aus Quellen entspringt er, aus einem See entsteht er, aus einem Gletscher bricht er hervor. Bisweilen ist schon dieser Anfang so bedeutend, daß das Wasser sogleich den Namen F. erhält, meist aber wird der F. erst durch das Zusammenfließen kleinerer Gewässer gebildet, welche mit der allgemeinen Benennung Bach bezeichnet werden, bei geringem Falle aber auch die Benennung Fließe führen. Während des weiteren Verlaufes erhält jeder F., u. oft sehr ansehnlich, durch seitwärts eingehendes Gewässer Zugang. Ein F., welcher durch Verein mehrerer Flüsse ansehnlich geworden u. eine sehr bedeutende Wassermenge enthält, heißt ein Strom; in Bezug auf die ihm zugehenden Flüsse von minderer Wassermenge, od. die von einer ganz anderen Richtung her in ihn gelangenden (Nebenflüsse), Hauptfluß. Theilt sich ein F. in mehrere Abflüsse, so heißen diese dann Arme; vereinen sie sich wieder, so bilden sie Inseln, Werder od. Auen. Jeder F. führt zuletzt zur Mündung, u. zwar entweder in einen anderen, meist größeren Fluß (dieser nimnt ihn auf), od. er ergießt sich od. mündet in einen See od. in das Meer, od. er verschwindet allmälig od. plötzlich in trockenem Boden (Steppenfluß). Ergießt sich ein Fluß in mehreren Armen, so entsteht ein sogenanntes Delta; hat ein Fluß seichte Stellen, an denen er durchwatet werden kann, so nennt man diese Fuhrten. Kleine Flüsse, welche sich ins Meer ergießen, meist ohne einen Nebenfluß aufgenommen zu haben, nennt man Küstenflüsse. Wenn Flüsse nur zu gewissen Zeiten, wie es in heißen Klimaten vorkommt, fließen, übrigens ein trockenes Bett haben, nennt man sie periodische F. Die Flüsse entsprechen in ihrein Lauf dem Zug der Berge u. Landhöhen u. geben, eben so wie die Landhöhen, indem diese nach entgegengesetzten Seiten sich senken, natürliche Grenzscheiden von Ländern u. Gebieten, indem sie in diesen immer die tiefsten Stellen einnehmen. Hierauf beruht die natürliche Eintheilung einer großen Landstrecke nach Flußgebieten, indem alles Land, von wo aus das Wasser nach der natürlichen Senkung einem gemeinschaftlichen F. zuströmt, zu demselben gehört. Die mehrsten Flußgebiete sind ziemlich scharf durch Berge u. Landhöhen abgegrenzt. Diese Grenzen bezeichnet man als Wasserscheiden, u. sie sind in der Terrainlehre von hoher Wichtigkeit. Nur auf Hochebenen, so wie auch in niedrem, weit ausgedehntem flachen Lande, vermischen sich mehrere Flußgebiete, u. es bilden sich durch Zusammenfluß von Gewässern mehrerer Flußgebiete, Flußnetze. Die künstlichen Verbindungen der Flußgebiete bilden die Kanäle. Im Ganzen genommen aber bilden Flußgebiete lange, in vielfache Krümmungen verzogene Ellipsen; die Größe dieser, Flußgebiete hängt zum Theil von der Länge des Flusses u. der Zahl u. Ausdehnung seiner Neben- u. Zuflüsse ab, bedingt andrerseits auch meist den Wasserreichthum des Flusses, doch finden sich hierin auch Unregelmäßigkeiten, indem z.B. ein F., welcher die längere Stromentwickelung besitzt, gleichwohl ein kleineres Flußgebiet u. eine geringere Wassermenge haben kann, als ein anderer F., dessen Lauf kürzer ist. Für jeden F. sind seine Senkung od. sein Fall, die Schnelligkeit seines Laufes, die Höhe u. Beschaffenheit seiner Ufer, so wie deren Krümmung, endlich die Ebenheit od. Unebenheit seines Bettes charakteristisch. Meist