- Seife
Seife, 1) (Chem.), die Fette lassen sich in chemischer Beziehung betrachten als Salze, welche aus einer od. mehren eigenthümlichen Säuren, die bei gewöhnlicher Temperatur theils flüssig, theils fest sind, u. einer gemeinsamen Base, dem Lipyloxyd od. Glyceryloxyd (s.d.) bestehen. Wenn man diese Salze mit Basen zusammenbringt, welche zu den Säuren mehr Verwandtschaft haben, als das Lipyloxyd, so bildet sich ein neues Salz, die S. Der Proceß selbst heißt Verseifungsproceß. Das Lipyloxyd wird dabei ausgeschieden; da es aber für sich nicht existiren kann, so geht es unter Wasseraufnahme in Glycerin od. Glyceryloxydhydrat (s.d.) über. Das Glycerin ist demnach nicht in den Fetten enthalten, sondern wird erst bei der Verseifung gebildet. Man unterscheidet in chemischer Beziehung: in Wasser lösliche S-n (S-n des gewöhnlichen Lebens), Verbindungen von Fettsäuren mit den Alkalien; u. in Wasser unlösliche S-n, Verbindungen dieser Säuren mit alkalischen Erden od. unlöslichen Metalloxyden, wie z.B. die Kalkseifen der Stearinkerzenfabriken u. das Bleipflaster der Pharmaceuten. Früher nahm man an, daß die Fette u. Öle als solche die Eigenschaft besäßen, sich mit Alkalien zu verbinden, bis Chevreul die Entdeckung machte, daß die Fette, wenn sie aus ihrer Seifenlösung ausgeschieden werden, andere Eigenschaften besitzen als vorher. 2) (Technol.). Im gewöhnlichen Leben versteht man unter S. das Product der Einwirkung des Kalis od. Natrons auf die Fette od. Öle. Die Kenntniß der S. läßt sich im Alten Testamente nicht nachweisen, denn was Luther (Jeremias 2, 22 u. Maleachi 3, 2) durch S. übersetzt, ist im hebräischen Texte Soda, Mineralkali (Nether) u. Pottasche, vegetabilisches Laugensalz (Borith). Mit Bestimmtheit führt dagegen Plinius (Hist. nat. 28, 51) die S. (Sapo) an, er sagt, sie werde aus Fett (bes. Schöpsfett) u. Asche (bes. Buchenasche) am besten in Deutschland bereitet. Indeß ist hier noch nicht an den Gebrauch der S. beim Waschen zu denken, sondern dieselbe ist theils ein Heilmittel, theils u. hauptsächlich eine Haarsalbe, wozu sie von den Galliern erfunden u. hauptsächlich von den germanischen Männern angewendet worden sein soll. Unter den Griechen kommt die S. (σάπων) bei Aretäos, Paulus Ägineta u. Aëtios vor. Jetzt wird die Seifenfabrikation u. der Seifenhandel in allen Ländern nach Maßgabe der in ihnen vorhandenen Rohmaterialien geliefert. In Italien liefert gute S. Ancona aus sicilianischer Soda u. Baumöl; wird vorzüglich in den Färbereien benutzt. Die neapolitanische hält die Mitte zwischen harter u. flüssiger S., hat schön dunkelgelbe od. braune Farbe, angenehmen, gewürzhaften Geruch, wird in Töpfen von Fayence versendet u. zum Rasiren, zum Waschen der Haut u. zu Seifenkugeln benutzt. Rußland führt die S. in großer Menge aus; die Blockseife kommt in großen Stücken von 80–160 Pfund in den Handel. Die Debrezyner S. aus Ungarn wird von Talg u. natürlicher Soda gemacht; sie ist trocken, hart, glatt, schwarz od. weiß u. überhaupt sehr gut. Für Frankreich ist Marseille der Hauptsitz der Seifenfabrikation, in Paris werden bes. parfümirte S-n fabricirt. Deutschland liefert sehr viel S.; wohlriechende S. liefert in Menge Berlin, Dresden, Wien.
