- Tripŏli
Tripŏli (T. di Barbaria), 1) das östlichste Land der Berberei an der Nordküste Afrika's, liegt zwischen Ägypten im Osten u. Tunis im Westen, ein 180 Meilen langer Küstenstrich von meist nur 15 Meilen Breite. Mit dem politisch dazu gehörigen Barka (3480 QM.) u. Fezzan (4650 QM.) schlägt man den Flächengehalt auf 14,080 QM. an, die Einwohnerzahl auf höchstens 11/2 Mill. Gegen Süden ist das Küstenland durch das mit dem Atlas in Verbindung stehende Ghuriangebirge (mit dem 2626 Fuß hohem Tekut) u. die Verlängerung desselben, den Harudsch, begrenzt; nahe gegen die Küste streicht die Kette der Tarhonaberge u. das Dschebel Dschefran. Zwischen dem Meerbusen von Sidra u. der ägyptischen Grenze erhebt sich das kleine Hochland Barka. Die hauptsächlichsten Vorgebirge sind: Ras el Mehabes, Cap Mefurata, Ras Taschuni, Ras Sem, Ras et Tin u. Ras el Melha. Fließende Gewässer hat das Land fast gar nicht, ist auch arm an Quellen, jedoch findet sich meist schonin wenigen Fuß Tiefe Wasser. Süßwasserseen gibt es auch nicht, dagegen einige Salz- u. Natronseen in Fezzan. Das Klima ist im allgemeinen gesund, ausgenommen einige sumpfige Stellen am Meere, vornämlich am Golf von Sidra u. in Fezzan; der Sommer ist sehr heiß u. ganz trocken, doch fällt in Folge der feuchten Seewinde starker Thau; verderblich ist der aus der Wüste kommende glühende Samum. Der fruchtbarste Theil des Landes ist das westlich vom Golf von Sidra sich erstreckende Gebiet. Hier gedeihen namentlich in der Umgegend der Stadt T. sämmtliche Südfrüchte, Wassermelonen, Krapp u. Baumwolle; der beste Wein wird in der Nähe von Mefurata gewonnen; die europäischen Obstarten degeneriren schon nach wenig Jahren u. selbst die sogenannten Südfrüchte sind südwärts eingeengt, da sich Orangen, Citronen, Pistacien u. Johannisbrotbäume jenseits des Ghurian nicht mehr finden; der Ölbaum gedeiht nur bis zu dem dattelreichen Thale der Beni Olid, der Maulbeerbaum bis Sukna an der Grenze von Fezzan; bei Murzuk gedeihen noch Granaten, Datteln, Feigen, [841] Mandeln u. Wein. Von Getreide baut man bes. Weizen u. Gerste. Auch Viehzucht ist ansehnlich, namentlich sind die Pferde sehr edel u. die Schafe feinwollig. An der Küste liefern Seen u. Sümpfe Salz in Überfluß. Die Bewohner sind zumeist Mauren u. nomadisirende Araber; außerdem gibt es Türken, viele Juden, verhältnißmäßig wenig Berbern. Die Industrie ist gering, doch werden schöne Woll-, Baumwoll-, u. Seidenstoffe, Leder, Waffen u. Metallwaaren verfertigt. Der Handel ist ziemlich bedeutend; die Ausfuhr beträgt in guten Jahren 7–8 Mill., die Einfuhr 3–4 Mill. Frcs., von welchem fast drei Viertheile auf den Hafen von T. kommen, welcher für den innerafrikanischen Handel mit dem Sudan der natürliche Seehafen ist. Zumeist sind es türkische, dann italienische u. englische Schiffe, welche den Handel vermitteln. Hauptausfuhrgegenstände sind: Weizen, Öl, Gerste, Elfenbein, Wolle, Goldstaub u. Vieh; der Sklavenhandel hat aufgehört. Eingeführt werden bes. Fabrikate in Wolle, Baumwolle, Metall, Glas, ferner Waffen u. Schießbedarf, Nutzholz u. Colonialwaaren. T. bildet ein türkisches Paschalik (häufig auch Regentschaft genannt) u. ist in vier Sandschakate: Fezzan, Benghazi, Mesurata u. Ghadames getheilt, von denen jedes unter einem Kaimakam steht: die von Fezzan u. Ghadames führen jedoch den Titel Pascha. Das Stadtgebiet von T. befindet sich unter der unmittelbaren Aufsicht des Generalgouverneurs. Die Pascha's