Bleipräparate

Bleipräparate

Bleipräparate (Pharm.), a) Bleiessig (Acetum lithargyri, A. plumbi, A. saturni); 4 Unzen Mennige mit 3 Pfd. destillirtem Essig auf 1 Pfd. eingekocht, od. auch sein gemahlene Bleiglätte mit einer Lösung von Bleizucker digerirt, enthält basisches essigsaures Bleioxyd, wird auch als Bleiextract bezeichnet, welches aber eigentlich nach Goulards Angabe durch Einkochen des Bleiessigs bis zur Extractsdicke bereitet wird. Man hatte sonst auch ein bis zur Trockenheit abgedampftes Bleiextrat (Extr. saturni siccum, Saturnus acetosus); jetzt nicht mehr gebräuchlich. b) Bleiwasser (Aq. saturnina), Mischung von 1 Unze Bleiessig mit 2 Pfd. Regen od. destillirtem Wasser. c) Goulardsches Wasser (Aq. vegetomineralis Goulardi); aus 1/2 Unze Bleiextract, 1 Unze einfachem Weingeist, 2 Pfd. destillirtem Wasser, daher milchig (Bleimilch) bereitet. Beide werden äußerlich häufig zu Umschlägen bei Entzündungen, um Zertheilung zu bewirken, auch verdünnt zu Augenwasser u. in geeigneten Fällen zu Einspritzungen angewendet. d) Bleibougies (Cereoli saturnini, C. resolventes Goulardi); 10–12 Zoll lange, 1/2–1 Zoll breite, entweder gleich breit, od. wenn sie konisch werden sollen, nach dem einen Ende zu sich allmälig um 1/2 verschmälernde Streifen seiner Leinwand, werden in 6 Loth geschmolzenem Wachs, das mit 1 Quentchen Bleiessig durch Umrühren vereinigt ist, getaucht, dann einzeln mit den Fingern zusammengerollt u. zwischen glatten, mit Seife bestrichenen. Bretchen od. polirten Metallplatten glatt gewalzt. Über den Gebrauch s. Bougie. e) Bleicerat (Ceratum plumbicum, C. saturni Goulardi), 4 Theile weißes Wachs mit 16 Theilen Baumöl werden zusammen geschmolzen u. mit einer, allmälig zugesetzten Mischung von 6 Theilen Bleiessig u. 18 Theilen destillirtem Wasser, durch fleißiges Rühren innig gemengt, daß es eine weiße fettig-schlüpferige, fast geruchlose Salbe werde; es wird als erweichendes, kühlendes, zertheilendes, linderndes, austrocknendes Mittel äußerlich gebraucht. f) Bleisalbe (Unguentum plumbi, U. saturninum) wird nach preußischer Pharmakopöe aus 1 Pfd. einfacher Salbe (Unguent. simplex), 1 Unze Bleiessig, nach der Edinburger Pharmakopöe aus 1 Loth Bleiessig, 6 Loth weißem Wachs u. 1 Schoppen Baumöl bereitet. Nach älteren Vorschriften wurden 1 Theil Bleiglätte, 3 Theile [880] Baumöl, 1 Theil starker Essig über gelindem Feuer durch Rühren vereinigt u. als Unguentum nutritum aufbewahrt. Unter diesem Namen ließ die sächsische Pharmakopöe eine Mischung von 1 Theile Bleiessig u. 4 Theilen Schweineschmer bereiten. g) Bleitannat (Plumbum tannicum, Pl. scytodepsicum), Verbindung des Bleies mit Gerbestoff, als Salbe vorzüglich beim Aufliegen Schwerkranker höchst schätzbar. h) Bleiweißsalbe (Unguentum cerussae. C. album simplex), nach der preußischen Pharmakopöe aus 2 Theilen einfacher Salbe (1 Theil weißes Wachs, 4 Theile Schmer) u. 1 Theil feingeriebenem Bleiweiß, nach der neuen sächsischen Pharmakopöe aus 6 Loth Schweineschmalz u. 4 Loth Bleiweiß bereitet. i) Bleipflaster. Alle Bleioxyde vereinigen sich mit Ölen u. Fetten, mit denen sie gekocht werden u. mit denselben seifenartige Verbindungen (vgl. Seife) eingehen, u. bilden Pflaster (ölsaures u. palmitinsaures Bleioxyd), die auch wieder zu Grundlagen für zusammengesetztere Pflaster dienen. Die gebräuchlichsten Bleipflaster sind: aa) Einfaches Bleiglättepflaster (Emplast um lithargyri s. E. plumbi s. Diachylon simplex), aus 5 Theilen höchst sein gepulverter Bleiglätte, 9 Theilen Baumöl durch langsames Kochen unter bisweiligem Zugießen von wenig warmem Wasser bereitet, sieht gelblich weiß, ist zähe u. wird theils für sich, mehr noch als Grundlage anderer Pflaster benutzt; bb) Zusammengesetztes Bleiglätte- od. Diachylonpflaster (Empl. litharg. s. Diach. compositum s. cum gummatibus), 4 Pfd. des