A) Rohmaterialien. Bei der Bereitung der S. angewendete Fette u. Öle sind: Talg, Schweineschmalz, Hanföl, Fischthran, Olivenöl, Palmöl (von Cocos butyracea od. Avoira lais), Illipeöl, Galambutter (von einer Bassia), Cocostalg od. Cocosnußöl (Cocos nucifera) u. die Ölsäure, welche beim Auspressen der Stearinsäure unrein abfällt, ferner Colophonium (Geigenharz); dann die Alkalien, u. zwar diese in doppelter Hinsicht wichtig: als wirklicher Bestandtheil der fertigen S.u. als derjenige Stoff, auf dessen chemische Wirksamkeit die Verseifung der Fette beruht. Der Handel liefert dem Seifensieder nur Holzasche, Pottasche u. Soda, in welchen Körpern die Alkalien an Kohlensäure gebunden sind. Sie werden von der Kohlensäure durch Behandeln mit Ätzkalk befreit u. dadurch in eine ätzende Flüssigkeit (Lauge od. Ätzlauge) übergeführt. Dies kann mit u. ohne Wärme geschehen. a) Auf kaltem Wege, welcher nur noch selten angewandt wird, mischt man 100 Pfund durchgesiebter u. befeuchteter Holzasche (welche keine Torfasche enthalten darf) auf einem Steinboden mit 10–12 Pfd. gebranntem Kalk u. löscht diesen zugleich. Dann bringt man die Mischung in gußeiserne Kästen (Äscher) mit doppeltem durchlochtem Boden, welcher mit Stroh belegt ist, befeuchtet sie völlig (Einstellen), füllt den Kasten mit Wasser (Eintränken) u. läßt 18–24 Stunden stehen. Dann zieht man die Lauge, d.h. läßt sie durch einen Hahn in die neben dem Äscher eingegrabenen Gefäße (Sümpfe) abfließen, wobei sie ein specifisches Gewicht von 1,16 bis 1,21 haben soll (Feuerlange od. Ansiedelauge). Ein zweiter Aufguß liefert die 1,06 bis 1,07 specifisches Gewicht zeigende Abrichtelauge, ein dritter die schwache od. arme Lauge von 1,02 bis 1,03 specifischem Gewicht. Der Rückstand, die sogenannte Seifensiederasche, wird als werthvolles Düngemittel benutzt. Pottasche u. Soda (calcinirte, aber nicht rohe) wird trocken mit dem Kalk u. mit etwas Holzasche (zur besseren Filtration) gemischt. Beim Zusatz von zu viel Kalk verdirbt die Lauge (zu hoch im Kalke stehend) die S.; setzte man zu wenig zu (die Lauge steht zu tief im Kalke), so kann man die Behandlung mit Kalk wiederholen. b) Auf warmem Wege mischt man entweder Kalk u. Soda u. übergießt sie im Äscher mit 40–50° warmem Wasser, od. man löscht den Kalk zu dickem Brei u. trägt diesen so lange in die bis zum lebhaften Sieden erhitzte Sodalösung ein, bis eine abfiltrirte Probe, in Salzsäure tropfend, keine Kohlensäurebläschen mehr gibt. Auf diese Weisen kann man bestenfalls nur Lange mit 15,3 Procent Kali od. 12,8 Procent Natron darstellen. Bedarf man stärkere, so concentrirt man sie entweder durch Eindampfen in einem Kessel, od. man löst käufliches festes kaustisches Natron darin auf. Die Prüfung der Lauge geschieht durch die Senkwage nur ungenau, besser durch Titriren, d.h. Sättigen mit einer Säure von bekanntem Gehalte.
B) Bereitung der S. Die Kaliseifen unterscheiden sich wesentlich von den Natronseifen. Die Kaliseifen sind weich, halten das Wasser mit Begierde fest u. ziehen es, wenn sie künstlich getrocknet sind, ebenso begierig an, bes. dann, wenn die Fettsäure eine flüssige ist. Sie heißen wegen ihrer Consistenz Schmierseifen. Die Natronseifen sind die gewöhnlichen festen od. harten S-n, welche schwerer als die Kaliseifen im Wasser löslich sind, viel weniger Wasser anziehen u. festhalten u. dies um so mehr, je schwerer schmelzbar die Fettsäure ist. So zieht das trockene ölsaure Kali 16,2 Procent, das stearinsaure Natron nur 7 [788] Procent Wasser aus der Luft an; das erstere löst sich in 4 Theilen, das letztere beim Sieden in 20 Theilen Wasser auf. Daher ist gute Talgseife am ökonomischsten zum Waschen (Waschseife); sie ist weiß, grau od. gelblichgrau. a) Aus Talg. Die Talgseife wurde sonst nur aus Kalilauge bereitet, u. die erhaltene Kaliseife durch Kochsalz in Natronseife verwandelt. Der Vorgang bei dieser Umsetzung ist der, daß sich durch doppelte Wahlverwandtschaft aus fettsaurem Kali u. Chlornatrium fettsaures Natron u. Chlorkalium bilden. Die alte deutsche Methode des Talgkernseifesiedens liefert auch bei Anwendung unreiner Materialien eine gute S. Man