Blei [1]

Blei [1]

Blei. I. (Chem. u. Min., Plumbum, abgek. Pb., sonst bei den älteren Chemikern Saturnus ♄, bei den Alchemisten Accil od. Alabari), schon in den ältesten Zeiten bekanntes, früher unter die vollkommnen aber unedlen Metalle gezähltes Metall, bläulich grau, matt, erst durch den Strich glänzend, beim langsamen Erkalten krystallisirend, weich, biegsam, leicht mit dem Messer zu schneiden, auf Papier gerieben abfärbend, läßt sich in dünne Platten ausdehnen aber nicht in seinen Draht ziehen (ein Bleidraht von., 1/16 Zoll Dicke reißt schon durch ein Gewicht von 291/2 Pfd.); specifisches Gewicht 11,35 bis 11,44 (ein Kubikfuß B. wiegt über 600 Pfund); schmilzt bei ungefähr 332° C., bevor es glüht, ist nur in starker Glühhitze flüchtig; ist klanglos, biegt sich ohne zu knistern, hat einen schwachen eigenthümlichen Geschmack u. gerieben od. erwärmt einigen Geruch. Bis fast zum Schmelzpunkte erhitzt, wird es spröde u. bricht durch starkes Hämmern in Stücke. Es läßt sich nur schwierig feilen; indem die Feilspäne ihrer Weichheit wegen die Vertiefungen der Feile verstopfen. An der Luft verliert es sehr bald seinen Glanz u. überzieht sich oberflächlich mit grauem Suboxyd; in der Hitze oxodirt es sich leicht. Rein metallisch wird es nur von der Salpetersäure u. von der Essigsäure in Dampfgestalt angegriffen, von andern Säuren nur als Oxyd od. Oxydul; Ätzammoniak greift es an, fette Öle lösen es in der Hitze ein wenig. A) B. in seiner natürlichen Beschaffenheit. B. findet sich zum Theil als Bleierz: a) gediegen in draht-, haar-, baumförmigen Massen u. in Körnern selten in Lava zur Madeira, bei Alston in England, bei Carthagen in Spanien, am Anglaizeflusse in NAmerika; b) als Glanz (Bleiglanz), in Würfelkrystallen u. verschiedenen Combinationen (mit Octaëder, Dodeka- u. Ikositetraëder), (geschwefeltes B.), ist Schwefelblei, stets Silber u. Spießglanz enthaltend; metallisch glänzend, bisweilen bunt angelaufen, Härte 2–3, enthält 86,55 B., 13,45 Schwefel, gewöhnlich 0,01 Procent Silber, knistert im Feuer, schmilzt in der Rothglühhitze, läßt bei der Auflösung einen gelblichen Rückstand, hat geradblätteriges Gefüge; findet sich in größeren u. kleineren Krystallen, röhrenförmig, traubig, in Drusen etc., bald grob-, bald klein- od. feinspießig, häufig, bei Annaberg in Sachsen, Derbyshire in England, Klausthal am Harz, in Ungarn, Mähren etc. Der B-glanz gibt das meiste B., B-glätte, ferner Silber etc. Man verwendet ihn außerdem zum Glasiren von Thongeschirren, als Streusand u. zur Verzierung von Bijouteriearbeiten. Man unterscheidet: aa) Gemeinen B-glanz, blätteriges Gefüge, 3facher Blätterdurchgang, enthält B., Schwefel u. etwas Eisen, kommt krystallisirt u. derb vor; ungemein verbreitet, fast in allen Gebirgsarten; bb) Bleischweif, enthält geschwefeltes B. u. geschwefelten Spießglanz, spec. Gewicht 7, 2, zerknistert im Feuer, Bruch flachmuschelig, ohne blättriges Gefüge, Farbe lichtblaugrau, kommt seltner vor, auf dem Harz, in England etc. u. wird zum B.