Borgia

Borgia

Borgia (spr. Bordscha), edles, ursprünglich spanisches, mit B. 2) nach Italien übergesiedeltes Geschlecht; bes. bekannt sind: 1) Domenico (Juan), im Anfang des 15. Jahrh.; sein Sohn 2) Alfonso. ward 1534 zum Papst gewählt u. nannte sich Calixtus III. (s.d.); dieser begünstigte seine Familie sehr u. veranlaßte, daß sie sich nach Italien wendete; seine Schwester, 3) Isabella, heirathete einen entfernten Verwandten, Godofredo; einer deren Söhne war 4) Rodrigo, der nachmalige Papst Alexander VI. (s.d.). Dieser hatte mit Vanozza (Giulia Farnese) 5 natürliche Kinder, darunter 5) Giovanni, wurde durch des Vaters Einfluß Herzog von Gandia in Valencia; sein Vater selbst ernannte ihn 1497 zum Herzog von Benevent u. Grafen von Terracina u. Pontecorvo. Deshalb, wie auch wegen der Liebe seiner Schwester Lucrezia zu ihm, wurde sein Bruder Cesare eifersüchtig auf ihn, ließ ihn 1497 ermorden u. in die Tiber werfen. 6) Cesare, Herzog von Valentinois, Bruder des Vor. u. 2. Sohn von B. 4), wurde Bischof von Pampelona u. 1493 Cardinal, erhielt aber nach der Ermordung seines Bruders Giovanni die Erlaubniß, aus dem geistlichen Stande zu treten. Seine Bewerbung um die Tochter des Königs Friedrich von Neapel, um dadurch ein Erbrecht auf Neapel zu erhalten, wurde zurückgewiesen. Bei einer Gesandtschaft nach Paris an Ludwig XII. 1498, um diesem den Scheidungsbrief von seiner Gemahlin zu bringen, erhielt er die Stadt Valence, unter dem Titel eines Herzogthums Valentinois, u. 1499 die Hand von Charlotte[94] von Albret, aus dem Hause Navarra; er begleitete nun Ludwig XII. zur Eroberung von Mailand, u. dieser gab ihm Truppen, mit denen er sich der Romagnabemächtigte, worauf er von seinem Vater 1501 zum Herzog der Romagna erhoben wurde u. das Fürstenthum Piombino an sich riß; er versuchte auch, wiewohl vergebens, sich zum Herzog von Bologna u. Florenz zu machen; dagegen glückte es ihm, das Herzogthum Urbino zu nehmen u. Camerino zu erobern. Als er selbst seine Anhänger unter den italienischen Fürsten nicht schonte, vereinten sich diese gegen ihn; er wußte sie aber zu trennen u. die meisten in seinen Dienst zu locken, worauf er sie Ende 1502 nach der Schlacht bei Sinigaglia auf einmal verhaften u. hinrichten ließ u. sich ihrer Länder bemächtigte. Kurz darauf starb sein Vater, Papst Alexander VI., 1503, u. zugleich wurde B., der gleichzeitig mit seinem Vater Gift, das für Andere bestimmt war, genossen hatte, gefährlich krank; er war daher nicht im Stande, gehörige Maßregeln zu nehmen, wurde vom Papst Julius II. gefangen genommen u. nur gegen Auslieferung von allen festen Plätzen losgelassen. Im Augenblick der Abreise nach Frankreich von Neapel 1504 wurde er von Gonzalez de Cordova von Neuem arretirt u. nach Spanien in das Schloß Medina del Campo geschickt, von wo er jedoch nach 2 Jahren nach Navarra entkam. Hierauf zog er gegen die Castilianer u. wurde 12. März 1507 vor dem Schlosse Viana erschossen. Bei aller sittlichen Verderbtheit liebte er die Wissenschaften u. war sehr beredt. Lebensbeschreibung von Tomassi, Montechiaro 1670, französisch Amst. 1739, auch Berl. 1782. 