bringt den am besten reinen, d.h. vorher ausgelassenen Rinds- od. seltener Schöpstalg zu der im Kessel befindlichen Lauge. Diese Seifenkessel sind aus Eisenblechtafeln zusammengenietet u. so in die Feuerung eingesetzt, daß nur der untere Theil vom Feuer berührt wird. Der geschmolzene Talg mischt sich leicht mit der kochenden Lauge zu einer milchigen Flüssigkeit, welche bald klarer u. dicklich wird (Seifenleim) u. dann geprüft werden muß. Bleibt nämlich ein Tropfen davon auf einer Glasplatte anfangs klar u. wird dann erst strahlig trübe (Seifenblumen), so ist Fett u. Alkali im rechten Verhältniß. Oft muß noch Lauge zugestochen werden, oft ist die S. durch zu großen Verlust an Wasser übertrieben. Man setzt nun auf 100 Pfd. Talg 12–16 Pfd. Kochsalz zu, um die S. auszusalzen. Das Aussalzen hat außer der erwähnten Umsetzung des fettsauren Kalis in fettsaures Natron noch die Abscheidung der S. aus der Lösung zum Zweck. Das Wasser wird nämlich durch Anwesenheit einer bestimmten Menge Kochsalz (auch anderer Alkalisalze) unfähig, S. aufzulösen, od. gelöst zu erhalten. Bei Zusatz der letzten Mengen Kochsalz scheidet sich daher die schon trockenere S. in Flocken aus; diese sammeln sich oben auf der Lauge zu einer zusammenhängenden Masse an, welche während des Zachsiedens immer dicker wird, je mehr Wasser verdampft. Endlich erscheinen größere Blasen an der Oberfläche, die S. bildet Platten; der Dampf der unten angesammelten unmittelbar vom Feuer getroffenen Salzlauge entweicht schwer, heftig u. lärmend (Pfeifen) durch die dicke Seifenmasse, es scheiden sich darin Körner von trockener S. aus (es erfolgt die Kernbildung), während sich die Lauge zeitweilig über den Kern ergießt (Aufpoltern, Aufschmeißen). Hat sich endlich alle S. aus der starken Salzlösung körnig ausgeschieden, so läßt man diese letztere (Unterlauge), welche dunkel gefärbt ist u. außer dem Glycerin, Chlornatrium u. Chlorkalium noch die fremden Salze etc. enthält, völlig ablaufen. Setzt man dann nur gerade so viel Wasser od. schwache Lange zu der S., daß sich die Körner wieder zu einer Masse in der Wärme vereinigen, so erhält man die Kernseife; rührt man im Kessel mehr Wasser zu, so ist die S. geschliffen; schöpft man sie erst in die Form u. rührt dort Wasser ein, so heißt sie gefüllte S. Die Kernseife muß weder bröcklig, noch schmierig sein, u. sich in der flachen Hand mit dem Daumen zu einer zusammenhängenden Masse drücken lassen (Kernprobe). Oft fassen die Kessel nicht auf einmal die nöthige Laugenmenge; dann nimmt man das Aussalzen etwas eher vor, läßt die Unterlauge abfließen, gibt noch Abrichtelauge zur S. (Sieden auf dem zweiten Wasser), sowie noch etwas Kochsalz, u. wiederholt, wenn nöthig, diese Operationen mit immer weniger Kochsalz u. schwächerer Lauge (Sieden auf dem dritten, vierten etc. Wasser), bis die Seifenlösung richtig beschaffen ist u. man zum Klarsieden od. Kernsieden schreiten kann. Die geschmolzene S. wird nun in die Form geschöpft, d.i. in einen hölzernen Kasten mit durchlöchertem Boden, dessen Wände durch Riegel zusammengehalten werden u. welcher mit Leinewand ausgekleidet ist. Es giebt auch Formen aus Eisenblech. Will man glattweiße S. erhalten, so läßt man sehr schnell erkalten, damit die der ordinären S. nie fehlenden Verunreinigungen wie Kalk- u. Magnesiaseife, Schwefeleisen u. Eisenseife gleichmäßig in der Masse vertheilt bleiben u. sie. etwas graugelb färben. Läßt man etwas langsamer erkalten, so ziehen sich diese Stoffe an einzelnen Punkten zusammen u. die S. bekommt ein granitartiges geflecktes Aussehen. Beim noch langsameren Erkalten, u. indem man die noch flüssige S. mit einem Eisenstabe in regelmäßigen