- u. Silbergewinn benutzt, auch zur Buchstabenmasse; wenn er mit B-glanz gemischt erscheint, heißt er streifiger B- glanz; cc) Bleimulm, verwitterter B-glanz; hat schuppige, metallisch schimmernde Theile, zerreiblich, bleigrau od. schwärzlich u. abfärbend; bei Freiberg, eingesprengt in B-glanz u. als Überzug; dd) Schalen-B. (Kobaltbleierz), mit wenigem Kobalt; bei Klausthal; c) als Baryt: aa) Diprismatischer B-baryt, so v.w. Kohlensaures Blei, s.u. Bleierze 2) a); bb) Rhomboedrischer[872] B-baryt, so v.w. Phosphorsaures Blei, s. ebd. g); cc) Hemiprismatischer B-baryt, so v.w. Chromsaures Blei, s. ebd. i); dd) Pyramidaler B-baryt, so v.w. Molybdänsaures Blei, s. ebd. h); ee) Prismatischer B-baryt (Bleivitriol), erscheint als Krystall (selten) im Rectanguläroktaëder, häufiger mit Abstumpfungen der Ecken u. Ränder; wiegt 6,2 bis 6,7, Bruch muschelig, Wachsglanz, phosphorescirt erwärmt, schmilzt zur weißen Schlacke, durchsichtig, weiß, auch grünlich u. weingelb, ritzt Gvps, wird geritzt durch Flußspath; Fundorte: Baden, Hessen, Harz, England, Sibirien, mit B-glanz od. Braunstein; ff) Axotomer B-baryt, in rhomboedtischen Krystallen, Bruch muschelig, fettglänzig, gelblich weiß, ins Graue u. Grüne übergehend, wiegt 6,2, weiß auf dem Strich, halbdurchsichtig, aus Schottland, enthält kohlen- u. schwefelsaures B. Vgl. Bleierz 2). B) B. in künstlichen chemischen Verbindungen. Das B. verbindet sich a) mit Sauerstoff in 4 Oxydationsstufen: aa) zu Suboxyd (nach Berzelius: Bleiasche, Cin is plumbi), graues Pulver, in das sich das B. beim Schmelzen unter Luftzutritt nach u. nach verwandelt. Proust hält dies für ein Gemenge von Oxyd u. Metall; bb) (Pb O.) α): Gelbes Oxyd (Massikot, Oxydum plumbicum, Bleigelb, Cerussa citrina), durch anhaltendes schwaches Glühen der B-asche od. auch des metallischen B-s unter Zutritt der Lust, am reinsten durch Glühen des kohlen-, oxal od. salpetersauren B-oxyds erhalten. Gelbes geschmackloses Pulver, das beim Reiben roth, beim Erhitzen vorübergehend bräunlich roth wird, sich in ätzenden Alkalien löst u. aus dieser Lösung beim freiwilligen Verdunsten in weißen durchscheinenden Dodekaĕdern krystallisirt. Auf nassem Wege erhält man es durch Vermischung von 5 Theilen B-zucker in 50 Theilen Wasser gelöst mit einer Lösung von 2 Theilen Ätzkali in 20 Theilen Wasser, als gelbe metallglänzende Schuppen. Es wird in der Malerei u. zur Bereitung der Glätte benutzt; β) Bleiglätte (Silberglätte, auch Glotte, Lithargyrum), krystallisirtes B-oxyd, gelbliche od. röthliche (dann Goldglätte), zerreibliche, schuppige Masse, von 9.500 specifischem Gewicht, unlöslich in Wasser u. mit diesem kein Hydrat bildend, nur in starker Glühhitze flüchtig, wird theils durch theilweises Schmelzen des Massikot bereitet, theils, u. hauptsächlich beim Abtreiben des Silbers als Nebenproduct in dem B-verhüttungsproceß gewonnen. Die Glätte kommt aus Goslar, dann aus Steiermark, Kärnthen, England, Schweden etc. u. ist ein wichtiger Handelsartikel, da sie vielfach als Grundlage der Töpferglasuren, zur Bereitung von Ölfirnissen, zu Mineralfarben, als Grund der Vergoldung u. Versilberung, zum Färben von Thierfellen, zur Bereitung mehrerer pharmaceutischer Präparate (s. Bleipräparate) etc. angewendet wird; γ) durch vollkommenes Schmelzen des B-oxyds wird ein grüngelbes od. feuerfarbenes durchsichtiges Glas: Bleiglas (Vitrium plumbi s. saturni) dargestellt; es löst im Flusse Erden u. Metalloxyde auf u. wird daher vielfach, mit Zusatz von Kiesel u. dgl., zur Töpferglasur, zur Bereitung des Flintglases, künstlicher Glasflüsse etc. benutzt; δ) Mennige (Minium), scharlachrothes, schweres, geschmackloses, in