7) Lucrezia, Schwester der beiden Vor., zuerst mit Giov. Sforza, Fürsten von Pesaro, vermählt, von diesem wegen Blutschande, die sie mit ihren Brüdern u. Vater trieb, verlassen u. 1498 an Alfons von Biscaglia, natürlichen Sohn des Königs Alfons II. von Neapel, u., als dieser 1501 von ihrem Bruder Cesare ermordet worden war, an Alfons von Este, später Herzog von Ferrara, verheirathet; sie st. 1520. Sie war eine schöne u. die ausschweifendste Frau ihrer Zeit, doch beförderte sie Künste u. Wissenschaften. Neuere, so Roscoe u. Royer Collard, bezweifeln die Ruchlosigkeit u. bes. die Blutschande, in der ihr Vater u. Cesare B. mit ihr gelebt haben sollen, da die Zeitgenossen solcher Unthaten nicht erwähnen, indessen können sie andere von ihr begangene Schand- u. Mordthaten doch nicht läugnen. Victor Hugo hat den Stoff zu einem Trauerspiel (1832) benutzt. 8) St. Francesco, Sohn von B. 5), geb. 1510 zu Gandia in Valencia, Herzog von Gandia u. Grand von Spanien, wurde 1540 Vicekönig von Catalonien, nach dem Tode seiner Gemahlin 1548 Jesuit u. 1565 dritter General des Ordens; er st. 12. Oct. 1572 in Rom u. wurde 1625 kanonisirt. Er schrieb mehrere ascetische Bücher in spanischer Sprache, welche der Jesuit A. Deza ins Lateinische übersetzte, herausgeg. Antw. 1598; Lebensbeschreibungen von A. Schottus, Rom 1596, von Ribadeneyra im 1. Bde. von dessen Obras, Madr. 1605; von Cepari, Rom 1624; Abrégé de la vie de St. Franc. de Borgia, Par. 1671. 9) (Borja), Francesco, Fürst von Squillace, Sohn des Grafen Giovanni B. von Ficalho u. Enkel des Vor., wurde 1614 Vicekönig in Peru, kehrte aber nach Philipps III. Tode 1621 nach Spanien zurück, lebte den Wissenschaften u. der Poesie u. st. daselbst 1658. Er schr.: Obras en verso, Madr. 1639, Antw. 1654 u. 1664; das Epos: Napoles recuperata por el rey Don Alonso, Sarag. 1651; Oraciones y meditaciones de la vida de Jesu Christo, Brüss. 1661. 10) Alessandro, Nachkomme des Vor., geb. 1682 in Velletri, wurde 1706 Generalauditor bei der päpstlichen Nuntiatur in Köln, kehrte 1713 nach Rom zurück u. wurde Gouverneur von Assisi, 1716 Bischof von Nocera, 1724 Erzbischof von Fermo u. st. 1764. Durch die von ihm in Velletri gegründete Sammlung von Alterthümern legte er den Grund zu dem berühmten Museum Borgia. Er schr.: Istoria della chiesa e città di Velletri, Nocera 1723; Vita Benedicti XIII., Rom 1741; Omelie, Fermo 1749–59, 3 Bde. 11) Steffano, Neffe des Vor., geb. 1731 in Velletri, wurde 1759 Gouverneur von Benevent, 1770 Secretär der Propaganda, 1789 Cardinal, wurde bei dem Ausbruch der Revolution im Kirchenstaat 1797 mit der Leitung der Regierung betraut, verließ aber 1798 Rom u. lebte in Padua mit gelehrten Studien beschäftigt, kehrte dann mit Pius VII. nach Rom zurück u. starb 23. Novbr. 1804 in Lyon, auf dem Wege nach Paris mit dem Papste begriffen. Er war ein aufgeklärter u. edler Mann; die von ihm sehr bereicherten Familiensammlungen von Alterthümern zu Velletri standen allen Gelehrten zur Benutzung offen. Schriften: Monumento di Papa Giovanni XVI., Rom 1750; Breve istoria dell' antica cità di Tadino nell' Umbria. ebd. 1751; Memorie is toriche della città di Benevento, ebd. 1763–69, 3 Bde.; Breve istoria del dominio temporale della sede apostolica nelle du e Sicilie, ebd. 1798. Seine Lebensbeschreibung von Paullini von S. Bartolommeo, ebd. 1805.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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