Linien durchfurcht (Kerben od. Schlagen), wird die Talgkernseife schön marmorirt. Es scheidet sich nämlich dann ein krystallisirter Kern aus talgsaurem Natron aus, welcher schon erstarrt, während das ölsaure Natron u. die noch vorhandene Kaliseife noch weich sind (der Fluß od. Flaser). Je nach der Zeichnung dieses Marmors spricht man von Blumen, Mandeln etc. der S. Man ahmt jetzt diesen Marmor, welcher sonst als Zeichen der Güte der Kernseife angesehen wurde, durch Einrühren von Farbstoffen nach. Die in den Formen völlig erkaltete S. wird auf einem horizontal gerichteten Tische mittels eines Messingdrahtes mit Griffen od. einer Schnur, wohl auch mit eigenen Messern in längliche Stücke (Riegel) zerschnitten. Die Toiletteseifen werden auf eigenen Maschinen zerschnitten od. in Formen gepreßt. Endlich läßt man die S. noch etwas austrocknen. Man erhält dann von 100 Pfd. Talg 150–160 Pfd. gute Kernseife mit 20–25 Procent Wasser. Jetzt verwendet man zur Talgseife fast nur noch Ätzlauge aus Soda (Natronhydrat). Dabei dient das Kochsalz nur zum Unlöslichmachen der S., u. da außerdem 2 Theile Natronhydrat soviel Fett verseifen, als 3 Theile Kalihydrat u. die Soda billiger als die Pottasche ist, so stellt sich diese Methode vortheilhafter. Mit Soda fabricirte S-n nennt man Sodaseifen: sie sind auch etwas härter u. weniger löslich in Wasser als die aus Kaliseifen erhaltenen. b) Aus Olivenöl (Marseiller u. Venetianer S.) in Südfrankreich, Oberitalien u. Nordafrika. Die Laugen stellt man aus calcinirter Soda mit Ätzkalk in 3 Concentrationsgraden dar, deren specifisches Gewicht der Feuer-, Abrichte- u. schwachen Lange der deutschen Seifensieder entspricht. Man fängt mit einer schwächeren Lauge von 1,07 specifischem Gewicht an, welche man im Kessel bis zum Sieden erhitzt, ehe man das Öl zufließen läßt. Man nimmt zu einem Sud 120–160 Centner Öl, welches möglichst stearinreich gewählt wird u. welchem man in der Regel 5–10 Procent Mohn-, Lein- od. Sesamöl beimischt. Sobald die Temperatur des Siedens wieder erreicht ist, tritt Bildung eines unklaren, dünnflüssigen Seifenleimes ein. Nach längerem Sieden bildet sich ein vollkommener Seifenleim. Das Aussalzen bewirkt man mit, aus kochsalzhaltigem Natron bereiteter Lauge, welche in den Leim eingerührt wird, bis dieser sich von der Unterlauge abzuscheiden beginnt, wonach man das Gemenge einige Stunden stehen läßt u. sodann die[789] Unterlauge abzieht. Dem Aussalzen folgt das Klarsieden der S., welche zu ihrer völligen Bildung noch eine bedeutende Menge Natron braucht, unter Zusatz einer kochsalzhaltigen Natronlauge, deren Concentration die Ausscheidung des Seifenleimes auf der Oberfläche der stark ätzenden Natronlösung bedingt. Das Natron geht allmälig in die S. über; die Unterlauge verliert ihren stark alkalischen Geschmack u. muß durch kochsalzhaltige Lauge ersetzt werden, was mehrmals zu wiederholen ist. bis die Seifenbildung ihr Ende erreicht u. die Concentration unter dem fortwährenden Eindampfen zur Entstehung der körnigen S. vorgeschritten ist. Sodann wird das Ganze eine Stunde ruhig stehen gelassen, die Unterlauge entfernt u. der Kern mit dünner Lauge angerührt (geschliffen). Hat er die richtige Consistenz erlangt, so schöpft man die S. in die Formen, in denen sie nach acht Tagen erstarrt ist. Bei diesem Einrühren der Lauge wird das in der S. vorhandene Schwefeleisen u. die Eisenseife (dunkelgefärbte unlösliche Stoffe, welche sich am Boden des Kessels ansammeln) streifig vertheilt, wodurch die S. eine bläuliche Marmorirung erhält. Oft vermehrt man die Marmorirung, indem man vor dem Klarsieden noch Eisenvitriol zusetzt, wodurch noch mehr Eisenseife (ölsaures Eisenoxydul) gebildet wird. Durch den Sauerstoff der Luft werden diese Eisenverbindungen gelb gefärbt. Wenn man stärker schleift, d.h. mehr Wasser einrührt u. die S. dann ganz ruhig stehen läßt, so erhält man in den oberen Schichten weiße S. In Deutschland wird der nach Marseiller Art gesottenen S., um sie ganz nachzuahmen, nach dem Klarsieden u. Ablassen der Unterlauge noch etwas Öl beigemischt, damit die letzte Spur freies Alkali verschwindet. 