Alexandrīa [1]

Alexandrīa [1]

Alexandrīa, 1) (Alexandrĭa, a. Geogr.), Seestadt in Unterägypten, auf dem schmalen Landstreif welcher den See Mareotis vom Meere trennt, im Alterthum nach Rom die größte Stadt, wegen ihrer Schönheit u. Größe u. durch Reichthümer, Kunst- u. wissenschaftliche Sammlungen ausgezeichnet. Die vielen Kunstwerke, die man hier hatte, waren theils altgriechisch, theils von Einheimischen verfertigt, bes. seit Ptolemäos Soter, noch viele davon finden sich in Rom. A. hatte 2 Seehäfen, die noch jetzt vorhanden sind, der große u. kleine (Eunostos), außerdem der kleine, zum Gebrauch des Königs, u. der ausgegrabene (Kibotos), u. im 1. Jahrh. n. Chr. 500,000 freie Ew. Außer der Residenz, der schönsten der alten Welt, waren hier andere herrliche Paläste. Das Quartier der Stadt am Hafen, wo sich die königlichen Paläste, die Bibliothek (s. Alexandrinische Bibliothek), das königliche Museum od. die Akademie u. das Soma (Alexanders d. Gr. Begräbniß) befanden, hieß Brucheion, u. war der festeste Stadttheil. Bei der Stadt lag die längliche Insel Pharos (j. Pharillon) vor beiden Häfen, zwischen 2 vorragenden Landspitzen. Auf einem Felsen der Ostspitze (Lochias) ließ Ptolemäos Lagi durch Sostratos aus Knidos den berühmten, zu den 7 Wunderwerken gerechneten Leuchtthurm (Pharus) anfangen, dessen Bau Ptolemäos Philadelphos 250 v. Chr. beendigte. Er war aus weißem Marmor, viereckig, bestand aus 8 gewölbten, mit Gallerien umgebenen, von Säulen getragenen Stockwerken, die Fugen der Steine waren mit Blei ausgegossen, auf dem platten Gipfel wurde das Leuchtfeuer unterhalten. Die Insel selbst war durch das noch vorhandene Heptastadion, einen 7 Stadien langen Damm, mit dem Festlande verbunden, das durch große Thürme auf beiden Seiten vertheidigt wurde. Dieser Insel gegenüber lag eine andere, Anti-Pharos, wo sich Antonius nach der Schlacht bei Actium sein Haus Timonion (so genannt, weil er dort, wie der Athener Timon, von den Menschen abgeschieden lebte) bauen ließ. Der westliche Theil war die Nekropolis, wo Begräbnißplätze u. große Anstalten zum Mumisiren waren. Von alle dem sind nur sehr wenige Ruinen, so die Nadel der Kleopatra (ein Obelisk, welchen 1820 der Vicekönig Mehmed Ali dem König Georg IV. von England schenkte) u. einige fast ganz mit Sand gefüllte Cisternen übrig. Jetzt heißt A. 2) (n. Geogr.) Alexandrien (Iskanderieh, Skanderieh), gehört zur Provinz Bahirah, nimmt kaum 1/8 des Raums der früheren Stadt ein, ist in neuerer Zeit befestigt u. hat mehrere Forts, auch ist zur Verschönerung u. Erweiterung der Stadt viel beigetragen worden; sie besteht aus der Alt- u. Neustadt, letztere, das Frankenquartier, mit schönen, nach europäischem Styl erbauten Privathäusern, mehreren öffentlichen Gebäuden, worunter 2 Theater (italien. u. franz.). Die Altstadt hat enge, krumme, ungepflasterte Straßen, Mangel an gutem, frischem Trinkwasser, schlechte Häuser mit platten Dächern, viele große Cisternen, Moscheen, mehrere Kirchen (der Griechen, Lateiner, Armenier) u. Klöster. A. hat 2 Häfen, geschützt durch eine gabenförmige Landzunge; der westliche Theil, das Feigencap od. Ras el Tine, umschließt den alten Hafen (kleinen, türkischen Hafen, Hafen von Afrika, Kettenhafen), welcher als der bessere sonst nur von Muhammedanern besucht werden durfte u. den Nilkanal aufnimmt; der östliche Theil schützt aber den neuen (großen) Hasen (Hafen von Asien), u. wird durch 2 Forts, den großen u. kleinen Pharillon, gedeckt, vor demselben liegen die 2 gefährlichen Felsen Diamant u. Giroflo. Am Hafen ansehnliche Magazine (Getreidemagazin am Ausgang des Nilkanals) A. hat Hospital für kranke Seeleute, Arsenal, Schiffswerfte, Assecuranzgesellschaften, Militär- u. Samtätsschulen, viele Moscheen, mehrere christliche Kirchen (seit 1840 auch eine protestantische) u. Klöster. Synagogen; Bank für Ägypten, Telegraphen (nach Kairo), schöne Gärten. Man treibt ausgebreiteten Handel, fertigt Glas, Leinwand u. a.; 60,000 Ew. (darunter 12,000 Fremde). Dabei der im 12. Jahrh gebaute Kanal von A. (Kanal von Mahmudie), später versandet, 1819 u. 1820 wieder gehoben durch Mehmed Ali. Er zieht sich von der Pompejussäule bis zur Stadt Kairo, hat eine Länge von 12 deutschen Meilen, eine Tiefe von 18 Fuß u. eine Breite von 90 Fuß. Ein kleinerer, von 3/4 deutsche Meilen Länge, führt das überflüssige Wasser ab. 3) (Gesch.). A. ward von Alexander d. Gr. 332 v. Chr. durch Dinochares an der Stelle der uralten ägyptischen Stadt Om (später Rhakotes) gebaut u. durch Griechen, Römer, Kleinasiaten u. Juden bevölkert. Von den Ptolemäern, die es zur Residenz wählten, ward es vergrößert u. u. a. der königliche Palast u. der Pharus gebaut. Seine glückliche Lage, unweit der Landenge von Suez, seine Verbindung durch Kanäle mit dem Nil, machte es bald zum Emporium zwischen Europa, Indien u. Kleinasien. Im Alexandrinischen Kriege wurde Cäsar hier belagert (s. u. Ägypten [Gesch.] IV.). Unter römischer Herrschaft hielt sich A. lange in seiner Wichtigkeit; erst als Constantinopel Hauptstadt des römischen Reichs ward, verlor A-s Handel, die Stadt selbst ward vernachlässigt u. eine Beute der Perser u. Araber. In der christlichen Zeit war A. Sitz eines der 4 Patriarchen; hier auch Concilien 342, 350, 362, 399 u. 430. Im 7. Jahrh. bemächtigte sich der Khalif Omar durch ein Heer A-s u.[299] soll mit der Alexandrinischen Bibliothek (s.d.) die Bäder geheizt haben. A. ward nun Hauptort des ägyptischen Khalifats (s. Ägypten [Gesch.]) u. zum Theil auch Residenz, u. blieb durch das ganze Mittelalter der Haupthandelsplatz zwischen dem Abend- u. Morgenlande, es sank aber durch die Entdeckung des Handelswegs um das Vorgebirge der Guten Hoffnung ganz, litt unter der Herrschaft der Mamlukenbeys sehr, u. hob sich nur in der neuesten Zeit, seit der Eroberung durch die Franzosen Ende des 18. Jahrh. u. seitdem der Vicekönig Mehemed Ali zum Theil hier residirte. Während des Zwistes 1840 verließen die Consulen der Großmächte A. u. der Platz ward streng blockirt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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