Wied [2]

Wied [2]

Wied, altes deutsches Dynastengeschlecht, besaß die Grafschaft Wied, kommt urkundlich zuerst 1093 vor u. starb 1243 im Mannesstamme mit dem Grafen Lothar aus. Dessen Erbtochter war an Bruno, Grafen zu Isenburg, vermählt, u. durch sie fiel die Grafschaft W. der Brunoischen Linie der Grafen von Isenburg zu, welche nun den Titel Grafen von W. annahm. Als diese 1462 mit dem Grafen Johann ausstarb, brachte dessen Erbtochter Anastasia den väterlichen Besitz an ihren Gemahl Dietrich von Runkel aus dem Hause Leiningen-Westerburg, u. dieser ist der Stifter des gegenwärtigen Hauses W. Nach mehren Theilungen u. dem Wiederaussterben von Seitenlinien, theilten die beiden Söhne des Grafen Friedrich nach dessen 1698 erfolgtem Tode nochmals u. stifteten die Häuser W.-Runkel u. W.-Neuwied, welche beide eine Stimme im Westfälischen Grafencollegium hatten. A) Ältere Linie: W.-Runkel, gegründet von Georg Hermann Reinhard, Friedrichs älterem Sohne, besaß die obere Grafschaft an der Lahn u. die Grafschaft Criechingen mit den Herrschaften Saarwellingen u. Rollingen, folgte der Evangelischen Confession, residirte zu Dierdorf u. wurde 1791 in den Fürstenstand erhoben, starb aber 1824 mit W. 5) aus. 1) Graf Johann Ludwig Adolf, geb. 1705, heirathete Christiane Luise, Tochter des Grafen Friedrich Ulrich von Ostfriesland u. st. 1762. 2) Graf Franz Karl Ludwig, geb. am 19. Oct. 1710, kam früh zur preußischen Armee, 1737 aber zur österreichischen, mit welcher er gegen die Türken focht. 1740 trat er zum preußischen Heere zurück, erhielt 1746 ein Regiment, wurde 1758 Generallieutenant, commandirte im Siebenjährigen Kriege oftmals eigne Corps, mit welchen er sich hauptsächlich in den schlesischen Gebirgen auszeichnete, machte 1762 einen Einfall in Böhmen u. verlor am 9. Oct. 1765 sein Leben zu Neuwied durch einen unglücklichen Schuß. 3) Fürst Christian Ludwig, Sohn von W. 2), erbte von seiner Mutter die Grafschaft Criechingen u. erhielt deshalb 1765 auch Sitz u. Stimme im Wetterauischen Grafencollegium, wurde 1791 Reichsfürst u. st. 31. Oct. 1791. 4) Fürst Karl Ludwig, älterer Sohn des Vor., geb. 29. Sept. 1763, folgte seinem Vater, verlor durch den Lüneviller Frieden die Grafschaft Criechingen u. die Herrschaften Saarwellingen u. Rollingen als auf dem linken Rheinufer gelegen, wurde aber 1803 mit den kurkölnischen Ämtern Neuenburg u. Altenwied u. der Kellerei Willmar entschädigt u. st. 9. März 1824. 5) Fürst Friedrich Ludwig, Bruder des Vor., geb. 19. Jan. 1770, stand in holländischen Diensten als Major, wo er 1794 von den Franzosen gefangen wurde, wurde 1799 Hauptmann u. bald Major in österreichischen Diensten, führte später als Generalmajor eine österreichische Brigade u. 1813 als Feldmarschalllieutenant eine Division, mit welcher er den General Graf Lobau, welcher sich von Dresden aus durchschlagen wollte, aufhielt u. so die Übergabe von Dresden beschleunigte. Er[169] focht hierauf in Südfrankreich, kam nach Pilsen, dann nach Prag zu stehen u. erhielt ein Infanterieregiment, machte den Feldzug gegen Murat 1815 mit Auszeichnung mit, führte einen Theil dieser Armee dann nach Frankreich, 1817 nach Dalmatien u. war eine Zeit lang statt Chasteler's Militärcommandant von Venedig. 1821 führte er wieder eine Division gegen die Neapolitaner u. wurde Gouverneur in den nördlichen Provinzen Neapels, kehrte aber Anfang 1823 nach Mailand zurück u. erhielt Ende 1823 eine Division in Prag. Er st. auf einer Reise nach Runkel 28. April 1824. Mit ihm starb die Linie W.-Runkel aus u. das Land fiel an B) die Jüngere Linie, W.-Neuwied, gegründet von Friedrich Wilhelm, Friedrichs (s. oben) jüngerem Sohn, besaß die untere Grafschaft W., erhielt 1784 die Reichsfürstenwürde u. vereinigte 1824 in sich den Besitz der ganzen Grafschaft W.; der Fürst folgt der Evangelischen Confession u. residirt zu Neuwied. Wappen: in Gold vier rothe, rechte Schrägbalken u. vor denselben ein Pfau mit niedergelegtem Schweif, in natürlichen Farben. 6) Fürst Johann Friedrich Alexander, geb. 1706, erster Director des Westfälisch-Niederrheinischen reichsgräflichen Collegiums, wurde 1784 Reichsfürst u. st. 7. Aug. 1701; er war vermählt mit Karoline, Tochter des Burggrafen Georg Friedrich zu Kirchberg. 7) Fürst Friedrich Karl, Sohn des Vor., geb. 5. Dec. 1741, folgte 1791 seinem Vater, trat aber das Fürstenthum Neuwied 1802 an seinen Sohn 8) Fürst Johann August Karl, geb. 26. Mai 1799, ab. Unter diesem erfolgte die Mediatisirung 1806 durch die Rheinbundacte, u. sein Gebiet kam an Nassau u. das Großherzogthum Berg, später an Preußen: er erbte 1824 die Wied-Runkelschen Lande u. st. 24. April 1836; er war vermählt mit Auguste, Tochter des Fürsten Wilhelm von Solms-Braunfels. 9) Fürst Hermann, Sohn des Vor., geb. 22. Mai 1814, folgte 1836 seinem Vater; er war preußischer Generallieutenant u. Chef des 3. Rheinischen Landwehrregiments; vermählt 1842 mit Maria, Tochter des Herzogs Wilhelm von Nassau, u. st. im Juni 1864: sein Nachfolger ist sein Sohn Wilhelm, 1845 geboren. Er schr.: Ein Ergebniß aus der Kritik der Kantschen Freiheitslehre; Das unbewußte Freiheitsleben (zur Versöhnung zwischen Philosophie u. Theologie). 10) Prinz Maximilian, Oheim des Vor., ist der berühmte Reisende, s. Maximilian 15).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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