100 Pfd. Öl sollen 155–158 Pfd. S. geben. Die spanische od. alicantische S. wird auch aus Olivenöl, oft aus Mohnöl u. Natronlauge bereitet. Die Erfindung der Olivenölseife stammt aus Spanien u. wurde gegen Mitte des 17. Jahrh. nach Marseille gebracht. Marseille besitzt 45 Seifensiedereien mit 5–6000 Arbeitern u. liefert jährlich 49 Mill. Kilogr. S. c) S. aus Cocosnußöl. Dieses Öl kann nur durch eine Natronlauge von mindestens 1,16 specifischem Gewicht verseift werden u. zwar schon durch gelindes Erwärmen. Die schnell entstehende weiße, alabasterartig durchscheinende, sehr schnell erhärtende S. ist in nicht sehr starken Kochsalzlösungen noch auflöslich; man bedient sich daher zum Aussalzen starker alkalischer Lauge von 1,21 specifischem Gewicht, worin sie unlöslich ist; nur muß man einen Überschuß hiervon vermeiden. Es wird hierbei keine Unterlauge abgeschieden, somit bleiben Glycerin u. die etwa überschüssige Lauge mit den fremden Salzen in der S. enthalten, was wieder die Aufnahme von viel Wasser zur Folge hat, ohne daß die S. weich erscheint. Diese S-n nennt man im Gegensatz zu den krystallinischen Kernseifen auch amorphe; sie heißt auch speciell gefüllte od. Eschweger S. Das Cocosnußöl überträgt seine Eigenthümlichkeiten zum Theil auf Talg od. Palmöl, wenn letztere damit gleichzeitig in S. umgewandelt werden, so daß man Gemenge der beiden Fettarten mit concentrirter Lauge verseifen kann, was bei Talg od. Palmöl allein schwer gelingt. Die Cocosnußölseife schäumt sehr stark, zeigt aber einen eigenthümlichen, unangenehmen Geruch nach Capronsäure, wenn ihr nicht mindestens ein gleiches Gewicht Talg- od. Palmölseife beigemengt ist. Man nennt diese Art der Seifenfabrikation Schnellseifenfabrikation, u. kann mit ihr aus 100 Theilen Fett über 300 Theile einer anscheinend guten u. harten, in der That aber sehr wasserhaltigen S. darstellen. d) S. aus Harz. Das Colophonium verbindet sich bei der Siedehitze, wo es vollkommen flüssig ist, leicht u. viel rascher mit den Alkalien als die Fette. Diese Verbindung ist keine Verseifung, weil die Bildung von Glycerin fehlt; sie gelingt fast eben so leicht mit kohlensaurem als mit ätzendem Natron. Die Harzseife ist für sich nicht brauchbar; ein festes Product entsteht aus der Verbindung derselben mit Talg od. Palmseife in einem gewissen Verhältnisse (vgl. Harzseifen). Die Harzseife ist etwas rauh anzufühlen u. stark durchscheinend; ist wohlfeil, schäumt sehr gut, behält aber stets den Geruch nach Harz; sie kommt unter dem Namen (englischer S.) in den Handel. e) S. aus Ölsäure. Die Ölsäure kommt im Handel als Nebenproduct bei der Stearinerzeugung vor u. liefert ein die Verseifung sehr erleichterndes, als Zusatz namentlich bei geringeren Seifensorten immer mehr in Aufnahme kommendes Material. f) Schmierseife (weiche od. Thranseifen) werden aus Pottasche u. Hanf-, Lein-, Mohn- u. Rapsöl od. Thran hergestellt. Letztere beiden sind etwas fester. Hanföl gibt eine schön grün gefärbte S. (daher grüne S.), welche man wohl auch durch Indigozusatz erhält. Rüböl gibt eine gelbe S. Mit Eisenvitriol u. Galläpfelabsud erhält man eine grünschwarze Färbung (schwarze S.). Man soll aus 36 Pfd. Pottasche u. 100 Pfd. gutem Öl od. Südseethran