- Bourges
Bourges (spr. Bursch), 1) Arrondissement im französischen Departement Cher; 441/8 QM. u. 120,100 Ew.; 2) Canton u. 3) Hauptstadt desselben u. des Departements, am Zusammenfluß des Auron u. der Yèvre; hatte sonst starke, mit 80 hohen Thürmen versehene Mauern (wohl Römerwerk); Schloß (sonst Residenz der Herzöge von Berry), Präfectur, Erzbischofssitz, Gerichtshof, Civil- u. Handelstribunal; großes u. kleines geistliches Seminar; Universitätsakademie, Collège, öffentliche Bibliothek von 28,000 Bänden gothische Kathedrale, die St. Bonnetkirche mit prachtvollen Glasgemälden, das gothische Stadthaus u. das Haus der Deutschen, großes Hospital, Gemälde- u. Alterthümersammlung, Gesellschaft für Alterthümer, Geschichte u. Statistik, für Ackerbau; Theater (brannte im März 1856 ab) u. Bank; 5 Eisenquellen (Fontaine de St. Firmin od. Fer), Salpetersiederei, Tuch- u. Messerfabriken, Gerberei, Handel mit Getreide, Wein, Wolle, Hanf, Holz, Eisen etc. Geburtsort von Bourdaloue u. Ludwig XI., welcher 1464 die Universität gründete; 48,000 Ew. – B. ist das alte Avaricum, welches die größte u. durch die Umgebung vom Flusse Avara u. von Sümpfen festeste Stadt der Bituriges Cubi (daher auch Biturigum, Bituricum, später Bituricä) im Aquitanischen Gallien, mit 40,000 Ew., war; Cäsar eroberte es 52 v. Chr. u. ließ fast alle Bewohner niederhauen. Unter Augustus wurde es Hauptstadt der Aquitania prima; kam nach der Eroberung Aquitaniens durch die Franken an Chlodomir von Neustrien, dann an König Gontram von Aquitanien; 585 wurde B. von Chilperichs I. Feldherrn Desiderius eingenommen u. fast ganz verbrannt. Unter den Karolingern wieder aufgebaut, bekam es eigene Vicomten durch König Rudolf von Burgund. Der erste war Gottfried I. im 10. Jahrh.; ihm folgten Gottfried II.–IV., dann Stephan bis um 1092, der ohne Erben starb, deshalb kam B. an seine Schwestertochter Mathilde, Tochter Edelburgis u. Gilons, Herrn von Sully, vermählt mit Eudo Arpin, Herrn von Dun; dieser verkaufte 1100 die Grafschaft an König Philipp I. B. war seit 1463 Sitz einer Universität. Zu B. wurden die 7 Bituricensischen Concilien gehalten: 1031, 1225, 1276, 1286, 1336 in Bezug auf Kirchendisciplin; das wichtigste 1438 von den Vorstehern der Gallicanischen Kirche, unter dem Vorsitz des Königs Karl VII., wo das Concil zu Basel, mit Verwerfung des von Ferrara, von der Gallicanischen Kirche bestätigt wurde. Zugleich wurde durch die Pragmatische Sanction das königliche Recht gegen den Papst sicher gestellt. 1528 Coneil gegen Luther u. die Reformation. 1412 hier Vergleich zwischen Karl VI. u. dem Herzog von Burgund. Karl VII. residirte hier im Anfange seiner Regierung. 1562 eroberte Montgommery B. für die Hugenotten, mußte es aber dem Herzog von Guise wieder räumen; dann hielt es B. mit der Ligue, bis es sich 1594 an Heinrich IV. ergab. Hier hielt sich Don Carlos nach seiner Flucht aus Spanien vom Sept. 1839 bis Aug. 1845 auf u. unterzeichnete am 18. Mai 1845 die Abdankungsacte zu Gunsten seines Sohnes Carlos, Prinzen von Asturien. Vom 7. März bis 2. April 1849 fanden hier Verhandlungen der Jury gegen die Angeklagten des Maiattentates, Albert, Blanqui, L. Blanc etc. (s.d. a.), statt.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.