Windgewehr

Windgewehr

Windgewehr, ein Schießgewehr, bei welchem daß Geschoß, statt durch Schießpulver, durch hinter demselben eingelassene zusammengepreßte Luft aus dem Laufe getrieben wird. Ist das W. zum Schießen mit Kugeln eingerichtet u. bes. der Lauf mit Zügen versehen, so heißt das Gewehr eine Windkugelbüche (Windbüchse). Auf dem Boden des Laufes ist dann ein Dorn angebracht, damit die Kugel nicht ganz aufsitze, sondern ein Zwischenraum bleibe, in welchen die zum Schusse nöthige Luft eindringe. Schießt man aus dem W. mit Schroten, so heißt dasselbe eine Windschrotbüchse (Windslinie). Ehe man die Schrote einladet, muß ein Pfropf, am besten von Hutfilz, in den Lauf eingebracht u. dann auf die Schrote noch ein leichter Pfropf gesetzt werden. Ist der Lauf kurz u. überhaupt das Gewehr von der Gestalt eines Pistols, so heißt es ein Windpistol. Die Luft, welche zum Schießen dient, wird gewöhnlich in eine messingene od. kupferne Kugel gepreßt; an dieser sitzt das Ventilgehäuse, in welchem das Ventil liegt, welches durch eine Spiralfeder geschlossen erhalten wird. Mit dem Ventilgehäuse wird diese Windkugel so an das Gewehr geschraubt, daß die Luft daraus in den hinteren Theil des Laufes strömen u. das Ventil durch einen im Schlosse befindlichen Stift geöffnet werden kann. Das Schloß der W-e hat Pfanne u. Batterie höchstens zur Zierde; der Hahn trägt keinen Stein u. dient nur zum Aufziehen des Schlosses. Die mit ihm verbundene Nuß hat eine Hinter-, Mittel- u. Vorderrast; unter diese greift die Krappe der Schlagfeder. Die Stange ist wie bei gewöhnlichen Flintenschlössern, aber die Stangenfeder läuft in gerader Linie fort u. liegt zwischen den Schenkeln der Schlagfeder. An der Stelle der Schlagfeder liegt bei W-en die Britsche, ein viereckiges Stück Stahl, zwischen dem Schloßbleche u. der Studel auf einer Schraube beweglich; die Spitze der Britsche od. der Kegel ist ein abgesondertes Stück, welches mit einer Schraube an der Britsche befestigt ist u. sich mit seinem Schwanze gegen die Britsche lehnt. Dieser Kegel läßt sich in die Höhe drücken u. geht dann durch eine kleine Feder wieder nieder. In einem Loche auf der Spitze der Britsche ruht die Dille, durch welche die Luft aus der Windkugel in den Lauf strömt. Wird nun der Hahn aufgezogen, so wird durch die oberste Rast der Nuß die Schlagfeder stark hinabgedrückt u. gespannt; zugleich bewegt sich die Vorderrast in die Höhe, stößt den Kegel zurück u. kommt über die Britsche zu liegen, hingegen wird der Kegel von seiner Feder wieder hinabgedrückt. Wird nun der Abzug od. Drücker des Gewehres abgedrückt, so biegt er die Stange von der Nuß ab, die Schlagfeder preßt die oberste Rast in die Höhe u. die Vorderrast geht hinab. Diese preßt den Arm der Britsche nieder u. macht, daß der Stift in die Höhe geht, welcher den Ventilstöpsel erhebt od. öffnet u. einem Theile der zusammengepreßten Luft den Ausgang in den Lauf gestattet, welche den Schuß bewirkt. Aber sogleich wird der Ventilstöpsel von seiner Feder wieder in die Ruhelage gedrückt u. die Luft in der Kugel abgesperrt. Oft concentrirt man die zum Schießen nöthige Luft in einem flaschenförmigen Gefäße von Kupfer, welches in den Kolben eingelassen wird, der deshalb etwas dicker ist, als bei anderen Schießgewehren; diese W-e heißen Flaschenbüchsen; bei ihnen wird der Kolben mit der darin befindlichen Flasche an den Lauf angeschraubt. Die Windkugel od. die Flasche wird durch eine Luftpumpe (Compressionspumpe) mit Luft gefüllt. Vor dem Füllen wird die Kugel gespeist, d.h. man thut etwas Baumöl hinein. Gewöhnlich ist angegeben, wie viel Pumpenstöße (300 bis 500) die Windkugel verträgt; beim Überschreiten dieser Zahl läuft man Gefahr[257] die Kugel zu zersprengen. Um diese Gefahr, welche auch durch andere Umstände, bes. durch eine sehr starke Erwärmung der Luft in der Kugel, herbeigeführt werden kann, zu mindern, überzieht man wohl auch die Kugel mit starkem Leder. Mit einem frisch gefüllten W. schießt man auf 60–80 Schritt eben so scharf, wie mit einem Feuergewehr. Die folgenden Schüsse werden aber immer schwächer u. unsicherer. Man bedient sich der Windbüchsen, um zwischen Gebäuden ohne Feuersgefahr zu schießen, ferner da, wo man kein großes Geräusch machen will, z.B. beim Schießen in Thiergärten u. Fasanerien. Um den Mißbrauch der W-e z.B. zur Wilddieberei zu verhüten, ist deren Gebrauch Privatpersonen meist verboten. Bei den Österreichern war im Revolutionskriege ein Bataillon Jäger mit Windbüchsen bewaffnet, deren Windkugeln im Kolben enthalten waren u. durch eine Maschine mittelst einiger Stöße gefüllt wurden. Ehemals hatte man hin u. wieder eine Art Windbüchsen, wo der eigentliche od. engere Lauf in einen weiteren Lauf gelöthet war u. der Zwischenraum zwischen beiden Läufen die zusammengepreßte Luft enthielt. Beim Losschießen stark geladener W-e, bes. im Finstern, zeigt sich ein heller Schein (Windbüchsenlicht) in Folge der dabei stattfindenden Compression der Luft, in welcher die aus der Windbüchse strömende sich verbreitet. Die Windbüchsen erfand ein Nürnberger Bürger, Namens Guter, um 1430. Mathi in Turin verfertigte Windbüchsen, welche er dadurch füllte, daß er in der Luftkammer derselben 2 Unzen Schießpulver verpuffte. Die dadurch entbundene Luft reicht hin 18 Schüsse zu thun, welche 60 Schritte weit tragen. Zu den W-en kann man auch die Windbolzenbüchse rechnen. In einem gewöhnlichen Flintenlaufe ist eine messingene Röhre angebracht u. der Zwischenraum mit Blei ausgegossen. In die Röhre thut man einen unten mit Eichhornhaaren besetzten Bolzen, welcher mit einer eisernen Spitze versehen ist. In dem Schafte ist ein kleiner Blasebalg angebracht, welcher mit der messingenen Röhre communicirt. Der Blasebalg wird mittelst einer Kurbel od. eines Schlüssels aufgezogen; drückt man an einem Stechschlosse, so drücken Federn den Blasebalg schnell u. mit Gewalt zusammen u. bewirken so den Schuß, welcher 15–20 Schritte sicher trägt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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