resp. 230 u. 250 Pfd. Schmierseife von genügender Consistenz u. circa 50 Proc. Wassergehalt erhalten. Sie wird nicht in Formen, sondern in Fässer gegossen u. so verkauft. Rußland u. Norddeutschland liefern die meiste Schmierseife. g) Knochenseife, sowie Fleisch-, Woll- od. Hornseife wird durch Abkochung dieser Stoffe mit einer scharfen Lauge erhalten u. kann höchstens zum Reinigen der Wolle etc. benutzt werden. Die bräunliche Fischseife wird aus Kali u. angefaulten Fischen bereitet. Gallenseife ist eine gewöhnliche S., welcher man die Hälfte an Ochsengalle zugesetzt hat, welche zum Waschen zart gefärbter Zeuge dient. i) Bleiseife, s.u. Bleipräparate i). h) Kiesel-, Bimstein- u. Sandseife sind gewöhnliche Waschseifen, denen man vor dem Erhärten circa 75 Procent feinen weißen Sand od. 20–25 Procent Bimsstein- od. Feuersteinpulver beimengte. Diese Zusätze befördern die Reinigung sehr schmutziger Gegenstände. Man hat auch mit Pfeifenthon, Speckstein, Walkererde vermischte S-n, welche im Meerwasser brauchbar sein sollen. Auch Wasserglas wird bisweilen der S. beigemengt. k) Toiletteseifen sind möglichst neutrale Talg- od. wohl auch Cocosnußseifen, welche je nach dem Gebrauche mit verschiedenen wohlriechenden Ölen u. mancherlei Formverzierungen versehen u. danach verschieden benannt werden, z.B. Kräuter-, Moschus-, Citronen-, Benzoeseife etc. Die Öle werden entweder mit der kalten zerstoßenen od. gehobelten S. gemischt u. diese dann in Formen gepreßt (kalte Parfümirung) od. die S. umgeschmolzen u. das Parfüm vor dem Erkalten zugesetzt (Parfümirung durch Umschmelzung). Man bedient sich bes. des Rosenöles, Zimmtöles, Nelkenöles, Kümmelöles, Bittermandelöles (Mandelseife) od. statt dessen des Nitrobenzols. Die Toiletteseifen sind auch häufig gefärbt, oft marmorirt;[790] man verwendet hierzu Ultramarin, Zinnober, Eisenvitriol, Umbra, in Alkali gelösten gebrannten Zucker etc. Auch hat man S-n mit bedeutenden Zusätzen von Glycerin, Stärkmehl, dem Schleim der isländischen Flechte u. der Eibischwurzel, letztere bes. für kränkliche Haut. Die Stärke läßt sich leicht durch Jod nachweisen. Häufig werden die Toilettenseifen in Form von Seifenkugeln verkauft, oft auch stückweise in farbiges, bedrucktes od. gemaltes Papier eingewickelt od. Dutzendweise in Pappkästchen versendet. aa) Windsorseife; 3 Theile Kerntalgseife, 1 Theil Cocosnußölsodaseife, 1 Theil gelbe Seife u. 1 Theil Ölseife werden zusammengeschmolzen, mit Caramel braun gefärbt u. mit einem Gemisch aus gleichen Theilen Kümmelöl, Nelkenöl, Thymianöl, Zimmtcassienöl u. Lavendelöl parfümirt (auf 1 Centner Seife 2 Pfund Parfüm). bb) Die Rosenseife stellt man durch Zusammenschmelzen von 1 Theil Ölseife mit 2 Theilen Talgseife u. etwas Wasser dar; die fertige S. wird durch Rosenöl, Moschusessenz, Santalholzöl u. Geraniumöl parfümirt. cc) Mandelseife. Man schmilzt 1/2 Ctnr. feine Kerntalgseife, setzt 14 Pfd. Ölseife u. ebensoviel Cocosnußölsodaseife u. dann noch 1/2 Ctnr. Kerntalgseife zu; wenn Alles geschmolzen ist, setzt man 11/2 Pfd. Bittermandelöl, 1/4 Pfd. Nelkenöl u. 1/2 Pfd. Kümmelöl zu. Statt des natürlichen Bittermandelöls bedient man sich auch des künstlichen, der sogenannten Mirabanessenz (Nitrobenzol, aus Steinkohlentheeröl u. Salpetersäure erhalten), wodurch man die billigere Mirabanseife erhält. dd) Honigseife ist entweder eine mit Honig versetzte Rosenseife od. mit Citronellaöl parfümirte feine S. ee) Moschusseife. 5 Pfd. Kerntalgseife werden schwach braun gefärbt u. mit 1/2 Loth Moschus u. 2 Loth Bergamottöl kalt parfümirt od. 30 Pfd. Talg- u. 20 Pfd. Palmölseife, fein zerstoßene Gewürznelken, Rosen- u. Nelkenblätter, von jedem 9 Loth, Bergamottöl u. Moschusessenz von jedem 7 Loth. ff) Orangeblüthseife. Kerntalgseife mit Neroliöl (1 Loth auf 1 Pfd. S.) kalt parfümirt od. 30 Pfd. Talg- u. 20 Pfd. Palmölseife mit 13 Loth Ambraessenz. gg) Santalholzseife. 