Hessen-Rheinfels

Hessen-Rheinfels

Hessen-Rheinfels, A) Ältere Linie, souveräne Nebenlinie von Hessen, gestiftet 1567 von Philipp II, drittem Sohn Philipps des Großmüthigen; das Drittheil, welches er von dem väterlichen Lande erhalten hatte, fiel nach seinem unbeerbten Tode 1583 an seine drei Brüder, s. Hessen (Gesch. III.); B) Jüngere Linie, vom Landgrafen Moritz für die Söhne aus seiner zweiten Ehe mit Juliane von Nassau-Dillenburg gestiftete Seitenlinie von Hessen-Kassel; diese Linie. erhielt Rothenbürg mit 1/4 von Niederhessen u. einen großen Theil der niedern Grafschaft Katzenelnbogen mit Rheinfels, St. Goar etc., u. zwar nach dem Hausvertrage vom 12. Febr. 1627 u. 1. Sept. 1628, zu wirklichem Besitz mit Gerichtsbarkeit, niederer Polizei u. Aufsicht über den Gemeindehaushalt, während die Landeshoheit u. alle allgemeinen Landesangelegenheiten, bes. die Oberaufsicht in geistlichen u. weltlichen Sachen, dem regierenden Hause in Hessen-Kassel verblieb. Nach dem Vertrage von 1634 sollte mit dem Hause Rothenburg in Landtagssachen communicirt werden. Der Gründer dieser Linie war Landgraf Ernst, der jüngste Sohn des Landgrafen Moritz u. der Juliane, geb. 1623, trat in früher Jugend in Kriegsdienste, zeichnete sich unter andern bei Allersheim aus, wurde dann in der Schlacht bei Geisecke von Lamboi gefangen u. trat nach seiner Befreiung 1652 zur Katholischen Kirche über; er st. 1693; von seiner Gemahlin Marie Eleonore, Tochter des Grafen Philipp Reinhard von Solms (nach deren Tode er mit Ernestine, der Tochter eines Offiziers, in morganatischer, kinderloser Ehe vermählt war), hatte er zwei Söhne, deren jüngerer, a) Karl, die Linie H.-Rheinfels-Wanfried gründete, die aber mit dessen viertem Sohne Thristian August 1755 wieder ausstarb; der ältere Sohn Ernsts, b) Wilhelm, folgte in der Hauptlinie, welche nun in Rothenburg den Namen H.-Rheinfels-Nothenburg führte; er hatte einen langen Streit mit dem Landgrafen Karl von H.-Kassel wegen Rheinfels, wohin derselbe bei der französischen Invasion 1692 kasselsche Truppen zum Schutz des Landgrafen Ernst gelegt hatte u. das er nun behalten wollte; im Utrechter Frieden wurde Rheinfels dem Landgrafen Karl zugesprochen, aber nach kaiserlichem Ausspruche behielt Wilhelm dasselbe; ihm folgte 1725 Ernst Leopold, sein Sohn von Maria Anna, Tochter des Grafen von Löwenstein-Wertheim, geb. 1684 u. st. 1749; er war vermählt mit Eleonore, Tochter des Fürsten Max Karl von Löwenstein-Wertheim. Da sein ältester Sohn Joseph vor ihm 1744 starb u. von seiner Gemahlin Christiane Anna Luise, Prinzessin von Salm, keine Söhne hinterlassen hatte, so folgte dessen Bruder Ernst Constantin, geb. 1716; unter ihm st. 1755 die H.-Rheinfels-Wanfrieder Linie aus, u. die Lande derselben fielen an die Linie H.-Rheinfels-Rothenburg zurück, die nun den Namen H.-Rothenburg führte; Constantin war vermählt mit Sophia geb. Gräfin von Starhemberg, Wittwe des Prinzen Wilhelm Hyacinth von Nassau-Siegen, u. st. 23. Dec. 1778. Ihm folgte sein Sohn Karl Emanuel, geb. 1746 u. regierte bis 1812, wo er 23. März starb, u. ihm sein Sohn Victor Amadeus, geb. 2. Sept. 1779, folgte; er vermählte sich 1799 mit Leopoldine, Tochter des Fürsten Philipp zu Fürstenberg (st. 1806). Da er bei Errichtung der neuen Verfassungsurkunde in Hessen jede Mitwirkung ausgeschlagen hatte, so betrachtete er deren Bestimmungen auch als unverbindlich für sich u. seine Besitzungen; bereits waren wiederholt Unterhandlungen von dem Kurhause mit dem Landgrafen gepflogen, um ihn gegen ein Abfindungsquantum, welches Anfangs auf 450,000 Thlr., u. später auf 300,000 Thlr. angegeben wurde, zur Abtretung aller seiner Rechte u. Grundbesitzungen in H. zu bewegen, als er am 12. Nov. 1834 starb, u. somit die Sache durch den Heimfall erledigt wurde; sein Allodium, das Mediatherzogthum Ratibor in Schlesien, das von Preußen als Entschädigung für St. Goar u. die niedere Grafschaft Katzenelnbogen erhaltene Mediatfürstenthum Korvey in Westfalen, die Herrschaften Kieserstädtl u. Zambowitz u. die Herrschaft Treffurt, vermachte er testamentarisch den Prinzen Victor u. Chlodwig von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, den Neffen seiner zweiten, 1830 gestorbenen Gemahlin, Elisabeth, Tochter des Fürsten Karl Ludwig zu Hohenlohe-Langenburg (s.u. Ratibor); seine dritte Gemahlin Eleonore, Prinzessin von Salm-Reisserscheidt (geb. 1790, vermählt 1831) st. 1851. Aus dieser Linie lebt gegenwärtig nur noch: Prinzessin Chlotilde, Schwester Victors u. Tochter des[341] 1812 verstorbenen Landgrafen Karl Emanuel, sie ist geb. 12 Sept. 1787, war seit 1811 vermählt mit Karl August Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein u. ist seit 1844 Witwe.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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