Robbe

Robbe

Robbe (Phoca L.), Gattung aus der Ordnung der Flossenraubthiere, Amphibienraubthiere; vier (oben bisweilen sechs) Schneide-, zwei Spitz-, fünf bis sechs Backzähne in jeder Kinnlade, fünf Zehen, Körper lang gestreckt, fast spindelförmig, mit kurzen, steifen, im Wasser an der Haut anliegenden Deckhaaren; die kurzen Beine haben fünf durch Schwimmhaut verbundene Zehen, welche gewöhnlich mit spitzigen Krallen versehen sind, u. die Hinterbeine sind nach hinten gerichtet; Schwanz kurz, von oben plattgedrückt; Kopf mehr od. weniger platt, mit großen, ziemlich flachen Augen, einem Hundskopfe ähnlich; Ohr- u. Nasenöffnungen können sich unter dem Wasser schließen, über u. außer demselben aber erweitern; die Ohrmuscheln fehlen den meisten Arten; tauchen sehrgut, fressen Fische u. Seethiere, lassen sich zähmen, bekommen Anhänglichkeit an ihren Herrn. Sie werden getheilt in Seehunde u. Ohrenrobben. A) Eigentliche R. (Seehunde, Phoca), ohne äußerliche Ohren, mit einigermaßen beweglichen Zehen; Arten: Gemeiner Seehund (Kalbsrobbe, Ph. vitulina), bis 5 Fuß lang, oben sechs, unten vier Vorder-, überall fünf Backenzähne u. an allen Zehen mit einer Kralle, gelblichgrau u. je nach dem Alter mehr od. weniger gewellt od. gefleckt, zuweilen auch[200] braun, mit kleinen, strohgelben Flecken u. im Alter oft ganz weiß. Sein Gesicht gleicht sehr dem eines Hundes. Unter der Haut liegt eine große Specklage, welche bei ausgewachsenen Thieren allein 100 Pfund wiegt; Weibchen kleiner, mit zwei einziehbaren Zitzen am Nabel; an den Nordküsten; vertheidigt sich durch Gebiß u. Schlagen mit dem Schwanze, macht sich Löcher durch 3–4 Fuß dickes Eis, bringt zwei Junge zur Welt, bellt u. winselt wie ein Hund, hat den Kopf im Schwimmen aufrecht stehen, schläft auf dem Wasser; sehr häufig in der Nord- u. Ostsee, wo sie oft einige hundert Schritt weit vom Land auf großen Steinen liegen; die R. wird von den Eskimos in allen Theilen benutzt; Mönch (Ph. monachus), bis 12 F. lang, mit oben u. unten vier Vorder- u. überall fünf Backenzähnen, schwarzbraun, mit einem großen weißen Flecke am Bauche, im Mittelmeer; Meerelephant (Rüsselrobbe, Ph. proboscidea, Ph. leonina), das Männchen hat verlängerte Nase, 30 F. lang, 6 F. dick, graulich od. graublau; in Süd-Meeren; Klappmütze (Ph. cucullata), mit ausdehnbarer Haut auf dem Kopfe, womit er im Zorn od. Angst Augen u. Schnauze bedeckt, in Nordamerika etc.; Grönländische R. (Ph. groenlandica s. dorsata), grau od. weißlich, mit größeren u. kleineren schwarzen Flecken, wellenrandigem Barthaare; Vorderzähne an Größe abnehmend, Backenzähne kegelig, die oberen hinten mit 1, die unteren mit 1–2 Zacken; Länge 4–5 F.; im nördlichen Polarmeere. Ferner: Ph. annelata, Ph. caspica, Ph. barbata s. leporina, Ph. scopulicola s. Thienemanni, Ph. Chonisii, Ph. s. Halichoerus gryphus (Ph. hispida, Schreb.) etc. B) Ohrenrobben (Otaria), mit eiförmigem Schädel, oben sechs, unten vier Vorderzähne, oben sechs od. fünf, unten fünf kegelige Backenzähne mit einem Höcker, Kopf mit einen spitzigen Ohrmuscheln; der Seelöwe (Zottiger Seelòwe, Ph. s. Otaria jubata), 15–20 Fuß lang, bei 7–8 Fuß Umfange, fast überall gleichdick, mit kleinem Kopfe, 11/2 Zoll langen Ohren, aufgeworfener Schnauze, Bartborsten an den Lippen, Augen mit Dickhaut, Haare kurz u. dick, um Hals u. Brust namentlich beim Männchen, wellig u. so lang, daß sie eine Mähne, wie beim Löwen bilden; Männchen rothbraun, Weibchen hellbraun, im Alter grau; ein ausgewachsenes Männchen wiegt gegen 1600 Pfund; im Meere zwischen Nordamerika