Theophĭlos

Theophĭlos

Theophĭlos (gr., d.i. Gottlieb). I. Byzantinischer Kaiser: 1) Sohn Michaels II. des Stammlers, geb. zu Amorium in Phrygien, wurde von Johannes Lekanomantes unterrichtet u. folgte 829 seinem Vater auf dem byzantinischen Throne; durch seinen Lehrer veranlaßt, verfolgte er die Bilderverehrer, war aber sonst ein guter Fürst; er st. 842, seit 830 war er mit Theodora (s.d. 5) vermählt u. hatte zu seinem Nachfolger seinen Sohn Michael III. II. Andere Personen: 2) Th. ein Dichter der mittlern Attischen Komödie; er schr. 9 Stücke, von denen Fragmente im 3. Bde. von Meinekes Fragmenta com. stehen. 3) Th., ein Heidenchrist, der wahrscheinlich als Beamteter in Rom lebte u. an welchen Lukas sein Evangelium u. seine Apostelgeschichte schrieb. Die Legende weiß allerhand von seinem Vaterland u. seiner Herkunft zu erzählen. 4) Th., ein geborener Heide, wurde durch das Lesen der heiligen Schriften zum Christenthum geführt u. 176 zum Bischof von Antiochien[489] gewählt; er st. 186 od. 189. Er schr. exegetische, polemische u. apologetische Schriften; die erstern sind verloren (die Commentarii in IV evangelia gehören ihm nicht), von den letztern hat sich erhalten Περὶ τῆς τῶν Χριστιανῶν πίστεως an Autolykos, herausgeg. u. A. von Wolf, Hamb. 1724, u. von Otto, im 8. Bde. der Sammlung der christlichen Apologeten des 2. Jahrh., Jena 1861. 5) Patriarch von Alexandrien 385–412; ließ 389 (391) den Tempel des Serapis zu Alexandrien u. mit ihm die Alexandrinische Bibliothek verbrennen. 399 verfolgte er die Anhänger des Origenes u. den Patriarchen Chrysostomos von Constantinopel, welcher sich der Verfolgten angenommen hatte, ließ er 403 auf Antrieb der Kaiserin Eudoxia auf einer Synode zu Chalcedon verurtheilen. Doch wurde Chrysostomos in Folge eines Volksaufstandes zurückgerufen u. Th. entkam mit Mühe dem entrüsteten Volk. 6) Th., Jurist in Constantinopel; war unter allen Gesellschaften von Juristen, denen Justinian die Anfertigung der Rechtsbücher übertrug. Außerdem schr. er noch eine (lückenhafte) griechische Paraphrase der Institutionen, herausgeg. von V. Zuichemus, Basel 1534, Fol.; von G. O. Reitz, Haag 1751, 2 Bde., Lpz. 1756; übersetzt von Chr. W. Wüstemann, Berl. 1823, 2 Bde. Von dem Commentar über die Pandekten sind nur noch Fragmente übrig. 7) Th. (Philaretos, Philotheos) Protospatharios, griechischer Arzt des 7. Jahrh.; er schr.: Περὶ τῆς τοῦ ἀνϑρώπου κατασκευῆς, griechisch u. lateinisch von F. Morellus, Par. 1608, von Th. Guidot, Leyd. 1703 u. 1831, von Mustoxydes u. Schinas, 1816, von Greenhill, Oxf. 1842; Περὶ δαχωρημάτων u. Περὶ οὔρων, von Guidot u. Mustoxydes in dem vor. u. von Ideler, 1841; Περὶ σφυγμοῦ, lateinisch von A. Torinus, mit dem Buche vom Harn, Strasb. 1837, u. in H. Stephanus Medicae artis principes, griechisch in Ermerius Anecdota med. graec., Leyd. 1840; Commentar über die Aphorismen des Hippokrates, lateinisch von Coradus, Vened. 1529. Vgl. Kühn, De Theophilo, 1837. 