Wasser unlösliches, beim Erhitzen vorübergehend dunkler werdendes Pulver, das durch 36–48 Stunden unter öfterem Umrühren anhaltendes, das Dunkelrothglühen nicht übersteigendes Erhitzen von Massikot od. auch seingeschlämmte B-glätte im Großen in eigenen Mennigswerken bereitet wird. Sie ist eine Verbindung von B-oxyd mit Bleisesqui- od. superoxyd (s. unten), gibt in der Glühhitze Sauerstoffgas ab u. wird in Oxyd verwandelt. Säuren nehmen daraus Oxyd auf u. lassen Superoxyd zurück; concentrirte Essigsäure löst die Mennige vollständig, läßt aber beim Verdünnen mit Wasser u. beim Verdampfen Superoxyd fallen. Schwefelsäure entwickelt beim Erhitzen Sauerstoffgas u. bildet schwefelsaures B-oxyd. Salzsäure bildet Chlor-B. u. braunrothes Superoxyd. Erhitzte überschüssige Salzsäure entwickelt Chlor. Die Mennige wird als Farbe zum Malen u. Anstreichen, dann zur Töpferglasur u. in der Pharmacie (s. Bleipräparate) benutzt. Sie wird an vielen Orten in Deutschland, u.a. in Wien, fabricirt, außerdem liefert Chesterfield u. Wirksworth in England, Tours, Sarguemines u. Paris etc. große Quantitäten. Die B-oxydsalze s.u. den betreffenden Säuren; cc) Bleisesquioxyd (Plumbum sesquioxydu latum). Pb2O3, röthlich gelbes, zartes, nicht krystallinisches Pulver, enthält Wasser, das beim Erhitzen entweicht, ist eine nicht basische Oxydationsstufe, wird von Oxalsäure u. Ameisensäure zu Oxyd reducirt, von Salpeter- u. Essigsäure in Oxyd u. Superoxyd zerlegt, von Salzsäure als gelbe Flüssigkeit aufgelöst u. durch Alkalien aus dieser gefällt. Um es darzustellen, wird einer Auflösung von B-zucker so lange Kali od. Natron zugesetzt, bis sich der entstandene Niederschlag wieder. gelöst hat, u. das Präparat in der Kälte durch unter chlorigsaures Natron niedergeschlagen; dd) Bleisuperoxyd (Plumbum superoxydatum), PbO2, dunkeloranges, geschmackloses, in Wasser unlösliches Pulver, durch Behandlung der Mennige mit Salpetersäure, od. durch Behandeln von Bleiweiß mit unterchlorigsaurem Natron od. Chlorkalk dargestellt, wird durch Sonnenlicht in Sauerstoffgas u. Mennige, durch Glühhitze in Sauerstoffgas u. Oxyd zerlegt, durch Schwefel, schweflige Säure u. ähnlich desoxydirende Körper, auch durch gewisse organische Körper wie Weinsäure, Zucker, Gerbsäure zum Theil unter Feuerentwickelung eines Theils seines Sauerstoffs beraubt; kann bei chemischen Untersuchungen angewendet werden, um schwefligsaures Gas von anderen Gasarten zu trennen; b) B. u. Stickstoff, s. Salpetersaures B-oxyd; c) B. mit Chlor, Bleichlorid PbCl2 (Chlorblei, Plumbum chloratum), findet sich natürlich als Horn-B. (s.d.) u. mit B-oxyd u. Kohlensäure verbunden in Mendipit u. Cotunnit, wird als ein weißes chrystallinisches Pulver (Magisterium saturni Crollii) od. als weiße seidenglänzende Nadeln u. Blättchen durch Präcipitation aus der Lösung eines B-salzes mittelst Salzsäure od. eines Chlormetalls (z.B. Kochsalz) künstlich dargestellt, ist ohne Geschmack, löst sich in 22 Theilen kochendem Wasser, fällt aber nach dem Erkalten großentheils wieder heraus; schmilzt leicht u. erstarrt zu einer durchscheinenden hornähnlichen Masse; verbindet sich mit B-oxyd in mehreren Verhältnissen, die zum Theil blaßgelb, zum Theil bei größerem Antheil von Oxyd (ungefähr 7–1) hochgelb sind. Hierher gehört das durch Glühen von 10 Theilen