Grauwackenformation

Grauwackenformation

Grauwackenformation (Geogn.), die älteste der neptunischen Gesteinsbildungen, lagert zwischen dem krystallinischen Schiefergebirge u. der Steinkohlenformation. Die Grauwacke, als Repräsentant dieser Formation, ist theils grobkörniger od. feinkörniger Sandstein (Grauwackensandstein, Eigentliche Grauwacke), theils herrscht der Quarz vor (Grauwackenquarz, Quarzit), theils bildet sie grobkörnige Conglomerate (Grauwackenconglomerate); in England u. Rußland ist bes. ein röthlich gefärbter Grauwackensandstein, der Old red sandstone (alter rother Sandstein) sehr verbreitet, Die schiefrige, thonige Grauwacke heißt Grauwackenschiefer (Übergangsthonschiefer); zu ihm gehört der Dachschiefer od. Tafelschiefer, mit schwarzer od. rother Farbe; Griffelschiefer, ein kohlenstoffreicher Schiefer, welcher durch Berührung mit empordringenden eruptiven Gesteinen stänglich abgesondert worden ist; hierher gehört auch der kohlenstoffreiche Alaunschiefer, er enthält oft Anthracit u. Schwefelkies, welcher letzter Veranlassung zur Bildung von Alaun gibt; wenn er sehr weich ist, so kann man ihn zum Zeichnen benutzen, er heißt dann Zeichenschiefer (Schwarze Kreide). Kieselschiefer ist ein quarzreicher, oft schwarz gefärbter u. mit Quarzadern durchsetzter Grauwackenschiefer, welcher oft mit dem Alaunschiefer zusammen vorkommt; zu ihm gehört der Wetzstein u. Probirstein. Kalksteine sind in dieser Formation sehr häufig (Grauwackenkalkstein). Nach dem Vorgange des Engländers Murchison unterscheidet man in der G. zwei Abtheilungen: Silurische Formation (Untere G., Système silurien, Terrain ardoiser) u. Devonische Formation (Jüngere G., Vieux grès rouge, Système dévonien, Old red sandstone); Sedgwick trennt die untersten Schichten der Silurformation als Cambrische od. Cumbrische Formation (Cambrian system, nach den Cambrian mountains in Wales genannt); als unteres cambrisches System od. Snowdonfels hat Sedgwick die Grauwackenschiefer in der Grafschaft Wales, in der Gegend von Snowdon, von dem oberen-cambrischen System, u. in dem letzteren den Balakalk Kalkstein mit einzelnen Versteinerungen, von dem Plynlymmonschiefer getrennt. Im Silurischen System unterscheidet Murchison in seinem Werk über diese Formation (The Silurian System, neue Aufl. Siluria 1854) zwei Abtheilungen mit verschiedenen Gliedern u. zwar: a) Untere silurische Formation; aa) Llandeilo Flags-Bala-Gruppe, hier herrschen feinkörnige Grauwackenschiefer vor; bb) Caradocsandstein, quarziger rother u. hellgrüner Sandstein u. thonige sandige Schiefer; b) Obere silurische Formation; aa) Wenlock-n. Dudleykalk mit vorherrschenden thonigen Schiefern u. bläulichem, an Versteinerungen reichem Kalkstein; bb) Unterer Ludlowfels, graue od. schwarze plattenförmig abgesonderte Thonschiefer; cc) Aymestrykalk, fester thoniger Kalkstein; dd) Oberer Ludlowfels, glimmerhaltiger grauer, thoniger od. kalkiger Sandstein. Die silurischen Schichten findet man bes. in der Bretagne, in England, den Pyrenäen, im Europäischen Rußland, Nordamerika, Schweden, in Deutschland an der Eifel, dem Westerwald, Hundsrück u. Taunus, Fichtelgebirge, am Harz u. in Böhmen; in Sachsen u. Thüringen ist nur die untere Silurformation vertreten. Geinitz unterscheidet