Fugger

Fugger

Fugger. Dieses in einer Linie seit 1530 gräfliche, in der anderen seit 1803 fürstliche, in Baiern u. Württemberg begüterte Haus, stammt von 1) Johannes F., einem Webermeister in Graben, einem Dorfe auf dem Lechfelde bei Augsburg, ab, der mit Anna Meisner aus Kirchheim verheirathet war. 2) Johannes, der älteste Sohn des Vorigen. wurde ebenfalls Weber, ließ sich, um mit seinen Waaren Handel treiben zu können, in Augsburg nieder u. erlangte 1370 daselbst durch die Heirath mit Klara Widolph das Bürgerrecht. Nach deren Tode heirathete er eines Rathsherrn Tochter, Elisabeth Gfattermann, wurde einer der Zwölfer seiner Zunft u. Freischöffe des Fehmgerichts. Er st. 1409 u. hinterließ 5 Söhne, von denen Andreas u. Jakob ihres Vaters Geschäft mit Glück fortsetzten, große Reichthümer erwarben u. Stifter zweier adeliger Familien wurden. 3) An [781] dreas, genannt der reiche F., des Vorigen älterer Sohn, verheirathet mit Barbara Stammler vom Ast, wurde der Stammvater der I. adligen Linie der F. vom Reh (so genannt nach dem Jakobs Söhnen 1452 vom Kaiser Friedrich III. verliehenen Wappen), welche aber schon 1583 wieder ausstarb. 4) Jakob, Johanns zweiter Sohn, Zwölfer u. Hausbesitzer in Augsburg, trieb schon ausgebreiteten Handel; er st. 14. März 1469 u. wurde Stammvater II. der Linie F. von den Lilien, indem seine drei Söhne, 5) Ulrich, geb. 9. Decbr. 1441, st. 19. April 1510, 6) Georg, geb. 10. Mai 1453, st. 14. März 1506, u. 7) Jakob, geb. 6. März 1459 u. st. 30. Decbr. 1525, welche den Handel u. Bergbau aufs Großartigste trieben, sich mit Frauen aus den edelsten Geschlechtern verheiratheten u. das Schloß Fuggerau in Tyrol bauten, vom Kaiser Maximilian I. geadelt wurden u. ein Wappen mit den goldenen u. blauen Lilien erhielten. Sie hatten diesem Kaiser gegen Verpfändung der Grafschaft Kirchberg u. der Herrschaft Weißenhorn 70,000 Goldgulden u. im Auftrag des Papstes Julius II. 170,000 Ducaten als Subsidien zum Krieg gegen Venedig gezahlt. Ulrich u. Jakob starben ohne Söhne. daher kam das ungeheure Vermögen in die Hand Georgs, welcher auch durch seine zwei Söhne von Regina, geb. Imhof, der Stammvater der noch blühenden Linien F. ist. Die beiden Söhne waren 8) Raimund, geb. 14. Oct. 1489, st. 3. Dec. 1535, u. 9) Anton, geb. 10. Jan. 1493, st. 14. Sept. 1560. Sie standen bei Kaiser Karl V. in großem Ansehen; dieser wohnte bei dem Reichstag zu Augsburg 1530 in ihrem Hause u. erhob sie 14. Novbr. 1530 zu Grafen u. Bannerherren auf der schwäbischen Grafenbank, gab ihnen die verpfändete Grafschaft Kirchberg u. Herrschaft Weißenhorn erb- u. eigenthümlich, verlieh ihnen durch den Siegelbrief fürstliche Rechte, sowie das Recht, Gold- u. Silbermünzen zu schlagen. Sie unterstützten dagegen den Kaiser mit Geld, namentlich 1535 bei seinem Zuge nach Algier. Anton hinterließ 6 Millionen Goldkronen baar, ohne Juwelen u. Güter. Von Anton wird erzählt, daß er, als Kaiser Karl V. nachseinem Algierischen Kriegszuge bei ihm einkehrte, mit einer Schuldverschreibung dieses Kaisers das Feuer von Zimmtholz im Kamin angebrannt habe (vgl. Jan Däns). Auch die folgenden Kaiser, bes. Ferdinand II., ertheilten den F-n Vorrechte u. Freiheiten. Dennoch gaben sie den Handel nicht auf, u. dieser brachte ihnen so reichen Segen, daß sie im 17. Jahrh. 