8) Bisthumsverweser (Vicedominus) zu Adana in Cilicien, wurde nach dem Tode des Bischofs zu dessen Nachfolger erwählt, lehnte die Annahme der Würde jedoch ab u. wurde dann in Folge verleumderischer Verdächtigungen auf Befehl des neuen Bischofs auch seines früheren Amtes enthoben. Er wandte sich deshalb an einen zauberkundigen Juden u. wurde von diesem in eine Versammlung von Teufeln geführt, in welcher er Christus u. die Heilige Jungfrau verläugnen u. seine Seele dem Teufel verschreiben mußte. Am andern Morgen setzte ihn der Bischof wirklich wieder in sein früheres Amt ein, in welchem Th. sich aber bald durch Übermuth u. Herrschsucht sehr verhaßt machte, bis er endlich von Gewissensbissen getrieben u. von Reue erfaßt sich an die Heilige Jungfrau wendete, auf deren Fürbitte Christus die Verschreibung seiner Seele von dem Teufel zurückforderte. Nachdem Maria dieselbe dem schlafenden Th. auf die Brust gelegt hatte, veröffentlichte er sein Verbrechen u. die ihm gewordene Gnade u. starb drei Tage darauf. Diese Legende (Theophiloslegende) ist das älteste bekannte Beispiel eines Teufelsbündnisses u. als ein Vorgänger der Faustsage, s.u. Faust 2) u. Teufel S. 425 f. Die ersten Spuren der Legende sind griechischen Ursprungs u. führen auf einen sonst gänzlich unbekannten Eutychianus zurück; im 10. Jahrh. kam sie durch einen neapolitanischen Priester Paulus ins Abendland u. verbreitete sich dort ziemlich rasch, so daß sie schon in der zweiten Hälfte des 10. Jahrh. durch Hrosuitha (s.d.) poetisch behandelt wurde (in Leoninischen Versen); fernere poetische Bearbeitungen sind: lateinisch von Marbod (st. 1123 als Bischof von Rennes), gedruckt in den Acta Sanctorum u. in Hildeberts von Tours Werken (herausgeg. von Beaugendre, Par. 1708); französisch von dem um 1236 gestorbenen Gauthier de Coinsy, gedruckt in Rutebeufs Oeuvres (herausgeg. von Jubinal, Par. 1839); vom mittelrheinischen Verfasser des alten Passional unter die Marienlegenden aufgenommen (herausgeg. von Pfeiffer, Stuttg. 1846); eine niederländische metrische Bearbeitung aus dem 14. Jahrh. (herausgeg. von Blommaert als Theophilus, Gent 1836); dramatisch behandelt wurde die Legende zuerst in Französischer Sprache von Rutebeuf, einem Trouvère des 13. Jahrh. (s. oben), dann öfter in Niederdeutscher Sprache während des 14. u. 15. Jahrh. (Romantische u. andere Gedichte in altplattdeutscher Sprache, herausgeg. von Bruns, Berl. u. Stettin 1798; Th., herausgeg. von Ettmüller, Quedlinb. u. Lpz. 1849; Th. in Icelandic, Low German and other tongues, von Dasent, Lond. 1845; Th., niederdeutsches Schauspiel, herausgeg. von Hoffmann von Fallersleben, Hann. 1853; Th., herausgeg. von dems., ebd. 1854). Auch kommt die Legende häufig in größeren Werken eingeschoben vor, noch häufiger aber finden sich längere od. kürzere Anspielungen auf dieselbe in der Lateinischen, Deutschen, Angelsächsischen, Isländischen, Schwedischen, Französischen u. Spanischen Literatur des 13.–15. Jahrh., während sie mit dem 16. Jahrh. zu verschwinden scheint. In den französischen Kirchen hat man sie sogar bildlich dargestellt. Alle diese verschiedenen Bearbeitungen stimmen darin überein, daß Th. nur das Bündniß mit dem Teufel schließt, um verlorene Güter wieder zu erlangen, daß er diesen Zweck zwar erreicht, aber durchaus nichts darüber Hinausgehendes, u. daß überhaupt die ganze Legende nichts von Zauberkunst u. vgl. enthält. Vgl. Sommer, De Theophili cum diabolo foedere, Berl. 1844. 9) T. Thorn, pseudonym von William Falconer.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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