in dieser folgende Abtheilungen: a) Alte quarzige Grauwacke (entspricht dem Sandstein der Kinnekulle in Schweden); b) Grauwackenschiefer mit Nereograpsus cambrensis (entspricht den Nereïdenschichten Englands); c) Graptolitenschichten[561] (Kiesel- u. Alaunschiefer). Das Devonische System theilt Murchison in England ein in Tile-stone (Ziegelstein), bestehend aus feinkörnigem, schiefrigem, an Fischüberresten reichem Sandstein, Corn-stone (Kornstein), bunte Mergel, thonige Sandsteine u. Kalk mit kleinen körnigen Concretionen; die darüber lagernden Schichten von quarzigem Sandstein mit Conglomeraten, Pudding u. buntem Mergel enthalten zuweilen Kohlenlager, doch nicht bedeutend genug, um abgebaut zu werden. Das Devonische System ist bes. in Schottland, Dänemark, Schweden u. im nördlichen Rußland entwickelt; für Sachsen u. Thüringen gibt Geinitz folgende Gliederung: a) Tentaculitenschichten; b) Kalkstein (von Plauen, Wildenfels u. Schleiz); c) Planschwitzer Schichten (meist Grünsteintuff); d) Clymenienkalk (im sächsischen Voigtlande); e) Jüngster Grauwackenschiefer. Versteinerungen kommen in den oberen Schichten der G. in großer Menge vor, in den tieferen Regionen sind sie dagegen selten u. fehlen zum Theil ganz. Überreste von Vögeln u. Säugethieren kommen in der G. noch nicht vor, die am höchsten organisirten Wesen in dieser Schöpfungsepoche sind die Fische aus der Ordnung der Placoiden u. Ganoiden. Die Familie der Triboliten aus der Klasse der Crustaceen sind am bezeichnendsten für die G., bes. finden sich: Phacops cryptophtlalmus u. Ph. expansus, Ellipsocephalus Hoffii, Conocephalus Sulzeri; sehr häufig sind Arten der Muschelkrebse wie Cytherina baltica im silurischen Kalk, C. serratostriata in den devonischen Schichten; aus der Klasse der Mollusken erscheinen die Gattungen Orthoceras (O. giganteum, O. ellipticum, O. interruptum), Lituides (L. perfectus). Phragmoceras (P. Brateri). Gomphoceras. Von den Nautilusarten sind bes. häufig Arten der Gattung Clymenia, welche zuweilen ganze Kalkschichten erfüllen (Clymenienkalk), so C. undulata, C. striata, C. laevigata, C. Sedgwicki, ferner Goniatites (G. retorsus, G. Bronni, G. compressus). Schnecken finden sich in der G. in ziemlich geringer Menge, am häufigsten sind Arten der Gattungen Euomphalus, Murchisonia, Bellerophon, Pleurotomaria, ebenso sind die Conchiseren selten. Aus der Ordnung der Brachiopoden ist die Gattung Terebratula wichtig, am häufigsten sind: T. reticularis, T. cuboides, T. elongata, T. concentrica, ferner kommen mehrere Arten von Spirifer (S. striatulus, S. calcaratus), Orthis, Productus, Pentamerus (P. oblongus, P. brevirostris), Orbicula etc. vor. Von den Strahlthieren findet man bes. Trochiten (Säulenglieder), welche oft ganze Schichten ausfüllen, die Kelche sind selten; häufig sind die Trochiten von Cyathocrinus pinnatus, C. pyriformis u. Melocrinus laevis; aus der Klasse der Korallen sind bes. vertreten die Gattungen Astraea, Cyathophyllum, Cladocora, Calamopora (C. gothlandica, C. spongites, C. celleporata, C. basaltica), u. von den Graptolithen bes. Diplograpsus, Noreograpsus, Cladograpsus, Monograpsus, Retiolites.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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