2 Graf-, 6 Herrschaften, 57 andere Orte u. sehr viele Häuser in u. bei Augsburg besaßen. Dabei begünstigten sie die Wissenschaften u. Künste, unterhielten Maler u. Musiker, besaßen die kostbarsten Sammlungen u. waren sehr wohlthätig; so bauten sie zum Besten der Armen die Fuggerei in Augsburg (s.d.), stifteten viele Krankenhäuser, Schulen, Legate etc. Auch für die Kirche sorgten sie u. legten, der Reformation abgeneigt, zahlreiche Spenden für die Katholische Kirche nieder. Von Raimund u. Anton stammen die noch bestehenden zwei Linien:

A) Raimundus-Linie, gegründet von F. 8); von Raimundus vier Söhnen waren Ulrich (st. 1584) u. Christoph (st. 1579), unbeerbt gestorben, daher kam das ganze väterliche Vermögen an seine zwei anderen Söhne, Johann Jakob u. Georg, welche theilten u. zwei Aste gründeten: a) der jetzt ausgestorbene Johann-Jakobs-Ast, gegründet von 10) Johann Jakob, ältestem Sohn von Raimundus, geb. 23. Dec. 1516, erhielt bei der Theilung Pfirt, Altkirch u. Isenheim, war Kanzler u. Rath dreier deutscher Kaiser u. ist auch als Gelehrter bekannt; er st. 14. Juli 1575 u. am 15. Sept. 1857 wurde in Augsburg sein, vom König Ludwig der Stadtgeschenktes Standbild aufgestellt. Seine Enkel, Söhne von Constantin I., stifteten drei Zweige, welche alle wieder erloschen sind: aa) Pfirtscher Zweig, ausgegangen von 11) Franz Benno, Constantins I. ältestem Sohne, geb. 1601, st. 1652; der Letzte desselben war: 12) Graf Johann Emmanuel, geb. 1761, st. 1846. bb) Sulmertinger Zweig, ausgegangen von: 13) Constantin II., zweitem Sohn Constantins I.; erlosch 1738 im Mannsstamm. cc) Adelshofer Zweig, entstammt von 14) Johann Friedrich, drittem Sohn Constantins I.; zu diesem gehörten: 15) Max Joseph, geb. 1677, war Geheimer Rath u. Feldmarschalllieutenant u. st. 1751; u. 16) Graf Ignaz Jos. Constantin, geb. 1720, war baierischer Geh. Rath u. Conferenzminister u. st. 1791; mit seinem Sohne, Joh. Bapt. Nepomuk, erlosch 1795 dieser Zweig. b) Der noch blühende Georgs-Ast (Kirchberg-Weißenhorn), gegründet von: 17) Georg, zweitem Sohn von Raimundus, geb. 21. Nov. 1517, erhielt bei der Theilung mit seinem Bruder Johann Jakob die Grafschaft Kirchberg u. Weißenhorn u. st. 12. April 1579. Dieser Ast war seit 1618 in zwei Zweige getheilt, ist aber jetzt wieder vereinigt u. repräsentirt die Raimundus-Linie, deren Besitz in den baierischen Herrschaften Weißenhorn, Wullenstetten, Pfaffenhofen u. Morstetten u. der württembergischen Grafschaft Kirchberg mit einigen Rittergütern, zusammen 4,33 QM. u. 13,300 Ew. besteht. Jetziger Chef ist: 18) Graf Raimund, Sohn des 1846 verstorbenen Grafen Joh. Nepomuk Friedrich, geb. 29. Juni 1810, folgte seinem Vater in Folge von dessen Abdication 20. Juni 1839, er ist erblicher Reichsrath der Krone Baiern u. baierischer Major à la suite; seit 1842 vermählt mit Bertha, Tochter des verstorbenen Fürsten Johann Aloys III. von Öttingen-Spielberg (geb. 1818); Erbgraf ist Franz, geb. 1843.

