Bräune [1]

Bräune [1]

Bräune (Angina), Halsentzündung, Entzündung der Schling- od. des oberen Theils der Athmenwerkzeuge, od. auch ihnen benachbarter, wodurch Schlucken od. Athmen od. beides zugeich mehr od. weniger gehemmt werden; sonst unterschieden in äußere u. innere Schlund-B. (Synanche u. Parasynanche), u. äußere od. innere Hals- od. Luftröhren-B. (Cynanche et Paracynanche). Nach den einzelnen leidenden Theilen der Schlingwerkzeuge ist sie Gaumen-B. (A. palatina), Zäpfchen-B. (A. uvularis), Mandel-B. (A. tonsillaris), Schlundkopf- od. Rachen-B. (A. pharingea), Speiseröhren-B. od. Speiseröhrenentzündung (A. oesophagea); nach den einzelnen Theilen der Athmenwerkzeuge des Halses ist sie: Kehldeckel-B. (A. epiglottidea), Kehlkopf-B. (A. laryngea), Luftröhren-B. (A. bronchialis); die der Zweige der Luftröhre (A. bronchialis), welche sämmtlich schon weniger der B. untergeordnet, sondern als einzelne Entzündungen dieser Theile angesehen werden. Benachbarte Theile betreffende u. noch weniger allgemein der B. zugezählte Arten sind: die Zungen-B. (A. linguaria); die Zahn-B. von schwerem Zahnen (A. dentaria); die Nasen-B. (A. nasalis), im hinteren Theile der Nasenhöhle; die Ohrendrüsen-B. (A. parotidea). wozu der Bauerwetzel gehört; die Zungenbein-B. (A. hyoidea), vom Bruche etc. des Zungenbeins; die Schilddrüsen- (A. thyreoidea) u. Thymus-B. (A. thymica, s. Asthma thymicum), von Leiden der Schild- u. Thymusdrüse; die Halswirbel-B. (A. vertebralis s. Hippocratis), von Leiden, Brüchen od. Verrenkungen der Halswirbel. Die Brust-B. (A. pectoris) gehört nicht hierher, eben so wenig wie die convulsivische od. spasmodische u. paralytische (A. convulsiva s. spasmodica et paralytica), gehindertes Schlingen von Krämpfen u. Lähmung, weil sie des Charakters der Entzündung entbehren. Die B. wurde je nach hervorragenden od. begleitenden Symptomen verschiedentlich bezeichnet; entzündliche B. (A. inflammatoria), katarrhalische mit starker Schleimabsonderung (A. catarrhalis, pituitosa, serosa), gastrische B. mit gleichzeitigen Verdauungssymptomen (A. gastrica), mit Gicht (A. arthritica), mit Herzleiden (A. cardiaca), mit Lungensucht (A. phihisicorum), die von Flechten (Aherpetica), von Mercurialkrankheit od. Mißbrauch des Mercurs (A. mercurialis), von Schwämmchen (A. aphthosa), von Skorbut (A. scorbutica), die venerische (A. venerea), mit Scharlach-B. (A. scarlatinosa). Nach den Ausgängen ist die B. entweder eine eiternde od. geschwürige (A. suppuratoria, ulcerosa), wenn ihr Abscesse od. Geschwüre folgen; od. eine scirrhöse (A. scirrhosa), wenn sie in scirrhöse Verhärtungen übergeht; eine brandige, faulige, bösartige (A. gangraenosa, putrida, maligna), theils sporadisch aus anderen Arten der B. bei ungünstigen Constitutionen sich entwickelnd, theils andere Krankheiten, Scharlach, Friesel, Schwämmchen, Faulfieber, Skorbut etc. begleitend; theils aber auch als selbständiges Leiden epidemisch u. ansteckend auftretend (Garrotillo), vorzüglich Kindern sehr gefährlich, bes. durch Anschwellung des Kehldeckels (Glottisödem, s. Kehlkopfentzündung) unter Erstickungszufällen tödtend; ferner eine häutige B. (A. membranacea), mit häutigen Ausschwitzungen in der Luftröhre (s. Croup), od. auch in anderen der B. unterworfenen Theilen (s. Diphtheritis). Die gewöhnliche B. od. der böse Hals entsteht meist aus Erkältung. Mittel dagegen sind: örtliche Blutentziehung, Hautreize, bei heftiger Geschwulst u. Entzündung, bes. der Mandeln, Scarificationen derselben u. Bestreichungen mit Höllenstein, im Anfange bisweilen Brechmittel, später Abführungsmittel, äußerlich flüchtiges Liniment, warme Kataplasmen u. trockene Formentationen, erweichende Dampfe in die Mundhöhle gezogen, Gurgelwasser etc. Die inneren Mittel sind antiphlogistische, od. die gegen Katarrh etc. gebräuchlichen. Die Anlage zur B. tilgt oft fleißiges Gurgeln mit kaltem Wasser od. Waschen des Halses damit, Tragen einer wollenen Binde um den Hals. Auch Hausthiere, bes. Rinder, Pferde, Hunde, Schweine, sind der B. (Kehlseuche) unterworfen. Man unterscheidet hier bes. die einfache B. als Entzündungskrankheit, meist von Erkältung od. durch Schädlichkeiten, z.B. unvorsichtiges Eingeben von Flüssigkeiten durch die Nase, od. von Pillen mit einem Stone, Genuß ätzender Stone u.a. Ursachen veranlaßt, durch Geschwulst der Halsgegend, Hitze des Mundes, Ausfluß von Schleim aus demselben, Schwierigkeit des Niederschluckens etc. erkennbar; erheischt nach Befinden Aderlassen, kühlende Umschlage u. Einspritzungen, bes. aber Einreibung der ganzen Kehlgegend mit erregend-reizenden Mitteln. Von bedenklicherer Natur ist die bösartige B, welche, leicht in Brand übergehend, nicht selten tödtlich u. beim Rindvieh u. bei Schweinen ein gewöhnlicher Begleiter des Milzbrandes ist. Nur als eine eigene Modification der brandigen B. tritt bei Schweinen die sogenannt Borstenfäule auf, wobei Büschelchen von Borsten zur Seite des Halses sich ablösen, indem die Haut darunter brandig wird. Diese Krankheit, die vorzüglich vom Stehen in ungesunden, dumpfigen Ställen u. von dem Genuß schlechter u. verdorbener Nahrungsmittel herrührt, ist unter Schweinen ansteckend. Das beste Mittel ist hier,[232] durch ein glühendes Eisen die brandige Stelle zu zerstören; außerdem ist gutes, kräftiges, mit Salz u. bitteren gewürzhaften Mitteln verbundenes Futter, so wie öfteres Baden u. Schwemmen heilsam.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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