7 Pfd. Kerntalgseife, 14 Loth Santalholzöl u. 4 Loth Bergamottöl. hh) Citronenseife. 3 Pfd. Kerntalgseife, 12 Loth Citronenschalenöl, 1 Loth Limon-Grosöl, 4 Loth Bergamottöl, 2 Loth Limonöl. ii) Patchouliseife. 4 (Pfd. Kerntalgseife, 2 Loth Patchouliöl, 1/2 Loth Santalholzöl u. 1/2 Loth Vetiveröl. kk) Struve's Glycerinseife. 40 Pfd. Nierenfett, 40 Pfd. Schweinefett u. 20 Pfd. Cochin-Cocosöl werden verseift u. der S. eine Mischung von 6 Pfd. Glycerin, 11/4 Pfd. Portugalöl, 11/3 Pfd. Bergamottöl, 10 Loth Bittermandelöl u. 6 Loth Vetiveröl zugesetzt. ll) Weiche Bartseifen, durch Zusammenschmelzen von gleichen Theilen gelber S.u. weicher S.u. Parfümerien erhalten. Den sogen. Ambrosial-Cream bereitet man durch Verseifen von mit Alkannawurzel gefärbtem Schweinefett u. Parfümerien mit Origanumöl. mm) Seifenpulver (s.d.), als Zahnmittel u. zum Barbieren benutzt; S. wird in dünne Spähne gehobelt, in der Wärme getrocknet, auf einer Mühle gemahlen u. parfümirt. nn) Mandelseifencrême. 7 Pfd. gereinigtes Schweinefett werden mit Kalilauge entseift, 1/2 Loth Bittermandelöl in 6 Loth Weingeist aufgelöst dazugegeben u. in einem Mörser anhaltend gerieben u. gestoßen. Das Präparat ist perlmutterartig glänzend u. wird als Barbierseife, sowie zur Bereitung von Emulsionen angewendet. oo) Die leichte od. Schaumseife hat bei gleichem Volumen um die Hälfte weniger Substanz als die übrigen S-n. Um sie darzustellen setzt man zu dem fertigen Seifenleim 1/3–1/8 des Volumens an Wasser, rührt das Gemenge anhaltend um, bis die schäumende Masse das doppelte Volumen erreicht hat, u. gießt sie dann in die Formkästen. Nur Ölseifen, aber nicht Talgseifen sind fähig Schaumseifen zu bilden. pp) Transparente S. erhält man durch Lösen von getrockneter Talgseife in der Wärme in ihrem gleichen Gewicht Alkohol. Die helle Flüssigkeit gießt man in Formen, worin sie erstarrt; sie pflegt aber erst nach einigen Wochen genügend fest u. hart zu sein u. wird durch Curcumatinctur gelb, durch Alkanna- od. Cochenillelösung roth gefärbt. qq) Sand- u. Bimsteinseife. Sandseife: 7 Pfd. Talgseife, 7 Pfd. Cocosnußölsodaseife, 28 Pfd. feinsten gefärbten Quarzsand mit Thymianöl, Zimmtcassienöl, Kümmelöl u. Lavendelöl, von jedem 4 Loth, parfümirt. Bimsteinseife: 7 Pfd. S., 7 Pfd. gemahlenen gefärbten Bimstein, 2 Loth Lavendelöl, 1 Loth Origanumöl.
C) Die Wirkung der S. ist theils chemisch, theils mechanisch. Die chemische Wirkung beruht darauf, daß die S. bei Gegenwart von einer hinlänglichen Menge Wasser sich zersetzt, in unlösliches saures Salz u. in freies Kali od. Natron, welches lösend auf Fett u. Schmutz wirkt, aber schon wieder durch mehr Wasser verdünnt ist, ehe es die Haut od. die Gewebe angreifen kann. Die ausgeschiedenen sauren fettsauren Salze gestatten das leichtere Abspülen des Schmutzes, welcher durch sie emulsionsartig schwebend erhalten wird. Die fetten Säuren sind hier ein Bindemittel, welche das Alkali nur an eine größere Menge Wasser abgeben, u. es in eine feste für die Verwendung bequeme Form bringen Die chemische Wirkung des freien Alkalis der S. kann bei einer Temperatur von 100° durch das viel wohlfeilere kohlensaure Kali od. Natron ersetzt werden, wovon man in der Dampfwäsche Anwendung macht. Die mechanische Wirkung der S. besteht darin, daß sie die schädliche Einwirkung des Reibens auf die Gewebe mindert. Die mechanische Wirkung der Reibung sucht man oft durch Bürsten, Holzhämmer, Kugeln etc., natürlich nur bei