Mennige mit 1 Theil Salmiak fabrikmäßig bereitete Kaßler Gelb[873] (s.d.). Es war sonst sowohl als inneres als äußeres Mittel officinell, wurde auch als Schminke benutzt; d) Bleibromid verhält sich ähnlich; e) mit Jod: Bleijodid Pb J (Jod-B., Plumbum jodatum). hochgelbes Pulver, in heißem Wasser löslich, beim Erkalten in glänzenden goldgelben Blättchen niederfallend, durch Niederschlagung eines B-oxydsalzes mit Jodkalium od. Natrium sich bildend. Auch bei Mischung von B-essig mit einem löslichen Jodmetall bildet sich ein gelbes Pulver (basisches Jod-B.). Ersteres wird in Frankreich äußerlich u. innerlich gegen Skropheln, Lungensucht etc. versucht; f) mit Schwefel: Bleisulphid PbS (Schwefel-B., Plumbum sulphuratum, Sulphuretum plumbi), findet sich natürlich als B-glanz (s.d.), wird künstlich durch Zusammenschmelzen von B. u. Schwefel, od. durch Niederschlagen eines B-oxydsalzes mit Schwefelwasserstoff od. Schwefelammonium, ersteres als eine graue spröde Masse, letzteres als ein braunes, in Masse schwarzes Pulver von 7,58 spec. Gew. erhalten; g) mit Phosphor: Bleiphosphid, bläulich weiße, metallglänzende, an der Luft bald anlaufende Masse, durch Erhitzen des B-s mit Phosphor in verschlossenem Gefäß, od. Niederschlagung eines B-salzes mit Phosphorwasserstoff bereitet; h) mit Kohlenstoff: Kohlen-B., schwarzes Pulver, beim Erhitzen unter Luftzutritt verglimmend, wobei sich Metall abscheidet, bildet sich bei der Reduction des B-s mit Kohle, od. beim Glühen von Cyan-B. in verschlossenem Gefäß; i) mit Alkalien, metallisches B. 4 Theile, vereinigt sich beim Schmelzpunkte mit 1 Theil Kalium od. Natrium zu grauen, feinkörnigen Legirungen: Bleikalium u. Bleinatrium. Alkalien lösen das B-oxyd auf (B-oxydalkalien, B-saure Alkalien), bilden gelbe größtentheils nicht krystallisirbare Auflösungen; Kalkwasser gibt beim Verdampfen spießige Krystalle; Ätzkalk 4 Thle., B-oxyd 1 Theil mit etwas kohlensaurer Kalilösung, angerührt od. trocken mit Pottasche vermischt, färbt Horn, Haare etc., die damit eingerieben, eine Zeitlang bedeckt u. dann abgewaschen werden, schwarz; h), mit Antimon verbindet sich das B. zu einer harten Legirung, 100 Theile B., 25–40 Antimon, dem man wohl über etwas Eisen u. Messina zusetzt, gibt die Masse zu Buchdruckerlettern. 1 Theil sein zerriebenes reines Antimon, 4 Thle. salpetersaures B-oxyd, 4 Thle. trocknes Kochsalz eine Stunde lang roth geglüht u. dann ausgewaschen, gibt ein sehr seines Neapelgelb (s.d.). B. 2 Theile mit 1 Theil od. gleichviel Zinn geschmolzen gibt das Schnellloth der Klempner, 1 Theil B. u. 6 Theile Zinn das Probezinn; B-oxyd, Zinnoxyd u. Glas zusammengeschmolzen gibt das Email (s.d. a.). 1 Theil B., 1 Theil Zinn, 2 Theile Wismuth (od. auch 207 B., 118 Zinn, 284 Wismuth) zusammengeschmolzen gebeneine Legirung, die noch unter dem Siedepunkt des Wassers schmilzt (Nose's od. d'Arcet'sches Metall), durch Zusatz von Quecksilber noch leichter flüssig wird u. zum Plumbiren der Zähne, zum Abdrücken hölzerner Modelle gebraucht wird. Nach Göbel eine Legirung von 177 Zinn, 310 Theile B., 497 Wismuth, 101,26 Theile Quecksilber schon bei 64° R. flüssig, erstarrt erst bei 48° völlig u. wird zum Ausspritzen anatomischer Präparate empfohlen. Bleiplatin, gleiche Theile B. u. Platin, bildet eine dunkle streifige Masse. Bleigold, B. mit 12 Theilen Gold ist spröde u. blaßgelb. Bleisilber, B. mit 100 Theilen Silber, ist körnig, brüchig, nicht sehr dehnbar. Bleiquecksilber, B. mit 11/2 Theil Quecksilber ist krystallisirt. Bleikupfer, B. mit 3 Theilen Kupfer, grauroth, feinkörnig, wenig dehnbar. Hierher gehören die sogenannten Kienstücke, Darrlinge, das Garkupfer der Seigerhütten. Andere Legirungen s.u. den betreffenden Metallen.

