Samniter

Samniter

Samniter (Saunītä). 1) Volk in Mittelitalien; ihr Land (Samnium) war gebirgig durch Zweige der Apenninen u. lag zwischen Lucanien, Apulien, Latium u. dem Adriatischen Meere; der nördliche rauhe Theil war bes. zur Viehzucht geeignet (j. Grafschaft Molise), im südlichen Theil bis Campanien hinab war das Klima milder u. hatte am Volturnus trefflichen Ölbau (j. die neapolitanische Provinz Principato ulteriore). Die S. waren eine Colonie der Sabiner (daher auch Sabelli genannt), welche aus Jünglingen u. Mädchen bestand, die in Folge des Ver sacrum (s.d.) nach sabinischer Sitte außer Landes geschickt wurden; sie gingen unter Leitung eines dem Mars geheiligten Stieres südlich nach dem Lande der Osker, wo sie sich mit den Ureinwohnern verbanden u. deren Sprache annahmen.[841] Abzweigungen der S. waren die Frentaner u. Hirpiner, welche in der Folge in politischer Verbindung mit ihnen blieben; auch die Campaner u. Lucaner stammten von ihnen ab. Die S., deren Unterabtheilungen die Pentri, Caudini u. Caraceni waren, waren ein rauhes, kriegerisches, tapferes Volk, hatten in dem Gebirge Flecken u. Dörfer, wie Äsernia, Bovianum, Aquilonia, Beneventum, Aufidena, Venafrum, Allifä, Calatia, Caudium etc., waren in mehre kleine Republiken getheilt, welchedurch eine Eidgenossenschaft verbunden waren u. für den Krieg, wie die Sabiner, einen gemeinschaftlichen Anführer wählten; als Waffen trugen sie Wurfspiese, lange, unten spitz zulaufende, mit Metall verzierte Schilde, Helme mit Büschen u. gefärbte Unterkleider. Durch Eroberung der umliegenden Gegenden vergrößerten sie ihr Gebiet nach Süden, durch den Antheil an den Kriegen der griechischen Colonien in Unteritalien machten sie ihren Namen furchtbar, durch die Kriege, in welche sie mit Rom verwickelt wurden u. welche sie 70 Jahre führten, theilten sie das Schicksal der übrigen Völker Italiens. 343 v. Chr. hatten die S. die Campaner, weil sie die Sidiciner, die Feinde der S., unterstützt hatten, mit Krieg überzogen; die Campaner baten die Römer um Hülfe; da diese jedoch seit 353 im Bunde mit den S-n waren, so ergaben sich die Campaner ganz in den Schutz der Römer, u. nun verboten Letztere den S-n gegen ihre Schützlinge zu kriegen. Eine stolze Antwort darauf war die Veranlassung zum Krieg (Erster Samnitischer Krieg), welcher 341 durch die Niederlage der S. geendigt wurde (s. Rom S. 278). Um die an die Römer verlorenen Gebiete wieder zu erobern, singen sie, verbunden mit Lucanern, Apulern u. Vestinern, 336 v. Chr. den Krieg wieder an (Zweiter Samnitischer Krieg). Die Consuln T. Veturius u. Sp. Postumius drangen unvorsichtig in Samnium ein u. wurden in den Pässen von Caudium (ad furcas Caudinas) 321 eingeschlossen. Es wurde ein für die Römer schimpflicher Vertrag geschlossen, nach welchem 700 römische Ritter als Geißeln gestellt u. das ganze Heer durch das Joch geschickt wurde (s. Rom S. 279). Diese Schmach rächten im folgenden Jahre Papirius Cursor u. Publilius Philo durch Siege bei Caudium u. Luceria; obgleich die S. nachmals wieder glücklich waren u. durch die Verbindung mit den Marsern u. Petignern neue Streitkräfte an sich zogen, so erlitten sie doch seit 311 alljährlich schwere Niederlagen u. schlossen endlich 304 Frieden (s. Rom S. 279). Obgleich die Kraft der S. gebrochen war, so unterwarfen sie sich doch nicht, sondern griffen aus ihren Gebirgen wiederholt die Römer an, u. ein neuer Krieg (Dritter Samnitischer Krieg) begann 298 v. Chr. Die Veranlassung dazu war ein Angriff der S. auf die Lucaner, deren sich die Römer annahmen. Nachdem die S. bei Bovianum u. 297 am Tifernus besiegt worden waren, verbanden sie sich unter Gellius Egnatius mit den Etruskern u. Galliern u. führten nun den Krieg in dem Lande ihrer Verbündeten, waren aber auch dort nicht glücklicher, sondern wurden 296 in Etrurien u. 295 bei Sentinum geschlagen, u. nachdem sie den Krieg noch bis 290, meist unglücklich, fortgeführt hatten, schlossen sie Frieden (s. Rom S. 279). Als die Tarentiner in Krieg mit den Römern kamen, reizten sie die S. auch abermals die Waffen zu ergreifen, u. so lange König Pyrrhos von Epiros für die Tarentiner focht, konnten die Römer auch nichts wesentliches gegen die S. ausrichten, aber nachdem Pyrrhos aus Italien gezogen war, erfolgte 272 die Besiegung u. Unterwerfung der S. (s. ebd.), die innere Verbindung der S. unter einander wurde aufgelöst u. sie wurden den römischen Bundesgenossen beigezählt. Während des Bundesgenossen- u. Bürgerkrieges zwischen Marius u. Sulla regten sich die S. zu ihrer Befreiung; sie waren im Jahr 90 v. Chr. unter ihren Feldherren Marius Egnatius u. Papius Mutilus siegreich gegen die Römer, aber 89 verließ sie das Kriegsglück, gleichwohl unterwarfen sie sich nicht, wie die anderen Bundesgenossen. Als ihnen Cinna 87 das volle Bürgerrecht versprochen hatte, schlossen sie sich an ihn u. Marius gegen Sulla an u. zogen unter Pontius Telesinus gegen Rom, wurden aber hier am Collinischen Thore 1. Nov. 82 von den Sullanern gänzlich geschlagen u. 6000 Gefangene niedergehauen (s. Rom S. 283); im folgenden Jahre ließ Sulla einen Vertilgungszug in ihr Land machen, u. welche das Schwert verschonte, wurden nach allen Gegenden zerstreut u. an ihrer Stelle das Land mit Freigelassenen besetzt. Vgl. Zinkeisen, Samnitica, Lpz. 1831. 2) Angeblich Frauenvolk auf einer Insel unsern der Küste des Lugdunensischen Galliens vor dem Ausfluß des Liger, welche dem Bakchos opferten u. geheime Feste feierten. Kein Mann kam zu ihnen, sondern wenn sie Umgang mit ihnen wünschten, landeten sie an der Küste u. nach geschehenem Beilager kehrten sie zurück.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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