Ozon [2]

Ozon [2]

Ozon (v. gr., d.i. das Riechende), in einem allotropischen Zustand befindlicher Sauerstoff, welcher sich von dem gewöhnlichen Sauerstoff durch den eigenthümilchen Geruch u. eine erhöhte chemische Thätigkeit unterscheidet, d.h. durch das Bestreben, sich weit schneller u. in weit größerer Menge mit anderen Stoffen zu verbinden. Schönbein machte 1840 zuerst darauf aufmerksam, daß der an der Elektrisirmaschine, sowie nach Gewittern in der Luft bemerkbare Geruch von einer eigenthümlichen Gasart herrühre; er fand gleichzeitig, daß sich dieses Gas bei der Zerlegung des Wassers durch den galvanischen Strom am positiven Pol bilde u. nannte es O. Man hielt dasselbe anfangs für eine vom Wasserstoffhyperoxyd verschiedene Oxydationsstufe des Wasserstoffs, doch haben die zahlreichen, namentlich von Schönbein angestellten Untersuchungen über das O. festgestellt, daß dasselbe reiner, aber in erhöhter chemischer Thätigkeit befindlicher Sauerstoff sei. Daher sind alle Wirkungen des O. Oxydationserscheinungen. Gewöhnlicher Sauerstoff geht immer in O. über, wenn er mit solchen Sauerstofftheilchen in Berührung ist, welche im Begriff sind, sich mit anderen Körpern zu verbinden. Alle Körper, welche sich bei gewöhnlicher Temperatur oxydiren, führen den Sauerstoff in O. über. Man gewinnt ihn, wenn man atmosphärische Luft durch eine Flasche leitet, auf deren Boden sich ein Stück mit Wasser befeuchteter Phosphor befindet; indem die Sauerstofftheilchen der Luft mit dem Phosphor in Berührung kommen, verbindet sich ein Theil derselben mit dem Phosphor u. verwandelt in demselben Momente die mit ihm in Berührung befindlichen Sauerstofftheilchen in O. Verschließt man die Flasche, so verschwindet nach u. nach das O. Das bei der Elektrolyse des Wassers entweichende Gasgemenge zeigt den Ozongeruch in hohem Grade; fängt man die beiden Gase abgesondert auf, so erscheint der Geruch nur an der positiven Elektrode; der Geruch dauert fort, wenn die Elektrolyse des Wassers längst aufgehört hat. Ist die Anode von einem anderen Metall als von Platin u. Gold, so ist der Ozongeruch nicht zu bemerken. Ozonbildung findet Statt, wenn das zu elektrolysirende Wasser mit reiner Schwefelsäure, Phosphorsäure, Salzsäure od. den Salzen dieser Säuren leitend gemacht wurde. Chlorüre, salpetrige Säure u. Schwefelkohlenstoff verhindern die Bildung von O. Wird das zu elektrolysirende Wasser stark erwärmt, so findet keine Bildung von O. statt. Die Wirkungen des O. sind denen des Chlors sehr ähnlich; es zerstört Pflanzenfarben, wie Lackmus, Blauholzextract u. Indigo, es zersetzt Jodkalium, indem es das Kalium oxydirt u. Jod frei macht. Daher wird Papier, welches mit einem Gemisch von Jodkalium u. Stärkekleister bestrichen ist, blau, weil sich das aus dem Jodkalium frei gewordene Jod mit der Stärke zu Jodstärke verbindet. Man bedient sich dieses Iodkaliumstärkepapiers, um die Menge des O. in der Luft nachzuweisen Ozonometer). Der geringeren od. größeren Menge von O. entspricht eine hellere od. dunklere Färbung dieses Reagenzpapieres, u. man vergleicht nun die verschiedenen Farbennüancen mit einer Farbenscala. Diese Reaction ist jedoch mit Vorsicht anzuwenden, weil, wenn das Jod aus dem Jodkalium ausgeschieden ist, das O. nun auf das Jod einwirkt u. dieses oxydirt, so daß Iodkaliumstärkepapier in einer ozonreichen Luft erst nach u. nach dunkler, dann aber wieder immer heller u. heller wird. Seine oxydirende Kraft äußert das O. namentlich auf die Metalle; alle unedlen Metalle u. Silber werden in sein vertheiltem Zustande durch O. in die höchste Oxydationsstufe umgewandelt, viele basische Oxyde in Hyperoxyde. Schwefelsaures Manganoxydul wird zu Manganhyperoxyd, Schwefelblei zu schwefelsaurem Bleioxyd; hierauf gründet sich eine Methode, mit Bleiweiß angestrichene od. gefärbte u. mit der Zeit schwarzgewordene Gegenstände, sowie alte Drucksachen u. Kupferstiche wieder weiß zu machen. Es zerlegt Schwefelwasserstoff unter Ausscheidung von Schwefel. Organische Substanzen, wie Blut, Milch, Sägespäne, zerstören es. Kaliumeisencyanür geht in Kaliumeisencyanid über. Trockne Platin- u. Goldplatten werden in O. schon nach kurzer Zeit negativ polarisch. Stickstoff geht bei Gegenwart von Kali in Salpetersäure über; höchst wahrscheinlich bewirkt daher auch das O. die Bildung des Salpeters in der Natur. Eingeathmet bewirkt das O. Husten, Asthma u. katarrhalische Affectionen. Das O. findet sich in wechselnden Mengen in der atmosphärischen Luft; an schönen Tagen, bei trockenem Wetter u. Ostwinden zeigt sich weniger O., bei Gewittern, Westwinden, an[542] Regentagen u. bes. bei Schneefällen ist viel O. in der Atmosphäre nachzuweisen; bei hohem Barometerstande weniger als bei tiefem. Es gibt auch tägliche Schwankungen im Ozongehalt der Luft; zwischen 2 u. 4 Uhr Morgens u. Nachmittags zeigt sich weniger O., zwischen 8 u. 10 Uhr Vormittags u. 6–8 Uhr Abends mehr O.; in der Nacht ist der Ozongehalt geringer als am Tage. Von besonderem Werth ist das O. der Atmosphäre nicht nur für die Vegetation, sondern auch dadurch, daß es schädliche Stoffe, wie Miasmen, zerstört u. die Luft davon reinigt. Wenn daher die von Pettenkofer aufgestellte Choleratheorie, welcher zufolge diese Krankheit sich durch ein aus gährenden Auswurfsstoffen gebildetes Miasma weiter verbreitet, sich bestätigt, so wäre für das oft plötzliche Erlöschen der Cholera, z.B. nach heftigen Gewittern, eine zuverlässige Erklärung gefunden. Das O. ist auch die Ursache vieler anderen in der Atmosphäre stattfindenden Erscheinungen, so z.B. von dem Bleichen der Wäsche auf dem Rasen, von dem schnellen Verderben des Bieres u. dem Sauerwerden der Milch nach Gewittern. Endlich will man die Bemerkung gemacht haben, daß bei einer Vermehrung des Ozongehaltes der atmosphärischen Luft häufige Katarrhe eintreten. Vgl. Schönbein, Über die Erzeugung des O., Bas. 1844; Reslhuber, Untersuchungen über das atmosphärische O., Wien 1856; Pleß, Beiträge zur Kenntniß des O., ebd. 1656: Böhm, Untersuchungen über das atmosphärische O., ebd. 1858.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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