Lappen [3]

Lappen [3]

Lappen (Lappländer, od., wie sie sich selbst nennen, Same od. Samelads), ein Volk finnischen Stammes, welches im äußersten Norden Europas das nach ihnen benannte Lappland (s.d.) bewohnen u. theils zu Schweden u. Norwegen, theils zu Rußland gehören. Die L. sind von Statur klein, da sie gewöhnlich nur 4–5 Fuß groß werden, haben plattgedrücktes, breites, bleiches Gesicht, dünnen Bart, schwarzes Haar; ihr Körper ist jedoch kraftvoll, abgehärtet u. sehr gelenkig. Von Temperament sind sie lebhaft u. gutmüthig, ehrlich, abergläubisch, treu, gehorsam u. friedliebend; besitzen keine hervorstechenden Laster, aber auch keine großen Tugenden; zeigen überhaupt eine große Gleichgültigkeit, lieben jedoch ihr Vaterland über Alles. Die Lappen verstehen das Gerben der Häute, die Verfertigung von Zwirn aus den Sehnen des Rennthiers, das Weben von Decken, Handschuhstricken; sie verfertigen Geräthschaften aus Holz, bauen Schlitten u. Kähne u. machen ihre Kleidungsstücke selbst. Männer wie Frauen tragen Mützen, Oberröcke, lange Hosen u. Stiefeln von Leder, Pelz od. grobem Tuch. Im Sommer bedienen sie sich der Zelte; ihre Winterwohnungen sind Hütten, welche aus aufgerichteten, mit Birkenreisern u. Rasen überdeckten Stangen bestehen; der Rauch des inmitten brennenden Feuers findet seinen Abzug durch das Luftloch in der Decke. Nach ihren Beschäftigungen u. hauptsächlichsten Nahrungsquellen theilen sich die L.: a) in Berg- od. Rennthierlappen, welche ein Nomadenleben führen, mit ihren Rennthierheerden von Weide zu Weide ziehen, im Winter ihre Wohnung im unteren Lappland nehmen, im Sommer aber nach den Alpengegenden ziehen, wo sie mehr Rennthiermoos u. Schutz gegen die Mücken finden. Die Rennthierheerden bilden den einzigen u. eigentlichen Reichthum der L. u. müssen ihnen fast alle ihre Lebensbedürfnisse verschaffen; manche derselben besitzen deren mehr als 200, Einzelne selbst über 1000 Stück; b) die Waldlappen, welche sich mit Jagd u. Fischerei beschäftigen u. die wenigen Rennthiere, die sie besitzen, meist den Berglappen zur Hutung gegen Miethe überlassen; c) die Fischerlappen, welche sich vorzugsweise von Fischerei nähren, wenn sie auch einzelne Rennthiere u. Kühe besitzen; d) die Armlappen, welche sich entweder als Dienstleute, namentlich zur Hütung der Rennthiere, vermiethen od. im Lande herumstreichen. Außer den Fischen bildet der Fang von Robben, Vögeln u. Eidergänsen einen nicht unbedeutenden Erwerbszweig für einzelne Familien; einzelne L. treiben auch etwas Handel. Die Zahl sämmtlicher L. wird sehr verschieden, meist zu hoch (selbst bis zu 28,000), angegeben, während dieselbe in Wirklichkeit 10,000 Köpfe nicht übersteigen mag; unter schwedischer stehen etwa 5000, unter norwegischer (in Finnmarken) etwa 3000, unter russischer Hoheit etwa 2800, von denen gegen 1000 auf Finnland, 1844 auf das eigentliche Rußland kommen. Die L. sind jetzt Christen u. bekennen sich entweder zur Lutherischen od. Griechischen Kirche; doch haben sich noch viele Reste des alten Götzendienstes erhalten, s. Lappländische Religion. Die Sprache der L. zählt zur Finnischen Gruppe des Altaischen Sprachstammes, s. Lappische Sprache. Die besten Nachrichten über die L., ihr Land, ihre Sitten u. Gebräuche, ihren Glauben u. ihre Sprache hat in neuerer Zeit Castrén (s.d.) geliefert.

Woher u. wann die L. gekommen sind, ist ungewiß; vielleicht waren sie vormals Ein Volk mit den Finnen. Das Wort Lappe scheint ein schwedischer od. finnischer Beiname zu sein, welcher Anfangs eine gewisse verächtliche Bedeutung ausdrückte u. ihnen im 11.–12. Jahrh. beigelegt wurde. Seit dem K. Magnus I. (1275), unter welchem die schwedischen L. an die Krone Schweden gebracht sind, hat man an der Ausbreitung des Christenthums unter ihnen gearbeitet, ohne es hierin weiter, als zur Annahme von Taufe u. Trauung zu bringen. König Gustav I. (seit 1524) versuchte mit größerem Nachdruck, sie in der Evangelisch-lutherischen Lehre unterrichten zu lassen, u. legte auch in der Stadt Piteå die erste lappische Schule an. Unter Karl IX. (gegen 1600) erhielten sie Kirchen, welche als Filiale zu den benachbarten schwedischen Gemeinen gehörten, bis sie die Königin Christina mit ordentlichen Predigern versehen ließ. Von dieser Zeit an hat Schweden durch Errichtung von Pastoraten, Schulen u. Colonien die allmälige Cultivirung der L. zu bewerkstelligen gesucht. In dem sinnmarkischen, vormals dänischen Lappland, rottete Christian IV. von Dänemark (gegen 1600) das Heidenthum mit Strenge aus. Der Drontheimsche Bischof, Erich Bredahl (1643–72), u. seine Nachfolger arbeiteten vergebens an der religiösen Aufklärung der L. Isaak Olsen, ein armer Mann zu Anfang des vorigen Jahrh., brachte 14 Jahre auf den Gebirgen (Kölenfelsen) mit ihrer Bekehrung zu, u. König Friedrich IV. beschloß (1706) eine eigene Mission zu diesem Zweck anzulegen, weshalb nach manchen Vorbereitungen in Kopenhagen u. Drontheim ein Seminar errichtet u. dotirt (1715 u. 1717) u. die Missionsanstalt selbst über sämmtliche Finnmarken nach 13 Districten ausgedehnt wurde (1720). König Friedrich I. von Schweden (1748) u. seine Nachfolger ließen sich die Verbreitung des Christenthums unter den L. ebenfalls sehr angelegen sein, doch mit geringem Erfolg. 1809 im Frieden zu Friedrichshamn mußte Schweden seinen Antheil an Lappland an Rußland abtreten u. erhielt 1814 im Frieden zu Kiel mit Norwegen den dänischen Antheil von Lappland. In neuerer Zeit hat sich vor Allen Stockfleth (s.d.) um die vollständige Bekehrung der norwegischen L. verdient gemacht.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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