vorigen werden mit 1/2 Pfd. Wachs zusammen geschmolzen u. gereinigtes Ammoniakgummi u. Galbanum, von jedem 8 Loth, auch später etwas Safran zugesetzt; ist braungelb, zähe, nach Galbanum riechend, wirkt kräftiger zertheilend, auch Abscesse zeitigend; cc) Klebepflaster (Empl. adhaesivum), 2 Theile einfaches Bleipflaster, 1 Theil Terpentin, od. nach der sächsischen Pharmakopöe 12 Theile Fichtenharz mit 12 Theilen einfachem Bleipflaster u. 12 Theile i. Bleiweißpflaster zusammen geschmolzen, bräunlich, stark klebend, zur Vereinigung von Wunden u. Befestigung der Verbandstücke benutzt; dd) Heilpflaster (Empl. consolidans), einfaches Bleiglättepflaster, Bleiweißpflaster, von jedem 12 Theile, Zinkoxyd, Weihrauch, Mastix, von jedem 1/2 Theil, gelblichbraun; ee) Quecksilberpflaster, Bleiglättepflaster, 24 Theile, gelbes Wachs, 6 Theile werden geschmolzen, dem etwas abgekühlten 8 Theile Quecksilber, das vorher durch fleißiges Agitiren mit 4 Theilen Terpentin getödtet worden, zugesetzt, es sieht aschgrau; B) Seifenpflaster (Empl. saponatum), aus 3 Pfd. Bleiglättepflaster, 1/2 Pfd. gelbem Wachs, 3 Unzen spanischer Seife, 1/2 Unze Kampher bestehend, weißlich; früher (als Empl. miraculosum Barbette) wurde Mennige, Bleiweiß, Seife mit Öl zur gehörigen Consistenz gekocht u. dann Kampher zugesetzt. Diesem sehr ähnlich ist gg) Schiffhausens balsamisches Pflaster, welches noch Castoreum enthält, dessen Bereitungsweise dem Besitzer des Arcanums von der Kaiserin Katharine von Rußland für 30,000 Rubel abgekauft wurde; hh) Mutterpflaster (Empl. matris s. matris Theclae), 1 Theil Bleiglätte wird unter Zusatz von Wasser mit 2 Theilen Baumöl gekocht, bis das Wasser schwarzbraun geworden, dann Talg, Butter, Wachs u. Schiffpech zugesetzt. ii) Bleiweißpflaster (Empl. cerussae s. album coctum), 1 Pfd. Bleiglätte wird mit 41/2 Pfd. Olivenöl bis zur völligen Auflösung gekocht, dann 7 Pfd. Bleiweiß zugesetzt u. auch dieses durch Kochen aufgelöst. Es wirkt austrocknend, zertheilend, kühlend u. wird auf verbrannte Stellen, Geschwülste etc. gelegt; kk) Rothes Mennigspflaster (Empl. de minio rubrum), durch Zusammenmischen von Wachs, Talg, Mennige, gekochtes Rosenöl, Kampher bereitet; ll) Braunes Pflaster (Nürnberger Pflaster, Empl. fuscum s. minii adustum s. noricum). Mennige (℥viij) wird mit Olivenöl (℥xvj) gekocht, bis die Masse schwärzlichbraun geworden, dann Wachs (℥iv) u. Kampher in ein wenig Olivenöl gelöst (Ʒij) zugesetzt, u. das Pflaster in papierne Kapseln od. Holzschachteln ausgegossen; mm) Das Walthersche Universalpflaster ist im Wesentlichen dasselbe, enthält aber noch in jedem Pfunde gebrannten Alaun u. präparirten Bernstein āā Ʒiij; nn) Zu dem Christ'schen Pflaster bleibt das Öl den Sommer über auf weißen Rosenblättern stehen, im Herbste wird die Mennige mit demselben u. dem Safte von weißen Rüben gekocht, auch Kampher u. etwas Peruvianischer Balsam zugesetzt. k) Bleitinctur, mehrere obsolete, Blei enthaltende Flüssigkeiten, bes. die Garmannsche, Tinctura saturnina s. antiphthisica aus Bleizucker u. Eisenvitriol āā durch Digestion mit Weingeist bereitet, wurde zu 20–30 Tropfen Schwindsüchtigen gereicht. l) Bleimagisterium, weißer Niederschlag aus Bleizuckerlösung durch Kali od. durch Schwefelsäure (wo sich schwefelsaures Blei bildet) bereitet, sonst officinell. Als Schminke sehr gefährlich. m) Bleimilch, die durch gemeines Wasser getrübte Auflösung des Bleizuckers. n) Bleiöl, dickliche Flüssigkeit, bestehend aus einer Mischung von Bleizucker mit Terpentinöl. o) Bleibalsam: aa) B. mit Weingeist, Terpentinöl etc. vermischt. bb) Goulards Bleibalsam, 3 Unzen Bleiessig, 1 Pfd. fettes Rosenöl (nach Plenk 18 Unzen Rübsensaft), 3 Unzen Wachs, 1/2 Unze Kampfer, obsolet.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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