wechseln oft u. suchen daher stets das Land nach Kräften zum eigenen Vortheile auszubeuten. Die Einkünfte des Paschaliks genügten früher nicht nur für seine Verwaltung, einschließlich des Unterhalts einer Streitmacht von 10,000 Mann, sondern ergaben auch einen Überschuß, von welchem man in guten Jahren mehr als 400,000 Frcs. nach Constantinopel senden konnte. Die Einnahmen stammen zum Theil aus directen Abgaben, nämlich dem Zehnten von allen Bodenproducten, dem Tribut nomadisirender Stämme, der Judensteuer u. einer Abgabe von jedem Fruchtbaume u. jedem Stück Vieh; zum Theil aus den indirecten Steuern, aus der Verpachtung der Zölle (5 Proc. für eingehende, 12 Proc. für ausgehende Waaren) u. Monopole. Zu den letzteren gehört die Brennerei u. Destillation, Fischerei, Tabaksverkauf, ferner das Wiegen von allen Gold- u. Silberwaaren etc. Im Allgemeinen ist das Land unter der Verwaltung seit 1835 zurückgegangen. Münzen, Maße u. Gewichte. Man rechnete hier früher nach Piastern zu 13 Grimellini od. 52 Asper, später nach Doubles zu 9 Rials, 30 Medins, 90 Asper od. nach Piastern zu 30 Medius à 3 Asper, 10,211 Piaster auf die Kölnische Mark sein Silber, 1 Piaster = 1 Thlr. 11 Sgr. 1,585 Pf. Als geprägte Münzen hatte man in Gold: Sultaninen, 1/3 besser als in Ägypten, u. Zechinen zu 60 Medins = 23/4 Thlr. preuß Crt.; in Silber: Zechinen zu 24 Medins, Doubles zu 67 u. Rials zu 31/4 Medins od. 91/6 u. 45/12 Sgr.; allein unter Jussuf Pascha wurde die Münze so verschlechtert, daß die Goldstücke mit dem Nennwerth von 13/4 Dollars, also = 2 Thlr. 15 Sgr. 1,447 Pf. preuß. Crt. nur etwa 7 Sgr., die Piaster von 41/3 bis 7/8 Sgr. werth waren u. daher alle Geschäfte im auswärtigen Handel nur in spanischen Piastern od. Kaiserthälern, Tallari (Conventions-Species) gemacht wurden. Maße: Längenmaß: der türkische Pik soll 680,3, der kleine Pik 384 Millimeter lang sein; Fruchtmaß: für Korn hat der Üba 4 Temen (Viertel) à 4 Orbah, 1 Üba = 107,65 Liter; ein anderes Fruchtmaß ist der Kasis (Cafiz) zu 20 Tiberi, er soll 327 Liter halten; Weinmaß ist der venetianische Barilo in 24 Bozze getheilt, s.u. Venedig (Geogr.); die Caraffa Öl wiegt 31, der Mattaro 42 Rotal. Gewichte: Handelsgewicht: der Cantaro (Centner) hat 100 Rotal, Rotoli (Pfund), der Rotal nach Kelly zu 497,661 Gramm, 1 Cantaro also = 49,77 Kilogramm od. 106,40 preuß. Pfund; nach anderer Angabe hält der Rotal 506,9 Gramm, wie in Algier u. Fez, u. sonach der Cantaro 50,7 Kilogramm od. 108,4 preuß. Pfund; der Rotal ist getheiltin 16 Ouakiés (Unzen) à 10 Derhems (Drachmen) à 16 Kharoubs. Goldgewicht ist der Metikal, getheilt in 24 Kharoubs; der Metikal moumery für verarbeitetes Gold wiegt 72 englische Troygrän od. 4,6656 Gramm, 62/3 sind eine Unze, nach der andern Angabe. 4,752 Gramm; der Metikal akdézy für unverarbeitetes Gold hält nur 63 englische Troygrän od. 4,0824 Gramm, nach der andern Angabe. = 2/15, Unze od. 4,224 Gramm. Vgl E. Testa, Notice stat. et commerc. sur la Régen ce de T. de Barbarie, Haag 1856. 2) Hauptstadt hier, auf einer Landzunge; hohe Mauer, sechs Basteien, Palast des Pascha's, enge Straßen, plattdachige, meist steinerne, weiß angestrichene Häuser (ohne Fenster auf der Straßenseite), schöne Bazars, Moscheen, Karavanserais; einige europäisch eingerichtete Wirthshäuser, katholische Kapelle, Synagoge, gute Polizei, durch Batterien gedeckter guter Hafen, viel Handel; 10,000 Ew.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.