II. (Hüttenk.), B. wird meist aus den geschwefelten B-erzen (B-glanz) gewonnen u. der Schwefel durch Rösten od. durch Niederschlag daraus geschieden. Die übrigen Beimischungen von Kupfer, Silber u. Antimon werden später durch ein besonderes Verfahren ausgeschieden. A) Das Rösten geschieht, nach dem Pochen u. Waschen des B-erzes, wobei die mehr metallischen Theile sich von den sandigen u. erdigen Theilen (Bleiafter) scheiden, am besten im Flammofen, wenn man sie erst durch geringeres Feuer röstet, wobei schon Bleimetall (Jungfern-B.) gewonnen wird, u. dann durch verstärktes völlig schmilzt. Öfter röstet man die B-erze erst auf Holzhausen mehrmals, ehe man sie in Schachtöfen mit Holzkohlen zum Schmelzen bringt. Man erhält dabei metallisches B., Bleistein (eine Verbindung von Schwefeleisen mit Schwefelblei u. Schwefelkupfer nebst einer geringen Menge von Silber u. Antimon) u. Schlacke. Der B-stein wird mehrmals geschmolzen (verändert), wobei außer dem Werkblei (schwefelfreies, jedoch nicht reines B.) abermals B-steine (zweiter, dritter etc.) gewonnen werden, bis der Proceß vollendet ist. Bei dieser Art geht viel B. verloren. B) Durch Niederschlag erhält man B., indem man gekörntes Eisen od. Eisenschlacke zusetzt, wodurch theils der Fluß bewirkt, theils der Schwefel aufgenommen wird. Man bedient sich hierbei theils des Schacht-, theils des Flammofens, mit Feuerung von Holz, da sich Kocks nachtheilig erwiesen haben. Im Kleinen erhält man reines B. durch Glühen von reinem B-oxyd mit Kohle u. Pottasche od. Soda. Das reine B. wird aus dem Werkblei durch Reduction im schottischen Ofen od. Krummofen gewonnen u. heißt Kaufblei; insofern es aus der Glätte beim Reinigungsproceß reducirt wurde, Frischblei. In Verbindung mit Antimon führt es den Namen Hartblei. Die Verschmelzung des Weißbleierzes (Kohlensaures B.) geschieht einfach mittels Kohle im Krumm- od. Flammofen, wobei die Kohlensäure ausgetrieben u. das B-oxyd reducirt wird. Ist dem Weißbleierz B-glanz beigemengt, so setzt man zur Zersetzung des letzteren die erforderliche Menge Eisen zu. Das Verfahren, durch welches aus dem Werkblei seine Beimischungen, als Silber, Antimon, Kupfer, Arsenik, auch wohl Nickel, Kobalt u. Gold, ausgeschieden werden, heißt die Treibarbeit. Das Werkblei wird dabei auf dem Treibherd des Flammofens glühend geschmolzen, das dadurch entstehende Oxyd fließt ab u. erstarrt nachher zur Glätte. Die Glätte wird entweder als solche verkauft od. durch das Glättefrischen (Reduciren durch Kohle im Flammofen) in Frischblei verwandelt. Die gesammte B-ausbeute in Europa u. Amerika wird auf jährlich 1 Mill. Centner angeschlagen, wovon 638,000 allein auf Großbritannien kommen. Interessante B-schmelzösen sind zu Poullaouen im franz. Departement Finisterre, zu Pesay in Savoyen, Tarnowitz in Ober-Schlesien, zu Goslar u. auf andern Punkten des Harzes, zu Flintshire u. Denbigshire in Wales. Vgl. Bleiblüthe u. Bleierz.

