Columbia [1]

Columbia [1]

Columbia (Gesch.). Die Nordküste des südamerikanischen Continents wurde 1498 von Christ. Colombo auf seiner dritten Reise entdeckt, wo er die Küste vom Orinoco bis Margarita befuhr; auf seiner vierten Reise sah er die Küsten von Neu-Granada. Auf ihn folgten mehrere Abenteurer; Alfonso de Ojeda u. Nicuessa gründeten die Colonien an dem Isthmus von Panama u. bis Cartagena herunter (Terra Firma). Das auf diese Weise unter spanische Herrschaft gekommene Land zwischen dem Orinoco u. dem Maracaibo-See verhandelte Karl V. 1530 an den Augsburger Patricier Barthol. Welser, der aber 1550 die Colonisirung wieder aufgab. Die Kriege mit den Eingeborenen dauerten noch lange fort u. endigten schließlich mit deren Unterwerfung. Von dem spanischen Gebiet wurde die Terra Firma 1718 zu einem besonderen Vicekönigreiche, Neu-Granada, erhoben u. Venezuela, mit dem dazu geschlagenen Guayana, so weit es Spanien gehört, in das Generalcapitanat Caracas verwandelt. Beide Colonien blieben, eine Verschwörung (die sich 1796 entspann, aber unterdrückt wurde) abgerechnet, bis 1806 ruhig unter dem spanischen Scepter u. hatten sich sehr gehoben, die Eingeborenen waren nach u. nach gänzlich unterworfen u. größtentheils zum Christenthum bekehrt worden. 1806 machte Miranda einen vergeblichen Versuch sein Vaterland zur Selbständigkeit zu erheben. Als aber später Napoleon, um sich das spanische Amerika zu unterwerfen, dort agirte, u. auf der andern Seite die spanische Regierung unklüglich u. hart der Nationalität der Amerikaner entgegentrat, so erfolgte 1810 eine offene Auflehnung in Neu-Granada u. Venezuela, in Folge dessen sich diese Provinzen unter Miranda als die 7 Provinzen von Venezuela am 30. Juni 1811 für unabhängig erklärten. Die Insurrection wurde zwar zeitweilig unterdrückt, aber Bolivar verschaffte 1813 der Revolution den Sieg u. zog in Caracas ein; der spanische General Morillo hielt noch eine Zeit lang die Insurgenten in Schach. bis durch die Schlacht von Calabozo 1818 die Unabhängkeit Südamerikas entschieden wurde (s. Südamerikanischer Revolutionskrieg). Boliv ar war zum Dictator erwählt worden, rückte in Santa Fé de Bogota ein u. verband Neu-Granada mit Venezuela. Beide traten nun in eine Union unter dem Namen Columbia; der Congreß nahm am 12. Februar 1820 dieselbe einstimmig an. Ende 1820 waren fast sämmtliche Provinzen befreit, am 6. Mai 1821 trat der erste Columbische Congreß zu Rosario de Cucuta zusammen, übertrug Bolivar die Präsidentschaft u. nahm am 12. Juli eine gemeinschaftliche Verfassung an (s. unten); 1822 u. 1823 wurden Quito u. die Landenge von Panama ebenfalls von den Spaniern geräumt u. in den Bund aufgenommen; den 1. Decbr. 1823 fiel endlich Porto Cabello, die letzte Feste der Spanier auf columbischem Gebiet, in die Hände der Republik. Die Verfassung vom 12. Juli 1821 proclamirte Volkssouveränetät, Repräsentativsystem, Verantwortlichkeit der Beamten, Trennung der drei Staatsgewalten, persönliche Sicherheit u. Preßfreiheit. Die gesetzgebende Gewalt übte der Congreß, bestehend aus dem Senate u. der Repräsentantenkammer, in öffentlichen Sitzungen bestimmte er die Steuern, ordnete die Decrete für die Verwaltung, erklärte Krieg u. Frieden; die Repräsentantenkammer bestimmte[284] das Budget. Zur Wahl als Repräsentant befähigte der Besitz eines Grundeigenthums von 2000 Piaster Werth, od. ein jährliches Einkommen von 500 Piaster, od. gelehrter Stand; die Wahl galt auf 4 Jahre; den Senat bildeten je 4 aus einem Departement geschickte Senatoren, die 30 Jahre alt sein, ein 4000 Piaster werthes Grundeigenthum besitzen od. 500 Piaster Einkünfte haben, od. Professoren einer Wissenschaft sein mußten. An der Spitze der vollziehenden Gewalt stand der Präsident der Republik C.; er berief auch den Congreß u. war zugleich Oberbefehlshaber der Land- u. Seemacht. Zum Staatsrath gehörte der Vicepräsident, 1 Mitglied der Alta corte u. die 4 Staatssecretäre (der Finanzen, des Kriegs, des Auswärtigen u. des Innern). Die Provinzen wurden verwaltet von Gouverneurs, die Departements von Intendanten. Rechtspflege ward ausgeübt von 3 Oberappellationsgerichten, dem obersten Gerichtshof (Alta corte, für die Vergehen der höchsten Staatsbeamten), den Ober- u. Untergerichten. Das Heer war 50,000 Mann stark, worunter 15,000 reguläre Truppen, der Rest Milizen. Wappen: oben 12 Sterne auf himmelblauem Grunde, unten links ein weißes Pferd in rothem Felde u. rechts ein zerbrochenes goldenes Scepter in weißem Felde. Flagge: gelb, blau u. roth, horizontal getheilt.

Während der Präsident Bolivar meist mit auswärtigen Expeditionen beschäftigt war, führte der Vicepräsident Santander die Regierung mit Umsicht, Mäßigung u. Glück. 1826 kehrte Bolivar in Folge einer von General Paez hervorgerufenen Insurrection nach Santa Fé de Bogota zurück, nahm nach vielfachen Weigerungen 1827 nochmals die auf ihn gefallene Wahl zum Präsidenten an, gerieth aber bald mit Santander u. dem Convent in Zwiespalt, der mit der Auflösung des Convents u. der Ernennung Bolivars zum Dictator (den 27. August 1828) endigte. Santander wurde mit 70 Gleichgesinnten verbannt. Mit der Erhöhung von Bolivars Macht war aber nicht ganz C. einverstanden. In Caracas, wo sich die Generale Arismondi u. Paez an die Spitze der Unzufriedenen stellten, beschloß am 26. Nov. 1829 das Volk, daß sich Venezuela von C. trennen sollte. Am 6. Mai 1830 trat in Valencia ein Congreß für Venezuela zusammen, u. alle Versuche des Dictators, dieses Land wieder zur Vereinigung mit C. zu bewegen, mißlangen. Bolivar dankte ab, als auch in Bogota Unruhen ausbrachen; er st. 17. Dec. 1830. Die Föderalisten erhielten die Oberhand; der zu Bogota zusammengetretene Congreß constituirte Neu-Granada am 21. Nov. 1830 zur selbständigen Republik; Venezuela u. Ecuador folgten ihrem Beispiele, erkannten gegenseitig ihre Unabhängigkeit an, übernahmen die frühere Schuldenmasse gemeinschaftlich u. verpflichteten sich zu gemeinsamer Abwehr äußerer Angriffe u. gegenseitiger Zollfreiheit. Die weitere Geschichte s. unter der jedes einzelnen Staates. Vgl. Restrepo, Historia de la revolucion de C., Paris 1827, 10 Bde.; Baralt, Resumen de la historia de Venezuela, Paris 1841.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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