Rittergesellschaften

Rittergesellschaften

Rittergesellschaften (Ritterbünde), im Mittelalter auf bestimmte Zeit geschlossene Verbindungen des Adels zunächst zur Beilegung von Zwistigkeiten unter einander, dann aber auch zu gegenseitiger Hülfleistung bei Streitigkeiten u. Fehden mit Andern, woraus später auch Verbindungen gegen die Fürsten entstanden. Die Verbündeten trugen theils gleiche Kleidung, theils auch blos gleiche Zeichen, die Ritter aus Gold, die Knappen aus Silber, u. nach diesen Zeichen nannten sie sich gewöhnlich. An der Spitze der Gesellschaft standen ein od. mehre auf ein Jahr gewählte Obere (Hauptleute, Könige), welchen die andern Glieder strengen Gehorsam schuldig waren u. von denen bes. die unter den Mitgliedern ausbrechenden Streitigkeiten geschlichtet wurden. Auf einer der jährlich ein- od. mehrmal gehaltenen Versammlungen (Capitel) wurde das Oberhaupt gewählt, die Interessen der Gesellschaft berathen u. das Gedächtniß verstorbener Genossen feierlich begangen. Solche R. finden sich in Frankreich schon im 13. Jahrh., wo ste auf den Concilien zu Valence 1249 u. zu Avignon 1281 als der Kirche widerwärtig erwähnt werden, ganz bestimmt aber wurde ihre Tendenz u. Verfassung in einem Concilienbeschluß von Avignon 1327 ausgeführt u. verdammt. In Deutschland kommen sie erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. vor, u. hier bes. in der Wetterau, in Franken, Schwaben, u. dem Rheinlande, in Norddeutschland nur in Hessen, Westfalen u. einzeln in Thüringen. Solche R. waren die Wetterausche R. 1362, die Schlägler od. Martinsvögel in Schwaben 1367, die Gesellschaft mit Schwert u. Krone in Oberschwaben um 1370, die Gesellschaft vom Sterne in Hessen 1371, die Gesellschaft von der alten Minne 1375, die Gesellschaft vom Horue in Oberhessen 1379, die Gesellschaft vom Falken in Westfalen in derselben Zeit, der Löwenbund in Nassau 1379 u. gleichzeitig die Gesellschaft von St. Georg u. die von St. Wilhelm, die Geckengesellschaft in Kleve 1381, der Bund der Westerreicher Herren 1382 in Zweibrücken, der Bund der Bengler (s.d.) in Hessen u. Westfalen 1391, die Sichelgesellschaft von den Fürsten von Hessen, Braunschweig u. Paderborn 1391 gestiftet, die Gesellschaft vom St. Georgenschild in Schwaben 1392, die neue Schläglergesellschaft um dieselbe Zeit, die Brüderschaft vom Roßkamm in Kleve u. Mark 1398, kurz vorher die Gesellschaft vom Einhorn in Thüringen; die Gesellschaft vom Luchse in Hessen u. Mainz, die Gesellschaft vom Flegel in Thüringen 1412 (die letzte in Deutschland); die Gesellschaft vom Hirsch u. die vom Rüden 1408 in den Donaulanden, die Gesellschaft vom Drachen 1409 in Österreich, die Gesellschaft vom Adler 1433 ebendaselbst u. v. a. in der letzten Hälfte des 15. Jahrh., unter denen die Gesellschaft vom Löwen, 1489 in Baiern entstanden, die verbreitetste war. Die R., welche dem kaiserlichen Ansehn vielfach Eintrag thaten, wurden vom Kaiser Wenzel wiederholt verboten, so 1383 auf dem Reichstag zu Nürnberg, 1399 u.ö., aber vergebens, u. 1422 erhielten diese R. sogar durch Sigismund die kaiserliche Bestätigung. Zuletzt, da sich der Landfriede mehr befestigte, gingen die R., welche in der letzten Zeit meist von Fürsten gestiftet worden waren, in Turniergesellschaften u. Vereine zu gemeinschaftlichen Besuchen der Turniere über u. hielten sich als solche bis in das 16. Jahrh., wo sie mit dem Aufhören der Turniere erloschen. Vgl. G. Landau, Die R. in Hessen, Kassel 1840.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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