Messina [1]

Messina [1]

Messina, 1) Provinz auf der Insel Sicilien, begreift den nordöstlichen Theil der Insel u. liegt am Ätna, der Meerenge von M. (zwischen Italien u. Sicilien, verbindet das Ionische Meer mit dem Tyrrhenischen, hat heftige Strömung gegen Süden, einen von 6 zu 6 Stunden eintretenden Wechsel von Ebbe u. Fluth, die Klippen der Scylla u. den Schlund der Charybdis), hat 691/2 QM., mit 369,500 Ew., u. die Vorgebirge Orlando, Calava, Bianco, Rosculmo im Tyrrhenischen Meere, Peloro, Grosso u.a. in der Meerenge; 2) Hauptstadt der Provinz u. mit Palermo die eine der Hauptstädte Siciliens, an der Meerenge, mit vier Vorstädten; die Stadt ist offen, hat aber starke Citadelle (von Karl II. 1647 gebaut) u. sechs Castelle; Appellationsgericht, Erzbischof, unirter griechischer Archimandrit, Kathedrale, davor Reiterstatue Karls II., griechische u. viele katholische Kirchen, viele Klöster, Bürse, Rathhaus, Zeughaus, Gymnasium, erzbischifliches Seminar, mehre Hospitäler, öffentliche Bibliothek, 2 Theater, Freihafen (für wohl 1000 Schiffe, mit festem Castell, 2 Leuchtthürmen u. Lazareth), Handel mit Korallen, Seide, Südfrüehten, Öl, Liquiritiensaft, Fabriken in Seide, wohlriechenden Wassern, Holzwaaren, Leder etc., große Nesse (im August), Fischfang (Schwertfische), Dampfschifffahrt zwischen Palermo, Neapel, Marsille, Malta; 102,000 Ew. – M. hieß bei den Aten Zankle, war eine der ältesten u. wegen ihres großen, über 600 Schiffe fassenden Hafens bedeutendsten Städte Siciliens; sie war um 729 v. Chr. von Seeräubern aus Chalkis unter Perieres u. Kratämenes gegründet. Unter dem Tyrannen Skythes bemächtigten sich 494 v. Chr. Ankömmtlinge aus Samos u. Miletos der Stadt u. kurze Zeit darauf Anaxilas, Tyrann von Rhegium, messenischer Herkunft, seit welcher Zeit sie Messana od. Messene hieß. Nach dessen Tode wurden seine Söhne, 466 v. Chr., sowohl aus Rhegium, als aus M. vertrieben u. beide Städte wurden eine Republik. Sehr gemischt war M-s Bevölkerung (Siculer, Samier u. Milesier, Chalkidenser aus Euböa, Messenier u.a. Griechen aus verschiedenen Städten Siciliens). M. erhielt sich unter mancherlei freundlichen u. unfreundlichen Verhältnissen mit Athen u. bei einem nachtheiligen Kriege gegen Naxus im Wohlstande; 396 aber eroberten es die Carthager unter Himilko u. zerstörten es. Dionysios I. von Syrakus erbaute es wieder. Nach Dionysios II. wurde M. kurze Zeit wieder frei, 312 fiel es wieder in die Gewalt des Agathokles, von dem es aber sich unter den Schutz der Carthager begab; 282 bemächtigten sich ihrer die Mamertiner (s.d.). Nachdem diese von Hiero gedemüthigt worden waren, wandte sich ein Theil der Einwohner an Carthago, der andere an die Römer, welche Letztere die Stadt eroberten u. behaupteten u. dadurch den ersten Punischen Krieg (s.d.) veranlaßten. M. litt bei den früheren Bürgerkriegen Roms, dem Sklavenkriege auf Sicilien u. vorzüglich den Kriegen zwischen S. Pompejus u. Octavianus; sie war der Hauptsitz der Rüstungen u. Flotten, u. letzter Krieg endigte sich mit Plünderung der Stadt M. Die Römer legten eine Colonie daselbst an. Den Einwohnern von M. gehörte die ganze Nordseite Siciliens bis Myla an der Nord- u. Tauromenium an der Ostküste u. blieb auch der Stadt noch Jahrhunderte nach der Besitznahme durch die Römer. 1058 eroberten es die Sarazenen, wurden aber Anfang des 13. Jahrh. wieder vertrieben. Hier 1233 Reichstag, wo Friedrich II. Gesetze für Sicilien gab, s. Sicilien (Gesch.). 11. Aug. 1268 bei M. Seesieg der pisanisch-hohenstaufenschen Flotte über die französische. 1282 fing die Sicilianische Vesper in M. an. Es theilte nun das Schicksal Siciliens; 1671 entstand ein Aufruhr wegen der harten spanischen Regierung; 1674 rief M. die Franzosen in das Land, welche hier 1675 eine große Seeschlacht über die vereinten Holländer u. Spanier gewannen; 1678 mußten die Franzosen wieder abziehen, worauf M. sich wieder an die Spanier ergab. 1713 wurde M. von dem Herzog von Savoyen besetzt, 1718 von den Spaniern erobert, 1719 von den Kaiserlichen u. 1735 wieder von den Spaniern. 1743 wüthete die Pest u. 1693 u. 1783 wurde ein großer Theil der Stadt durch Erdbeben zerstört. In Folge eines Complottes gegen die Regierung brachen hier am 1. Sept. 1847 Unruhen aus, wobei der Straßenkampf zwischen Volk u. Militär bis zum 2. dauerte. Neue Aufstände u. blutige Kämpfe erfolgten 1848, so am 6. u. 28. Jan.; vom 29. Jan. bis 20. Febr. wurde die Stadt vom Castell Terranuova mit Bomben beworfen u. am 26. Febr. bis 10. März die Beschießung fortgesetzt. Seit 25. März wiederholten sich die blutigen Kämpfe; im Oct. wurde M. von neapolitanischen Truppen besetzt. Das sicilianische Parlament hatte am 12. April 1848 M. zum Freihafen erklärt; zwar setzte der König dies Decret im Dec. d. J. außer Wirksamkeit, erklärte aber im März 1852 durch eigenen Erlaß M. zum Freihafen. Wegen neuer revolutionärer Symptome wurde am 28. März 1849 über die Stadt der Belagerungszustand verhängt u. derselbe erst im Oct. 1852 wieder aufgehoben. Im Sommer 1854 starben hier an der Cholera an 14,000 Menschen. Am 12. Nov. 1855 wurde Stadt u. Umgegend von einem Orkan sehr beschädigt. In der von Garibaldi geleiteten Insurrection im Sommer 1860 war M. die letzte Stadt, wo sich die königlichen Truppen hielten; im Juli zog Obrist Medici mit einem Insurgentencorps gegen die Stadt, um dieselbe zu blockiren u. schlug zwischen M. u. Melazzo die unter General Bosco ihm entgegengesandten königlichen Truppen, worauf die Stadt M. von diesen geräumt wurde. Vgl. Pac. Rayna, Not. histor. urbis Messenae, im 11. Bande des Thesaurus Sic.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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