festeren Geweben u. Stoffen, zu verstärken. Statt der S. hat Mohr Kugeln aus Pfeifenthon, Sand u. Soda empfohlen; auch Wasserglas hat man statt der S. angewendet, doch nicht mit sonderlichem Erfolge. Man benutzt die S. zum Säubern der Haut, zum Waschen der Wäsche u. Zeuge, zum Bleichen, zum Degummiren der Seide, als Beize in der Wollfärberei, zum Wallen der Tücher, zum Reinigen von Seilerwaaren u. zum Einschmieren von Maschinentheilen. Beim Rasiren dient die S. zum Erweichen der Haare u. der Haut. Die medicinische S., eine ganz neutrale S., aus Natronlauge u. Provenceröl durch bloßes Mischen erhalten, wird äußerlich u. innerlich als zertheilendes Mittel angewandt. Man mischt derselben auch Jalappenharz, Guajakharz, Terpentinöl u. in Natronlauge gelösten Goldschwefel bei u. erhält dann Jalappen-, Guajak-, Terpentin- u. Spießglanzseife. Seifenhaltiges Liniment (Seifenbalsam) ist Opodeldoc.
D) Den Werth der S. bestimmt die Menge trockene S. (der trockenen Verbindung des Alkalis mit den fetten Seifensäuren), u. diese findet man,[791] wenn man eine in dünne Späne geschnittene u. gewogene Probe so lange der Wärme eines Trockenofens aussetzt, bis sie nichts mehr verliert. Der Gewichtsverlust gibt die Menge des hygroskopischen Wassers an, das Zurückgebliebene die Quantität der trockenen S. Letztere enthält zwar immer das chemisch gebundene Wasser od. das Hydratwasser; bei dem hohen Atomgewichte der Seifenverbindungen ist aber dessen Menge so gering, daß sie außer Betracht gelassen werden kann. Größere Täuschungen gehen aus dem Gehalte an überschüssigem Alkali, Kochsalz etc. hervor, welcher allen Nichtkernseifen eigenthümlich ist. Diese Beimengungen geben sich zwar schon durch die Beschaffenheit der S. zu erkennen, lassen sich aber der Quantität nach nur durch genaue chemische Analyse bestimmen. Die gewöhnliche chemische Analyse einer S. ist folgende: Man bestimmt den Wassergehalt durch Trocknen; die fetten Säuren dadurch, daß man sie mit Schwefel- od. Salzsäure abscheidet, auswäscht, schmilzt u. wägt: den Alkaligehalt endlich findet man durch Einäschern. Betrügerische Zusätze zu der S., wie gebrannter Kalk, Gyps, Kreide, Mergelerde, Ocher, Kochsalz (bes. zur Cocosseife, um deren wasserhaltende Kraft zu vermehren) etc. lassen sich leicht beim Lösen der S. erkennen u. bestimmen. Eine gute Kernseife enthält 23–30 Procent Wasser, 7–8 Proc. Natron, 62–70 Proc. Fettsäuren. Gefüllte S-n enthalten 45 Proc., noch schlechtere kaum 20 Proc. fette Säuren. Eine gute S. darf sich nicht mit dem Finger leicht eindrücken lassen, an der Luft nicht weich od. wohl gar fließend werden, muß sich trocken, nicht klebrig od. fettig anfühlen, etwas glänzen, einen eigenthümlichen schwachen, nicht unangenehmen Geruch, keinen sehr laugenhaften od. salzigen, sondern einen gelind alkalischen, mandelartigen Geschmack haben, in Wasser u. Weingeist sich ohne Trennung von Fett u. Ölen auflösen, mit Wasser geschlagen gut u. schnell schäumen, etwas specifisch schwerer als Wasser sein, durch langes Liegen nicht viel an Gewicht verlieren od. einen Salzausschlag bekommen. Vgl. Hermbstädt, Die Wissenschaft des Seifensieders, Berl. 1803; Stiegel, Anweisung zum Seifensieden, Regensb. u. Lpz, 1817; Chevreuil, Recherches chim. sur le corps gras d'origine animal, Par. 1823; Greves, Anleitung zur Fabrikation der braunen, schwarzen u. grünen S., Hamb. 1832; Leuchs, Der europäische Seifenfabrikant, Nürnb. 1835; Die Kunst des Seifensiedens u. Lichtziehens, Weim. 1837; A. Hofmeister, Fabrikation der weichen S., Lpz. 1842; Heinr. Schmidt, Kerzen- u. Seifenfabrikation. 3) (Bergb.), so v.w. Seifenwerk.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.