hat der F. seine größte Tiefe u. Strömung nur nach einem Ufer zu, u. dann ist gewöhnlich dieses steiler u. das entgegengesetzte flacher; durch das Zusammenrücken der Ufer wird die Strömung verstärkt u. durch Hindernisse, welche das Wasser in seinem Abfluß erfährt, mannigfaltig geändert,[392] es bilden sich Wirbel u. Strudel etc. Durch die Strömung wird ferner unaufhörlich von höhern Gegenden nachgiebiges Erdreich als Gerölle, Flußsand, od. auch Lehm abgeführt, der sich dann theilweise auf ebenerem Boden, u. wo die Strömung geringer ist, absetzt. Indem dieser sich erhöht, wird der fernere Wasserabfluß gehemmt, u. es versanden daher Flüsse meist in ihrem Ausfluß mehr u. mehr, od. es setzt sich auch weggeschwemmtes Erdreich an tiefern Stellen der Ufer an, od. es bilden sich Inseln u. Sandbänke etc. Das von Zeit zu Zeit erfolgende Anschwellen der Flüsse beruht theils auf periodischen Zugängen von Regen- u. Schneewasser, theils von zu unbestimmten Zeiten eintretenden Regengüssen, od. auch von stärkerer Ergiebigkeit der Quellen. Die Strömung wird dann vermehrt, u. bei flachen Ufern tritt das Wasser in das Land aus u. bildet Überschwemmungen. Oft ergießt auch ein Nebenstrom mehr Wasser in den Hauptstrom, als dieser selbst führt, das Wasser stant dann in diesem u. erhält wohl selbst auf eine Strecke einen Rückfluß. Auch der Eisbruch in der Winterszeit u. im Frühjahr veranlaßt häufig durch solche Stauungen Überschwemmungen. Die Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser abfließt, hängt von dem hydrostatischen Druck ab, welchen es erfährt, u. von der Beseitigung der Hindernisse, welche es in seinem Lauf aufhalten, daher fließt es am schnellsten auf der Oberfläche u. in jeder tiefern Schicht langsamer. Bei ebenem Boden fließt ein breiter Strom nicht nur in der Mitte am stärksten, sondern der Strom bekommt dadurch auch hier einen etwas höheren Wasserstand. Als eine schon ansehnliche mittlere Geschwindigkeit wird 3–4 Fuß Fortbewegung in 1 Secunde angesehen; ist aber das Gefälle (der Höhenunterschied zweier Punkte in der Längenrichtung des Flusses) beträchtlich, so wird der F. reißend, bildet eine Stromschnelle, u., wenn das Bett durch einen Felsabhang unterbrochen wird, einen Wasserfall. Der Hauptnutzen, welchen die Flüsse gewähren, ist die Flußschifffahrt (s.d.), bes. seitdem die Anwendung der Dampfkraft mit Leichtigkeit auch die Fahrt stromaufwärts, selbst bei starker Strömung, ermöglicht hat. Alle civilisirten Staaten haben daher oft große Anstrengungen gemacht, od. machen sie noch, um durch Flußregulirungen die Schiffbarkeit der Flüsse zu erhöhen od. auch erst zu eröffnen. Von großer Bedeutung sind die Flüsse in der Strategik, s. Flußübergang u. Flußvertheidigung. Über die Rechtsverhältnisse in Bezug auf die Benutzung der Flüsse existiren in den verschiedenen Staaten besondere Gesetze. Vgl. Flußrecht.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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  • Fluß — (Fluxus), in der Heilkunde s.v.w. Rheumatismus; in der Chemie s.v.w. Flußmittel. Weißer F., s. Leukorrhöe …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Fluß [2] — Fluß, Mineral, s. Flußspat …   Kleines Konversations-Lexikon

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