B) Antonius-Linie, gegründet von F. 9); seine drei Söhne, Marcus, Johann u. Jakob, gründeten drei Äste, von denen noch die zwei letzten blühen: a) Marxscher Ast (Nordendorf) gegründet von: 19) Graf Marcus, ältestem Sohn von Antonius, geb. 1529, war ein Freund der Gelehrten u. st. 18. Juni 1597; er schr.: Wie u. wo man ein Gestüte von guten edeln Kriegsrossen aufrichten soll, Augsb. 1578 u. ö., n.A. von Wolstein. Wien 1788, 2 Bde. Dieser Ast starb 1671 wieder ab. b) Hansscher Ast (Kirchheim), gegründet von: 20) Graf Johann, zweitem Sohn von Antonius, sein dritter Sohn Christoph (geb. 1566, starb 1615) wurde Stammvater zweier Zweige, welche noch blühen u. die gräfliche Antonius-Linie repräsentiren: aa) Johann-Ernestinischer Zweig zu Glött, besitzt Glött u. Oberndorf, 1,3 QM. u. 3900 Ew.; Stifter: 21) Graf Johann Ernst, älterer Sohn Christophs, geb. 1590, war Reichshofrathspräsident; jetziger Chef ist: 32) Graf Fidelis, Sohn des 1826 verstorbenen Grafen Jos. Sebastian Eligius, geb. 7. März 1795, succedirte seinem Vater, vermöge Übereinkunft mit seinem älteren Bruder Karl (geb. 1789, st. 1855) im Jahr[782] 1826, ist erblicher Reichsrath der Krone Baiern u. seit 1820 vermählt mit Theresia, geb. v. Pelkbosen; Erbgraf ist Ernst, geb. 1821. bb) Otto-Heinrichscher Zweig zu Kirchheim, dazu gehören die Herrschaften Eppeshausen, Kirchheim, Hasselbach etc.; 1,25 QM., 2500 Ew; Stifter: 23) Graf Otto Heinrich, jüngerer Sohn des Grafen Christoph, geb. 1592, nahm am Dreißigjährigen Kriege Theil u. st. 1644 als k. k. Kriegsrath, Generalfeldzeugmeister u. baierischer Geheimerath u. Oberstkämmerer. Von den von seinen zwei Söhnen ausgegangenen Nebenzweigen ist der Nordendorfer 1848 mit Graf Karl Anton wieder verblüht; von dem noch blühenden ist jetziger Chef: 24) Graf Philipp, Sohn des 1837 verstorbenen Grafen Joseph Hugo u. der Anna Maria geb. v. Desloch, geb. 9. November 1820, seit 1838 Erbe von Hoheneck u. 1840 Nachfolger seines Vetters Max; er ist unvermählt. c) Jakobs-Ast (Wöllenburg) Fugger-Babenhausen, gegründet von: 25) Jakob, jüngstem Sohn von Antonius, geb. 1547 u. gest. 1598; dessen Stamm wurde fortgesetzt von 26) Johann, zweitem Sohn des Vor., geb. 1583 u. gest. 1633; seine Söhne: 27) Graf Jakob, geb. 1606, diente als Oberst unter Wallenstein im Dreißigjährigen Kriege u. fiel 24. August 1632 bei Fürth. 28) Graf Johann Franz, Bruder des Vor., geb. 1613 u. st. 1685; wurde der Stammhalter; von seinen Nachkommen wurde 29) Graf Anselm Maria, geb. 1. Juli 1766, am 1. August 1803 vom Kaiser Franz nebst seiner männlichen Descendenz nach dem Recht der Erstgeburt in den Reichsfürstenstand erhoben; das Fürstenthum Babenhausen, bestehend aus den Herrschaften Babenhausen, Boos u. Kettershausen, 7 QM. mit 11,000 Ew., wurde aber schon 1805 seiner Souveränetät entkleidet u. der Krone Baiern untergeben; dafür wurde der Graf Anselm Maria 1808 Kronoberstkämmerer u. 1818 erblicher Reichsrath in Baiern; er st. 22. November 1821. 30) Fürst Anton Anselm, Sohn des Vor., geb. 13. Januar 1800, folgte 1821 seinem Vater u. st. 28. Mai 1836; er war seit 1825 vermählt mit Franziska, geb. Prinzessin von Hohenlohe-Bartenstein-Jaxtberg (geb. 1807). 31) Fürst Leopold, ältester Sohn des Vor., geb. 4. October 1827; folgte seinem Vater 1836 unter Vormundschaft, ist Standesherr u. Fürst zu Babenhausen (s.d.), Boos, Pleß, Wald, Wöllenburg, Markt, Bieberbach etc., Graf von Kirchberg u. Weißenhorn u. seit 1857 vermählt mit Anna, geb. Gräfin Gatterburg (geb. 1838). Vgl. Genealogia domus Fuggeranae, Augsb. 1618, deutsch Augsburg 1620, u. vermehrt als Pinacotheca Fuggerorum, Ulm 1754.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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