u. Nordasien, sowie an den Südküsten von Amerika, Afrika u. Australien. Die Südseeohrenrobbe (O. australis), an der neuholländischen Küste, graubraun, ins Gelbliche, unten kastanienbraun, Haar straff u. kurz, ohne Grundwolle, Bartborsten weiß; Länge 4 Fuß 91/2 Zoll. Bärenrobbe (Seebär, Ph. s. O. ursina), 8 Centner schwer, 8–9 F. lang, schwarz, mit weißen Bartborsten, leben in Vielweiberei, kämpfen um die Weiber; der Pelz hat eine sehr weiche u. seine Grundwolle u. wird, nachdem die Deckhaare entferntsind, zu Verbrämungen u. Mützen gebraucht. Er wohnt in den Meeren der südlichen Halbkugel vom 55–30° südlicher Breite, Magellanstraße, Patagonien, Australien etc. – Der Robbenfang (Robbenschlag) wird bes. stark von den Bewohnern von Neufoundland u. Neuschottland betrieben; bei den dänischen Grönlandsfahrern ist in der neueren Zeit das Hauptgeschäft ebenfalls der Robbenfang, seitdem sich in Grönland die Wallfische vermindert haben; in Rußland wird der Robben sang von Anwohnern des Weißen Meeres betrieben. Anfangs März, wo die R-n in großen Heerden angezogen kommen, treten die Fänger ihre Fahrt an, zumeist arme Leute, welche von den Besitzern der Fahrzeuge einen gewissen Antheil (gewöhnlich den vierten Theil des Fanges) zum Lohne erhalten u. von dem Aussender mit Kleidern, Proviant u. den zum Fange nöthigen Waffen (gezogenen Gewehren, Lanzen, Harpunen etc.) versehen werden. Der Sammelplatz der Jäger sind die Winterberge, wo einige Arbas zusammen eine Gesellschaft schließen, u. die von einer solchen erlegten R-n werden nachher unter die Mitglieder zu gleichen Theilen vertheilt. Der Fang wird auf Karbasen od. Schnaken (Robbenklepper), welche 25–35 Fuß lang, 7 Fuß breit u. 31/2 Fuß tief sind, ausgeführt. Aufs offene Meer nach den auf Sandbänken anstehenden Torassen od. noch treibenden Eisblöcken, wo sich die R-n um jene Zeit aufhalten, hinausfahrend, gehen nun die Jäger so auf die Heerde los, daß ihnen der Wind entgegen weht, umringen sie u. schlagen sie mit Knütteln todt. Das Fell u. Fett des Thieres wird mitgenommen, das Fleisch aber weggeworfen. Die Felle der Seehunde unterscheidet man als: Klappmützen, von der Phoca cristata Erxl.; Engländer, etwas kleiner, bläulich, unten weiß; Sattler, wahrscheinlich Phoca groenlandica., bei welchen zwei große schwarze Längsflecke an den Rückseiten die Zeichnung eines Sattels hervorbringen; Windtlinger, nicht so groß, aber fast eben so gefärbt; Greise; Mittelfelle; Bairobben; Blaue; Blanke, wahrscheinlich die Neugeborenen von Ph. groenlandica etc.; Bunte; Rauge, von Ph. hispida, Schr.; Halbrauge. Die aus der Südsee heißen bei den Franzosen Meerwölfe (Loups-marins). Vom Seebären gebrauchen die Russen folgende Ausdrücke: Wiporotka, ist das aus dem Mutterleibe geschnittene Junge; von seiner Geburt an bleibt es vier Monate schwarz u. in diesem Zustande ist es am geschätztesten; von da an ist es ein Jahr lang grau u. heißt dann Kotiki; die zwei- bis dreijährigen Männchen heißen Cholustjaeki, sind noch grau u. das Haar ist noch am ganzen Körper gleichlang; Polusekatschi sind die vier- u. fünfjährigen Männchen, u. Sekatschi die im sechsten Jahre ganz erwachsenen; sie sind dann dunkelgrau u. ihr Haar ist am Kopfe u. der ganzen vorderen Hälfte des Körpers lang u. zottig. Die mannbaren Weibchen (Matki) sind rothbraun, röthlichgrau od. grau. Das aufgerichtete, seine, weiche, bräunliche Flaumhaar gibt den Seebären den Vorzug vor allen anderen Robben.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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