[874] III. Anwendung des B. A) In der Technologie ist B. von den vielseitigsten Vortheilen: a) als Metallmasse besonders zu Gewichten, da es von den festen unedleren Metallen das schwerste ist, so an Uhren, od. als Loth-B.; dann in technischen Zubereitungen, weil es leicht schmilzt, zäh u. fest ist, zu Flintenkugeln u. Schrot; in Platten zu Unterlagen, wo man bes. dauerhafte u. zugleich schwere wünscht, od. auch eben so zur Deckung, wo im kleinen Raum zugleich ein starker Druck gewünscht wird; b) in gestrecktem Zustande als Überdeckung u. Umkleidung, daher auch bei Gebäuden zur Dachdeckung, od. als Bleiblech zu Überzügen, zu Schwefelsäurekammern, bei Tabak, Thee, zu Anfertigung von Gefäßen, Dosen, Tintenfässern, in Aushöhlungen zu Rinnen u. Röhren, besonders Gasleitungsröhren; eben so auch zur Einfassung von Fensterscheiben, wozu es sich sowohl durch seine Biegsamkeit, als durch Ausdauer in der Witterung eignet; c) geschmolzen zur Befestigung von Eisenwerk in Stein; auch zur Erleichterung des Schmelzens anderer Metalle u. dadurch zur Löthung; auch zur Anfertigung von Gebilden aller Art, für sich od. in Verbindung mit anderen Metallen, z.B. mit Antimon zu Schriftlettern, zu Stereotypplatten. Auch ist es als chemisches Prüfungs- u. Scheidemittel in der technischen Chemie wichtig. d) In chemischen Verbindungen u. bes. in seinem Oxydationszustande u. Verbindungen (mehr hierüber s. oben), so zunächst für die Metallurgie, zur Abscheidung von Silber u. Gold aus ihren Erzen, desgleichen für die Glasbereitung u. Darstellung von Glasuren, eben so zur Bereitung von Porzellan, Fayance, Email etc., ferner in seinen Oxyden, als Malerfarbe, auch zu Firnißbereitung u. m. a. B) In der Medicin. B. ist, unter welcher Form es auch in den Körper gelangt, demselben schädlich, weniger jedoch das reine metallische u. dies auch nur, indem es sich im Magen stark oxydirt, sonst aber, sowohl in Dämpfen als auch in Oxyden, s. Bleivergiftung. Daher bleibt sein innerer Gebrauch immer bedenklich u. erheischt die größte Vorsicht. Bei heftigen Diarrhöen u. Auswurf Lungensüchtiger wendet man zuweilen B. als B-zucker an; äußerlich ist dagegen das B. vielfach anwendbar, weniger metallisch (hier nur, um bei Überbeinen od. kleinen Aneurysmen einen Druck zu bewirken, od. auch von B-draht zu Unterbindung von Gefäßen), als oxydirt, in mancherlei B- präparaten, bes. zur Mäßigung von Entzündung, Beschränkung von Eiterung, bei Verbrennungen, bei von Liegen od. Reibungen entstandener Hautexcoriation, bes. als B-tannat, bei Erfrierungen, bei Afterorganisationen allerlei Art, wenn sie mit Erschlaffung verbunden sind, bei Augenentzündungen u. in mehreren Fällen. Vgl. Bleipräparate.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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